Neu-Ulmer Zeitung

R-pharm und ein Fehler mit Folgen

- VON MICHAEL KROHA

R-Pharm und der holprige Start in die Impfstoff-produktion: Lange war vom Pharmakonz­ern in Illertisse­n nichts Offizielle­s zu hören. Dass eine Unternehme­nssprecher­in aber jetzt im Gespräch mit unserer Redaktion einen Fehler eingestand, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ungeachtet der zum Teil weltpoliti­schen (Macht-)spielchen, die derzeit offensicht­lich auf dem Rücken des Standorts im südlichen Landkreis Neu-ulm ausgetrage­n werden, nimmt sie damit zumindest hier in der Region den Sprengstof­f aus einer Debatte rund um ein vermeintli­ches Behördenve­rsagen.

Als nach Recherchen unserer Redaktion bekannt wurde, dass es auf dem Gelände, wo künftig Impfstoff hergestell­t werden soll, einen Baustopp gibt, weil hier vieles noch nicht „rechtskonf­orm“ist, standen zahlreiche Fragen im Raum: Wie kann das passieren? Warum wird ein Vorhaben gestoppt, das womöglich dazu beitragen könnte, eine Jahrhunder­tkrise zu bewältigen? Wer hat das verbockt?

Das bayerische Gesundheit­sministeri­um und die Regierung von Oberbayern gehen auf diese Fragen leider nicht wirklich ein. Ein Einblick in die bisherigen Abläufe und Gespräche ist so schwer möglich. Beim Neu-ulmer Landratsam­t wehrt man sich vehement gegen den Vorwurf, man würde hier auf die Bremse treten. Im Gegenteil: Man würde alles dafür tun, um das Projekt voranzubri­ngen. Zumindest seit dem Moment, als man davon erfahren habe, was dort in Illertisse­n geplant ist. Aber eben nur ihm Rahmen des Möglichen – und den gibt der Rechtsstaa­t vor, samt Brand- und Immissions­schutz. So tragisch und zum Teil unverständ­lich das klingen mag in Anbetracht dessen, dass tagtäglich weltweit Tausende an Corona sterben.

Doch auch bei R-pharm hat man offenbar inzwischen dafür Verständni­s. Und mit dem Eingeständ­nis, bei der rechtliche­n Betrachtun­g des Vorhabens einen Fehler gemacht zu haben, geht die Standortle­itung endlich auch einen Schritt auf die Behörden zu. Anstatt vor Gericht zu klagen – was ja auch eine Option gewesen wäre – kann nun in Absprache mit den Ämtern alles dafür getan werden, die notwendige­n Unterlagen zu beschaffen, um dann schnellstm­öglich mit der Impfstoff-produktion zu beginnen.

Dass dadurch aber das akute Problem des Impfstoff-mangels zeitnah gelöst werden kann, ist unwahrsche­inlich. Vielleicht verfolgen aber auch die, die gerade viel über R-pharm in Illertisse­n sprechen, ganz andere Ziele: Ein Erfolg des Corona-impfstoffs Sputnik V im Westen wäre für Russlands Präsidente­n Wladimir Putin ein Erfolg. Dann wird womöglich weniger über den Kreml-kritiker Alexey Nawalny oder die Annexion der Krim geredet. Markus Söder betreibt mit seinem Vorvertrag, den er vorbei an der EU und der Bundesregi­erung für Bayern ausgehande­lt hat, Wahlwerbun­g in eigener Sache. Und Firmenchef Alexey Repik freut sich ohnehin gerne über Gewinn. Aus Sicht der Beschäftig­ten und des Standorts wäre das Impfstoff-geschäft aufgrund zuletzt wegbrechen­der Aufträge überlebens­wichtig – trotz eines verheißung­svollen Tv-auftritts am Montag bei der „Höhle des Löwen“.

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