Was verbindet Bernar Venet mit Neuulm?
Porträt Eine Galerie, ein Haus, und eine Straße in Neu-ulm tragen seinen Namen. Der weltbekannte Bildhauer und Konzeptkünstler aus Frankreich, der jetzt seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, erzählt, wie seine Kunst nach Schwaben kam
Neuulm/new York Wenigen Lebenden nur wird es zuteil, dass eine Straße nach ihnen benannt wird. In Neu-ulm gibt es die Bernar-venetstraße. Der Straßenname ehrt den französischen Bildhauer und Konzeptkünstler Bernar Venet, der in New York lebt und der am Dienstag, 20. April, seinen 80. Geburtstag gefeiert hat. Was verbindet Neuulm und den weltweit renommierten Konzeptkünstler, von dem Werke beispielsweise in Paris beim Triumphbogen, in New York oder in Berlin stehen?
Wie diese Beziehung zustande kam, ist eine besondere Geschichte, die Venet der Neu-ulmer Zeitung in seiner Muttersprache erzählte. Sie hat viel mit der Familie Schneider zu tun, die in Neu-ulm 2007 das Venet-haus einschließlich ihrer nach Venet benannten Galerie eröffnete. Am Haus befindet sich eine 37 Meter hohe Skulptur des Künstlers – derart in die Architektur des Gebäudes integriert, dass beides gemeinsam wie ein Gesamtkonzept wirkt.
Venet, geboren in Chateau Arnoux-saint Auban, der in den 70erjahren an der Sorbonne in Paris unterrichtete, sich später ganz der Kunst zuwendete und unter anderem bei der Documenta in Kassel und auf der Biennale in Venedig ausstellte, setzte sich mit unterschiedlichsten Kunstformen von Ballett über Malerei bis zur Fotografie auseinander.
Seine Skulpturen gehören zum Bekanntesten, was der Kunstmarkt zu bieten hat – und es ist erstaunlich, dass Neu-ulm da mit berühmten Städten mithalten kann: In Werner Schneiders Skulpturenpark stehen gleich mehrere Werke Venets, der Träger des New Yorker „Lifetime Achievement in Contemporary Sculpture Award“ist.
Wie es dazu kam, dass Venet Neu-ulm kennt – und der Stadt sogar verbunden ist? Bei einem Vermittler einer Galerie habe er erstmals die Familie Schneider getroffen, erinnert sich der Künstler. Danach kam es mehrfach zu Begegnungen zwischen Werner Schneider und ihm, unter anderem in New York. „Aber es war in Muy, wohin
Herr Schneider dann kam, um mir die Pläne seines Gebäudes vorzustellen, das er bauen wollte und für das ich eine Skulptur schaffen sollte, die sich in das Haus integrieren sollte.“Aus diesen Planungen heraus entstand jenes Kreissegment aus korrodiertem Stahl, das seit 2007 am Venet-haus Boden und Dach verbindet, quasi Erde und Himmel. Diese Skulptur war jahrelang tatsächlich das größte Werk Venets; später schuf er für Seoul ein noch höher ragendes Kreissegment.
Den Kunstsammler Werner Schneider und seine Frau bezeichnet Bernar Venet schlicht als seine Freunde, die er in der Vergangenheit in Neu-ulm öfter besucht habe, und er vergisst nicht zu betonen, dass er sich wirklich geehrt fühle durch die großzügige Aufmerksamkeit, die er dadurch empfinde, dass inzwischen in Neu-ulm eine Straße seinen Namen trägt. Und er habe einen weiteren Freund in der Region: Siegfried Weishaupt, Kunstsammler und Gründer der Kunsthalle Weishaupt.
Aktuell ist es aufgrund der Pandemie-situation auch für einen weltweit renommierten Künstler nicht einfach, zu reisen. Bernar Venet arbeitet aktuell, so berichtet er, an mehreren Großskulpturen, die in den USA geplant sind, auf Hawaii und in Minneapolis, und auch an solchen, die in Irland und Lettland stehen werden.
Außerdem bereite er für den Juli eine Ausstellung im Louvre der französischen Stadt Lens vor, „wo ich ein sehr großes ‘Effondrement’ (in Deutsch etwa „Zusammenbruch“, Anmerkung der Redaktion) zeigen werde, das aus Bögen, Winkeln und Geraden komponiert ist. Weitere Ausstellungen sind für dieses Jahr in Berlin, New York, in Bogotà und Paris vorgesehen.“
Und wie feiert Bernar Venet seinen 80. Geburtstag, in dieser Zeit, die Feste verunmöglicht? „Ich werde ihn auf sehr einfache Weise verbringen“, sagte Bernar Venet am Tag vor dem Jubiläum. „Mit meinen Mitarbeitern, die in Muy arbeiten. Aber 80 Jahre ist eigentlich kein großes Ereignis“, sagte der Künstler. „Mir bleiben noch zwanzig Jahre, die zu leben ein wirkliches Fest wert sind.“