Aus der Traum von Tokio
Zehnkampf Der Ulmer Tim Nowak scheint auf einem guten Weg zu Olympia und hat dann
unfassbares Pech beim Stabhochsprung. Einer seiner Teamkollegen darf noch hoffen
Ratingen/ulm Es gibt Momente, die das Schicksal in eine neue Richtung lenken. Zehnkämpfer Tim Nowak vom SSV Ulm 1846 erlebte beim Meeting in Ratingen einen solchen Moment, der seine Träume von der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio jäh zerplatzen ließ. Und das ganz ohne eigenes Verschulden.
Sieben Disziplinen lang war der Zehnkämpfer vom SSV Ulm 1846 auf dem besten Weg zur Qualifikation für Tokio, dann brach im Stabhochsprung bei seiner Anfangshöhe von 4,70 Metern sein Stab. Die Wucht war so stark, dass sich Tim Nowak einen tiefen Riss in der linken Hand zuzog, der im Krankenhaus genäht werden musste. Damit war der Wettkampf für den 25-Jährigen beendet.
Dabei waren zu diesem Zeitpunkt zum Beispiel dank einer Kugelstoßbestleistung (15,18 Meter) und starken 2,06 Metern im Hochsprung sowohl die direkte Olympia-norm von 8350 Punkten als auch eine aussichtsreiche Platzierung in der Weltrangliste sowie sogar der Sieg beim Meeting noch in Reichweite.
Nowak schilderte die dramatischen Momente: „Ich lag auf der Matte und war der festen Überzeugung, dass ich es packe, noch einmal zu springen. Als ich die klaffende Wunde bemerkt habe und der Doc direkt den Krankenwagen gerufen hat, da ist alles zusammengebrochen. Ich bin mir sicher, dass ich hier eine Punktzahl gemacht hätte, die für Tokio gereicht hätte. Ich kann das alles noch gar nicht so richtig fassen.“
Auch für seinen Vereinskameraden Mathias Brugger schien der Traum von Tokio nach nur 1,92 Metern im Hochsprung geplatzt. Dann aber drehte er wie beim Meeting in Götzis noch einmal auf, startete als bester Hürdensprinter (14,28 Sekunden) in den zweiten Tag und begeisterte über 1500 Meter mit einem Solo, das ihm mit riesigem Vorsprung eine neue Bestleistung von 4:20,45 Minuten bescherte. Am Ende reichte das für 8080 Punkte – sieben mehr als drei Wochen zuvor in Götzis – und Platz zwei hinter Kai Kazmirek (8184).
Mit dieser starken Platzierung bei einem Top-meeting könnte nun doch eine minimale Chance auf eine Olympia-qualifikation über das World-ranking bestehen, das in einem Punktesystem Leistungen, Platzierungen und Wertigkeiten von Veranstaltungen verrechnet und den Durchschnitt der zwei besten Ergebnisse im Qualifikationszeitraum ermittelt. „Ich habe nie gerechnet, ich wollte die Direktnorm schaffen und das hat jetzt nicht geklappt. Jetzt schauen wir einfach mal, was da noch passieren kann“, sagte Mathias Brugger, der den Stabbruch seines Trainingspartners Tim Nowak an der Anlage miterlebt hatte: „Es war ein Schreckmoment, der uns alle nachdenklich gemacht hat.“
Die Ulmer Farben vertraten im Stadion von Ratingen auch Luca Dieckmann und Fynn Zenker. Dieckmann konnte einige Glanzlichter setzen, zum Beispiel mit einer Bestleistung im Kugelstoßen (13,45 Meter), einem weiteren Hausrekord mit dem Speer (48,18 Meter) und der Einstellung seiner Bestmarke im Hochsprung (1,97 Meter). Zudem waren seine 4:31,56 Minuten die zweitbeste Zeit im Feld
Mehrere Bestleistungen von Luca Dieckmann
über 1500 Meter. Am Ende wurde er mit 7475 Punkten und dem zweitbesten Zehnkampf seiner Karriere Siebter. Zenker steckte nach seiner Rückkehr aus den USA noch die harte College-saison in den Knochen. Mit 6659 Punkten setzte der 23-Jährige einen Schlusspunkt unter seine Laufbahn als Zehnkämpfer. (sibe)