Welche Farben trägt die neue Regierung?
Hintergrund Die Umfragen lassen fünf Koalitionen nach der Bundestagswahl zu. Doch ein Blick in die Wahlprogramme zeigt: So richtig passt es nur bei Konstellationen, für die es aktuell wohl nicht reichen würde
Berlin Er sei, erklärte Csu-landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor Journalisten in Berlin, schon sehr gespannt, „wie sich die Farbenspiele in den nächsten Wochen weiter entwickeln werden“. Der erfahrene Abgeordnete meinte damit die Koalitionsoptionen nach der Bundestagswahl am 26. September. Wird es Schwarz-grün, Grün-rotrot oder eine andere Zusammenstellung mit der Farbe Gelb?
Viele Farbenspiele sind derzeit denkbar. Sicher ist nur, dass die AFD nicht an einer Regierung beteiligt sein wird, denn alle anderen Parteien schließen eine Zusammenarbeit aus. Es gibt den derzeitigen Umfragen zufolge fünf mögliche Koalitionen. Pickt man sich die dominierenden Themen Wirtschaft, Klima und Finanzen heraus, ergibt ein Blick in die Wahlprogramme, dass keine davon richtig passt. Eine Annäherung:
● Schwarzgrün Beide Parteien sind sich im Ziel einig: Mehr Klimaschutz muss unbedingt sein. Union und Grüne kündigen finanzielle Belastungen an, denn sie wollen einen höheren Co2-preis. Gleichzeitig soll es Entlastungen geben. Trotz Differenzen in Details stimmt die große Klammer: Beide Parteien wollen Ökologie und Ökonomie miteinander koppeln. Mit Klimaschutz soll sich Geld verdienen lassen. Anders bei der Steuerpolitik: Die Grünen wollen den Spitzensteuersatz erhöhen und eine Vermögensteuer einführen. CDU und CSU lehnen das ab und würden da mit Blick auf ihre Stammwählerschaft wohl auch keine Kompromisse machen. Die Wahrscheinlichkeit einer schwarz-grünen Koalition ist eher klein.
● Keniakoalition Bei der Keniakoalition käme zu Grünen und CDU/CSU noch die SPD hinzu. Die Sozialdemokraten sind ebenfalls für einen höheren Co2-preis, sie wollen gleichzeitig Entlastungen und den
Strom billiger machen. Die SPD ist für eine Reaktivierung der Vermögensteuer – eine Überschneidung mit den Grünen. Es gilt damit ein ähnliches Fazit wie bei Schwarzgrün: eher unwahrscheinlich.
● Jamaikakoalition Für eine Jamaika-koalition müssten sich Grüne und Union mit der FDP zusammentun. Oder besser gesagt: Union und FDP mit den Grünen. Denn die beiden erstgenannten Parteien sind die Wunschpartner. Den Umfragen zufolge reicht es für eine Zweierkoalition
nicht, doch CDU, CSU und FDP sind nicht weit davon entfernt. Mag es beim Klimaschutz Parallelen zu den Grünen geben – die FDP will ebenfalls einen höheren Co2-preis und niedrigere Stromkosten –, steht die schwarz-gelbe Front beim Thema Steuern: Union und FDP wollen die Steuerlast für die Unternehmen senken beziehungsweise deckeln. Fazit: Schwarz-gelb immer. Jamaika eher nicht.
● Ampelkoalition Die Ampel würde Grüne, SPD und FDP vereinen. Es gilt hier das, was auch für Kenia festzustellen ist: Grüne und SPD könnten sich wohl zusammenraufen. Wie allerdings die FDP vor allem mit ihren steuerpolitischen Plänen in einer Ampel leuchten könnte, ist fraglich. Die liberale Position ist so zentral, dass Abstriche hier unwahrscheinlich sind – hinter der Ampel steht ein dickes Fragezeichen.
● Deutschlandkoalition In Sachsenanhalt wird die Deutschland-koalition aus CDU, SPD und FDP gerade als eine Option diskutiert. Im Bund müsste sich die SPD inhaltlich ganz klein machen, damit die Polit-ehe mit Liberalen und Union klappt. Die oben beschriebenen Differenzen zwischen Rot und Schwarzgelb blieben erhalten. Allerdings ließen die Sozialdemokraten 2017 zentrale Forderungen wie die Bürgerversicherung sausen, um an der Regierung beteiligt zu sein. Da Schwarz-rot bereits regiert hat und die FDP wiederum gut mit der Union kann, könnte die Deutschlandkoalition eine Option sein.
● R2G Eine Koalition aus Grünen, Linken und SPD – kurz R2G – geben die Umfragen nicht her. Es gibt aber bei Grün-rot-rot nicht nur viele Übereinstimmungen beim Klimaschutz. Gerade im Bereich Finanzen und Wirtschaft sind überraschend viele Schnittmengen. Sollten die drei Parteien ein wenig zulegen, wäre Grün-rot-rot denkbar – und in dieser Stichprobe die wohl wahrscheinlichste Regierungskoalition.