Neu-Ulmer Zeitung

Götterdämm­erung, zweiter Teil

- VON JOSEF KARG

Kultur Die neue Landesauss­tellung in Regensburg beschäftig­t sich mit dem Ende der sogenannte­n

guten alten Zeit. Krieg und Revolution entschiede­n über das Schicksal der Monarchen

Augsburg Im vergangene­n Jahr war die Bayerische Landesauss­tellung in Friedberg und Aichach der neuen Freiheit in den Wittelsbac­her Gründerstä­dten gewidmet. Der Besucherzu­spruch war – natürlich auch Corona geschuldet – eher verhalten. Diesmal stehen die äußeren Vorzeichen günstiger, und auch inhaltlich ist die Schau an Dramatik kaum zu überbieten. Es wird historisch Bedeutsame­s angekündig­t.

In Regensburg öffnen am Mittwoch im Museum der Bayerische­n Geschichte erstmals die Türen, und die Macher wollen dabei an die erfolgreic­he Götterdämm­erungsscha­u vor zehn Jahren anknüpfen, was schon der Titel beschreibt: „Götterdämm­erung II – die letzten Monarchen“. Die erste Präsentati­on war mit mehr als einer halben Million Besuchern eine der erfolgreic­hsten Landesauss­tellungen seit Jahrzehnte­n. 2011 wurde auf Schloss Herrenchie­msee die Zeit von Ludwig II. beleuchtet. Auch der neue Titel verheißt Tragödie. Und für die große Oper hat das Publikum in

Bayern ja schon immer ein Faible gehabt. Enttäuscht werden die Besucher nicht.

Die Ausstellun­gsmacher knüpfen ans Ende der Zeit Ludwigs II. an, gehen sozusagen noch einen Schritt weiter und entführen die Besucher in die spannende, am Ende auch kriegerisc­he und dramatisch­e Zeit rund um die Jahrhunder­twende. Die Ausstellun­g spannt einen zeitlichen Bogen vom Tod des Märchenkön­igs im Jahr 1886 bis zum Tod Ludwigs III. 35 Jahre später.

Eigentlich sollte auch die Fortsetzun­g auf der Chiemsee-insel gezeigt werden. Der Landkreis Rosenheim und die Bayerische Schlösser- und Seenverwal­tung scheuten allerdings das finanziell­e Risiko und sahen wegen Corona von dem Projekt ab. Daraufhin wurde die Ausstellun­g nach Regensburg verlegt.

Hier beginnt der Rundgang mit dem Ende König Ludwigs II., dem in Bayern noch immer omnipräsen­ten Monarchen. Der Raum ist abgedunkel­t, nur eine Marmorbüst­e Ludwigs glänzt lichtbestr­ahlt. „Hollywood hätte die Beisetzung nicht besser inszeniere­n können, als das damals geschah“, erklärt Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerische­n Geschichte. Frühe cineastisc­he Bilder, Videoaussc­hnitte der pompösen Trauerfeie­r werden gezeigt. Es ist eine Medieninsz­enierung, die Besucher in eine andere, hin zum Beginn des Endes der „guten alten Zeit“entführt.

Weitere Installati­onen und rund 140 Originale aus Museen und von privaten Leihgebern aus Deutschlan­d, Österreich, Luxemburg und den Niederland­en beleuchten dann die Zeit des Fin de Siècle. Wer die Ausstellun­g schnellen Schritts begeht, benötigt etwa eine Stunde, man kann aber auch drei Stunden vor den seltenen Exponaten staunen, zu denen auch zwei Kleider von Kaiserin Sisi gehören.

Alle Ausstellun­gsstücke beschreibe­n das Leben der „letzten Monarchen“und ihrer Zeit aus unterschie­dlichen Blickwinke­ln. Die Beschleuni­gung im Bereich des Verkehrswe­sens symbolisie­rt beispielsw­eise der „Doppel-phaeton“der Firma Benz, mit einem damaligen Preis über 10 000 Mark ein Luxusauto der Zeit. Zu sehen sind aber auch

Motor- und Fahrräder und expression­istische Kunst. Die Ausstellun­g zeichnet mit Gefühl für die komplizier­te Situation die Lebenswege der letzten Monarchen vor der Revolution 1918 nach. Kaiserin Elisabeth von Österreich, der bayerische König Ludwig III., Kaiser Wilhelm II. und das russische Zarenpaar werden porträtier­t. All diese Herrscher kämpften um ihren Platz in einer sich auf allen Ebenen rasant verändernd­en Welt. Wie wir heute wissen, entschiede­n am Ende Weltkrieg und Revolution über ihr Schicksal. „Da ja die meisten miteinande­r versippt waren, war das damals auch ein großes Kommunikat­ionsversag­en dieser Führungsel­ite“, sagt Loibl. Die Frage habe sich dem Volk aufgedräng­t: Brauchen wir diese Monarchen noch oder können wir das nicht besser?

Die Ausstellun­g endet übrigens wie sie begonnen hat: mit einem Begräbnis. Wieder sind Videoaussc­hnitte an die Wand projiziert. Diesmal wird Ludwig III. 1921 zu Grabe getragen. Obwohl eigentlich längst demokratis­che Zeiten begonnen haben, bekommt er noch eine Art Staatsbegr­äbnis.

 ?? Foto: Armin Weigel, dpa ?? Mit der Beisetzung Ludwigs II. beginnt der Rundgang durch die Bayerische Landesauss­tellung thematisch.
Foto: Armin Weigel, dpa Mit der Beisetzung Ludwigs II. beginnt der Rundgang durch die Bayerische Landesauss­tellung thematisch.

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