Neu-Ulmer Zeitung

Was haben Bayerns Bauern vom Bio‰boom?

- VON MICHAEL STIFTER

Ernährung Der Markt wächst, doch der Anteil

in den Läden ist immer noch gering

Berlin Der Ausbau der Bio-landwirtsc­haft in Deutschlan­d kommt voran, allerdings liegt das Ziel noch in weiter Ferne. Bis zum Jahr 2030 sollen 20 Prozent der Anbaufläch­e nach dem Willen der Bundesregi­erung ökologisch bewirtscha­ftet werden – aktuell sind es trotz des Booms nur gut zehn Prozent. Immerhin ist die Öko-landwirtsc­haft längst kein Randaspekt mehr. Bundesweit gibt es rund 35 400 Bio-betriebe, die sich in eigenen Verbänden wie Bioland organisier­t haben. Auch Bauernpräs­ident Joachim Rukwied räumte der Branche zum Auftakt des Deutschen Bauerntage­s eine wachsende Bedeutung ein. Er forderte von der Politik Verlässlic­hkeit und Planbarkei­t, um gerade jungen Landwirten eine Perspektiv­e zu geben.

Vor allem das finanziell­e Risiko treibt Bauern um, die ihre Höfe umstellen wollen. Denn wer das tut, hat sofort weniger Ertrag, muss allerdings zwei Jahre biologisch wirtschaft­en, bis er auf dem Markt den vollen Bio-preis für seine Produkte verlangen darf. Bayerns Bauernpräs­ident Walter Heidl betonte im Gespräch mit unserer Redaktion, im bayerische­n Naturschut­zgesetz sei sogar eine Zielmarke von 30 Prozent verankert. Aktuell werden circa zwölf Prozent der Anbaufläch­en im Freistaat ökologisch bewirtscha­ftet.

Heidl warnte zugleich davor, am Markt vorbei zu produziere­n: „Wenn die Erzeugung von Öko-lebensmitt­eln ohne entspreche­nde Nachfrage ausgebaut wird, entsteht ein Überangebo­t und die Preise brechen ein. Das würde gerade denen schaden, die jetzt schon Bio-bauern sind.“

Um den Absatz von heimischen Bio-produkten anzukurbel­n, wurde das Bayerische Bio-siegel etabliert. Es steht dafür, dass sämtliche Zutaten eines Produktes nicht nur im Einklang mit der Natur, sondern auch regional erzeugt wurden. Denn auch das gehört zu den Hürden, die es noch zu überwinden gilt: Bio ist zwar längst in Discounter­n und Supermärkt­en als Massenware angekommen, aber Obst und Gemüse kommen oft aus dem Ausland – allein schon wegen der klimatisch­en Bedingunge­n. Milchprodu­kte, Eier und Fleisch können bayerische Bauern liefern, doch in der Fleischpro­duktion ist die Umstellung auf Bio besonders aufwendig – und damit teuer. Insgesamt haben ökologisch erzeugte Lebensmitt­el im Handel einen Marktantei­l von gerade einmal 6,4 Prozent. Deshalb denkt Bayerns Bauernpräs­ident an weitere Absatzmögl­ichkeiten – etwa in Kitas, Schulen, Kantinen oder Altenheime­n. Heidl ist überzeugt: „Wenn die Nachfrage steigt und gleichzeit­ig auch die Preise zu den höheren Kosten im ökologisch­en Landbau passen, stellen weitere Landwirte um.“

Dass der Staat Bio-bauern mit Prämien unterstütz­t, reicht aus Sicht der Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch nicht aus. „Nach 20 Jahren ist Bio immer noch Nische“, sagt ihr Gründer Thilo Bode. Statt sich mit Appellen an die Verantwort­ung der Kunden zu begnügen, sollte Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner aus seiner Sicht einen Umbau der gesamten Landwirtsc­haft vorantreib­en. Bodes radikaler Ansatz: „Wer die Umwelt schädigt, ob durch eine schlechte Klimabilan­z oder durch Pflanzensc­hutzmittel und Mineraldün­ger, muss dafür auch aufkommen. Das würde umweltfreu­ndlich erzeugte Produkte relativ günstiger gegenüber Produkten machen, deren Herstellun­g hohe Umweltschä­den verursacht.“

Ministerin Klöckner bewertet die Lage optimistis­cher. „Der Trend ist stabil“, sagte die Cdu-politikeri­n am Dienstag. Eine Fläche von umgerechne­t mehr als 123 000 Fußballfel­dern sei allein im vergangene­n Jahr hinzugekom­men – auch weil es sich für die Betriebe rechne.

Um die Lage der Landwirte geht es auch im Leitartike­l von Matthias Zimmermann.

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