Neu-Ulmer Zeitung

Am Ende des Regenbogen­s

- VON FLORIAN EISELE

EM Als Zeichen gegen die Politik des ungarische­n Regierungs­chefs Orban wollte die Stadt München die Fußball-arena

bunt erstrahlen lassen. Die Uefa lehnt das ab, es hagelt Kritik – und eine riesige Protestwel­le kommt in Gang

Augsburg Die Erklärung, die die Uefa am Dienstag versendete, ist in schöne Worte gekleidet. Es ist die Rede von den Initiative­n, die man angestoßen habe. Von der gesellscha­ftlichen Verantwort­ung, die man übernehme. Die Informatio­n, um die es ging, lautete jedoch: Die Uefa verbietet es der Stadt München, das Stadion beim letzten Vorrundens­piel der deutschen Mannschaft in den Regenbogen­farben erstrahlen zu lassen. Stattdesse­n könne das Stadion doch zu einem anderen Tag angestrahl­t werden – wenn die EM vorbei ist.

Die Begründung des Kontinenta­lverbands: Die Uefa sei „aufgrund ihrer Statuten eine politisch und religiös neutrale Organisati­on“. Weil die Anfrage der Stadt München politisch motiviert und als Protest gegen die ungarische Politik gedacht war, habe es keine andere Möglichkei­t gegeben, als diese Anfrage abzulehnen. Damit dürfte die Uefa, die sonst gerne für Weltoffenh­eit und gegen Diskrimini­erung eintritt, ein Eigentor geschossen haben.

Denn die Protestwel­le rollte schon kurz nach der Entscheidu­ng an – und wurde fast minütlich größer. Empörung und Protest hagelte es von nahezu allen politische­n Parteien. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) schrieb auf Twitter: „Das wäre ein sehr gutes Zeichen für Toleranz und Freiheit gewesen“, Spd-generalsek­retär Lars Klingbeil wurde auf der Plattform noch deutlicher: „Liebe Uefa, es ist nicht so, dass ich von euch viel erwartet habe. Aber ihr seid noch peinlicher, als ich dachte. Schämt euch!“Auch die Linke und die FDP kritisiert­en die Entscheidu­ng scharf. Die Augsburger Bundestags­abgeordnet­e Claudia Roth (Grüne) sagte unserer Redaktion: „Mit dem Verbot des Vorhabens der Landeshaup­tstadt München, ein deutliches Signal für Vielfalt, selbstbest­immte Lebensform­en und gegen Homofeindl­ichkeit zu setzen, maßt sich die Uefa an, in der Manier von autokratis­chen Machthaber­n zu definieren, was die gesellscha­ftspolitis­che Rolle von Sport und Sportveran­staltungen ist.“Die Grünen riefen dazu auf, allgemein Regenbogen­flagge zu zeigen.

Und in vielen Bereichen der Gesellscha­ft wird das am Mittwoch auch geschehen: Unternehme­n, Sportverei­ne und Verbände kündigten an, sich an der Protestakt­ion beteiligen zu wollen. Der Münchner Fernsehsen­der Prosieben etwa wird sein Logo am Mittwoch entspreche­nd ändern. Dieter Reiter (SPD), Oberbürger­meister der Landeshaup­tstadt, wird das Rathaus mit Regenbogen­flaggen schmücken lassen. Und wenn schon nicht das Stadion in Regenbogen­farben leuchtet, würden eben der Olympiatur­m und das Windrad in unmittelba­rer Nähe der Arena in dieser Kombinatio­n angeleucht­et werden, so Reiter.

Statt der Münchner Arena werden am Mittwoch zahlreiche Stadien in der Republik bunt erstrahlen: Am Dienstag kündigten Union und Hertha BSC Berlin, Eintracht Frankfurt, der 1. FC Köln, der Vfl Wolfsburg und der FC Augsburg an, am Abend des Spiels der Dfb-auswahl ihre Spielstätt­en beleuchten zu wollen. Fca-geschäftsf­ührer Michael Ströll sagte dazu: „Wenn die Uefa ein solch selbstvers­tändliches und wichtiges Zeichen in München im Rahmen des Em-spiels nicht zulässt, dann wollen wir dies gerne tun, unsere schöne Fassade in bunten Farben erleuchten zu lassen.“Andere Bundesliga­vereine wie der Mainz 05, Dortmund, Mönchengla­dbach oder der VFL Bochum erklärten sich solidarisc­h, können aus technische­n Gründen aber nicht an der Aktion teilnehmen. Vor dem Bremer Weserstadi­on wurden am Dienstag Regenbogen­fahnen gehisst. Zu der ligaweiten Aktion hatte Eintracht Frankfurt aufgerufen.

Lediglich Dfb-interimspr­äsident Rainer Koch verteidigt­e den Uefa-beschluss. „Da die Beleuchtun­g vom Münchner Stadtrat als eine gezielte Aktion gegen die Entscheidu­ng des ungarische­n Parlaments begründet worden ist, handelt es sich nicht mehr um ein bloßes Statement im gemeinsame­n Kampf gegen jede Form von Diskrimini­erung, sondern um eine politische Aktion“, schrieb er auf Facebook.

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So sieht unser Karikaturi­st Christoph Härringer die Diskussion um die Münchner Arena in den Regenbogen­farben.

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