Neu-Ulmer Zeitung

Freie Radikale

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Überblick Offen fahren mit dem Roadster kann ganz schön extrem sein, auch extrem teuer. Es gibt jedoch Alternativ­en

Ohne Frontschei­be, Seitenfens­ter und Dach. Ein Gasstoß genügt, um den Mclaren Elva in 2,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 zu katapultie­ren. Im Nacken tobt ein V8-motor mit 599 kw/815 PS und 800 Nm. Das löst jede Menge Glückshorm­one aus bei der ersten Spritztour. Der Elva ist einer der radikalste­n Roadster, die es bislang auf die Straße geschafft haben.

Wo andere Hersteller die Openair-kunden mit Windschott­s, Sitzheizun­g und Nackenwärm­er wie in Watte packen, sitzt man im Mclaren beinahe ohne jeden Schutz wie in einer Badewanne auf Rädern – nur dass die bei Vollgas bis zu 328 km/h erreicht. Da fühlen sich Fliegen im Gesicht dann schon mal an wie Schrotkuge­ln. Dabei treiben die Briten nach eigenen Angaben einen hohen Aufwand, um das Schlimmste zu verhindern. So steckt im kleinen Gepäckfach hinter dem Motor ein maßgeschne­iderter Helm samt einer Schutzbril­le.

Mclaren ist nicht der einzige Hersteller, der seine Kunden derart in den Wind setzt. Sondern nach einem ganz ähnlichen Konzept, allerdings ohne aerodynami­sche Kunstgriff­e, buhlt Aston Martin mit dem V12 Speedster um reiche Raser mit erhöhtem Frischluft­bedarf. Auch dieser Zweisitzer spart sich Dach und Scheiben und bietet stattdesse­n genügend Kraft, um dem Sturm in Windeseile davonzufah­ren, teilt der Hersteller mit. Der 5,2 Liter große Zwölfzylin­der leistet 515 kw/700 PS und sorgt für 300 km/h Spitze. Ferrari hat mit den Monza SP1 und SP2 sogar gleich zwei solcher Roadster im Programm: Ersterer ist ein Monoposto, der andere ein Zweisitzer.

Beide basieren laut Hersteller auf dem Ferrari 812 und fahren mit einem 596 kw/810 PS starken V12-motor, der für mehr als Tempo 300 sorgt. Damit es den Insassen dabei nicht die Haare vom Kopf reißt, hat auch der Monza als virtuelle Windschutz­scheibe einen Luftabweis­er vor dem Cockpit. Obendrein gibt’s zum Auto Helm, Rennoveral­l, Pulli aus Merinowoll­e, Mütze, Handschuhe, Schal und Schuhe, so Ferrari.

Genauso extrem wie diese Roadster sind auch ihre Preise: Amtliche 1,7 Millionen Euro für den Elva, angeblich 1,6 Millionen Euro für die Ferraris und knapp 900 000 Euro für den Aston Martin machen die Cabrios zu einem exklusiven Vergnügen, das sich nur wenige leisten können – zumal die Autos nach Angaben der Hersteller obendrein stark limitiert sind.

Manchmal geht es auch etwas günstiger

Die Idee vom radikalen Roadster ist nicht neu, und mit ein bisschen Glück wird man für deutlich weniger auch auf dem Gebrauchtw­agenmarkt fündig. Dort gibt es vergleichs­weise erschwingl­iche Vertreter. So hat Lotus auf Basis der Elise von 2007 bis 2011 den 2-Eleven gebaut. Der bietet mit 188 kw/256 PS und maximal 241 km/h ebenfalls reichlich Frischluft. Damals nicht einmal 60000 Euro teuer, findet man ihn heute im Internet noch immer für fünfstelli­ge Summen.

Noch günstiger ist der Renault Spider. Mit dem sind die Franzosen 1995 mitten in den von Mercedes SLK und Audi TT ausgelöste­n Roadster-boom geplatzt. Im Grunde besteht er nur aus Fahrwerk, Motor und einem Gitterrohr­rahmen, um den nur das Allernötig­ste an Karosserie gekleidet wurde. Nicht mal eine Frontschei­be haben die Franzosen anfangs vorgesehen, von Seitenfens­tern und einem Dach ganz zu schweigen. Obwohl hinter den Sitzen lediglich ein Vierzylind­er mit 108 kw/147 PS und 185 Nm steckt, reicht das beim nur 930 Kilo schweren Spider für ein spektakulä­res Fahrgefühl. Damals knapp 55 000 Euro teuer, taxieren Sammler den Wert heute auf etwa 40000 Euro. Bei einer Produktion von immerhin 1500 Exemplaren sind davon auch immer mal wieder welche im Handel zu finden.

Der Smart Crossblade aus den Jahren 2002 und 2003 ist ein Winzling und kann nur 52 kw/70 PS aus einem Dreizylind­er im Heck vorweisen. Und mehr als 135 km/h schafft er nicht. Dem Mini-mercedes fehlen neben den Scheiben auch noch die Türen, die durch offene Metallstre­ben ersetzt wurden. Der Crossblade war limitiert und wurde nur 1995-mal gebaut. Er kostete damals knapp 25000 Euro. Dafür bekommt man heute ein neues Smart Fortwo-cabrio. Der Crossblade wird meist billiger gehandelt.

Thomas Geiger, dpa

 ?? Foto: Mclaren Automotive, dpa ?? Wahnsinnsf­ahrt: Mehr als 800 PS katapultie­ren den Mclaren Elva auf bis zu 328 km/h – ohne Dach und klassische Windschutz‰ scheibe. 1,7 Millionen Euro ruft Mclaren für diesen Wagen auf.
Foto: Mclaren Automotive, dpa Wahnsinnsf­ahrt: Mehr als 800 PS katapultie­ren den Mclaren Elva auf bis zu 328 km/h – ohne Dach und klassische Windschutz‰ scheibe. 1,7 Millionen Euro ruft Mclaren für diesen Wagen auf.
 ?? Foto: Renault, dpa ?? Leichtgewi­cht ohne Schnicksch­nack: der Renault Spider.
Foto: Renault, dpa Leichtgewi­cht ohne Schnicksch­nack: der Renault Spider.
 ?? Foto: Daimler AG, dpa ?? Kleiner Flitzer für großen Spaß: der Smart Crossblade.
Foto: Daimler AG, dpa Kleiner Flitzer für großen Spaß: der Smart Crossblade.

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