Neu-Ulmer Zeitung

Die Stunde der Wahrheit für Kuka

- VON STEFAN STAHL

Wer wie die Chinesen bei Kuka 95 Prozent der Anteile an einem Unternehme­n kontrollie­rt und dafür rund 4,5 Milliarden Euro auf den Tisch zu legen bereit war, hat naturgemäß die Hosen an. Doch die Midea-leute waren viele Jahre lang klug genug, die Verantwort­lichen in Augsburg ihr Gewicht nicht über Gebühr spüren zu lassen.

Nun aber tasten sie sich langsam an die Macht heran. Volle Kontrolle über den Augsburger Roboter- und Anlagenbau­er werden sie erst erlangen, wenn weitreiche­nde Garantien für das Unternehme­n Ende 2023 auslaufen. Dann schlägt die eigentlich­e Stunde der Wahrheit.

Es würde Midea-kenner nicht verwundern, wenn die Chinesen Kuka letztlich von der Börse und damit aus dem Scheinwerf­erlicht der Öffentlich­keit nehmen, um das teuer erkaufte Unternehme­n stärker als bisher nach eigenem Geschmack zu formen. Doch schon jetzt ziehen die stark auf satte Gewinne fixierten Asiaten die Zügel Stück für Stück etwas an. Es ist ihnen gelungen, mit dem anerkannte­n Finanzexpe­rten Alexander Tan einen Vertrauten im Vorstand zu installier­en.

Noch regieren die Midea-leute aber nicht in Augsburg durch, schließlic­h gilt die Investoren­vereinbaru­ng mit Job- und Standortga­rantien für weitere rund zweieinhal­b Jahre. In der Zeit kann es Kuka-chef Mohnen, der nach Krisenzeit­en auf dem richtigen Weg ist, gelingen, vom Trend zu stärkerer Automatisi­erung überdurchs­chnittlich zu profitiere­n und die Profitabil­ität des Unternehme­ns weiter zu steigern. Das ist der beste Schutzwall gegen ein zu starkes Eingreifen der Chinesen ab 2024.

Dabei müssen die Asiaten ohnehin vorsichtig mit ihrem Kukaeinkau­f umgehen. Verhalten sie sich zu ruppig, erschweren sie dadurch künftige Engagement­s von weiteren chinesisch­en Firmen in Deutschlan­d. Kuka ist ein Politikum. Die Midea-manager mögen die Hosen anhaben, nur dürfen sie in Deutschlan­d nicht zu negativ auffallen. Das ist – zumindest bisher noch – ein wirkungsvo­lles Korrektiv.

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