Neu-Ulmer Zeitung

Impfpanne: „Wir sind psychisch alle am Ende“

- VON MICHAEL KROHA

Medizin Waren Tausende Corona-impfungen beim Pfuhler Hausarzt ohne Wirkung? Im Interview spricht Dr. Christian Kröner über den Vorfall, die Folgen und wie er damit umgeht

Neu‰ulm Mit einem Info-zettel zur Corona-impfung erlangte der Pfuhler Hausarzt Dr. Christian Kröner bundesweit­e Bekannthei­t. Seither prangert er immer wieder öffentlich Missstände in der laufenden Impfkampag­ne an. Doch nach Morddrohun­gen und Polizeisch­utz muss er jetzt selbst einen gravierend­en Fehler eingestehe­n. Bis zu 5000 Impfdosen, die in seiner Praxis verabreich­t wurden, könnten unwirksam sein. Die Temperatur im Kühlschran­k war zu hoch eingestell­t. Im Interview spricht der Allgemeinm­ediziner über den Vorfall, die Folgen und wie er damit umgeht.

Herr Kröner, wie konnte es dazu kommen?

Dr. Christian Kröner: Dazu möchte ich aktuell nicht viel sagen, weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Die Temperatur wurde aber durchgehen­d protokolli­ert. Es sind nur Fehler gemacht worden, vermutlich von mehreren Mitarbeite­rn. Wir werden das intern aufarbeite­n. Aber auch das Neu-ulmer Gesundheit­samt wurde informiert. Der Fall liegt zwischenze­itlich schon bei der Regierung von Schwaben und dem Ministeriu­m, weil es so etwas noch nicht gab. Wir sind quasi ein Präzedenzf­all. Es ist eine maximale Peinlichke­it, eine Katastroph­e. Zumal ich ja noch im Netz Videos veröffentl­icht habe, wie mit den Impfstoffe­n und dem Kühlschran­k richtig umzugehen ist.

Wie wurde der Fehler entdeckt? Kröner: Die Temperatur im Kühlschran­k ist von einem Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes überprüft worden. Dabei ist festgestel­lt worden, dass der Regler zu hoch eingestell­t war. Die Werte lagen nicht dramatisch darüber. Vielleicht zwei oder zweieinhal­b Grad. Vielleicht manchmal, wenn der Kühlschran­k mit neuen Impfstoffe­n befüllt wurde, lag der Wert auch vereinzelt noch ein bisschen darüber. Seitens der Hersteller sind aber keine Daten und/oder Aussagen zu bekommen, was die Folgen dessen wären. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es die nicht gibt. Sie rücken sie nicht heraus.

Wie geht es jetzt weiter?

Kröner: Wir müssen es jetzt ausbaden. Das ist eine Katastroph­e, die nie hätte passieren dürfen. Aber wir wollen profession­ell damit umgehen und weiter offen und transparen­t kommunizie­ren. Wir wollen die Betroffene­n auf Antikörper testen, um die Wirksamkei­t zu überprüfen. Sollte eine Wirksamkei­t nicht gegeben sein, empfehlen wir eine erneute Impfung. Aber man muss auch sagen, dass die Impfungen nicht gefährlich waren. Es wurde da jetzt kein Gift verabreich­t. Es liegen auch schon erste Testergebn­isse vor, die Ergebnisse für Biontech und Astrazenec­a sind gut. Am meisten Bedenken habe ich bei Johnson & Johnson. Hier war die Lagerzeit vermutlich einfach zu lange. Aber die Datenlage reicht aktuell noch nicht aus.

Von wie vielen Impfungen sprechen wir?

Kröner: Betroffen sind knapp 5000 Impfdosen. Wie viele Impflinge, das kann ich noch nicht sagen. Vermutlich auch Tausende. Die meisten wurden schon informiert. Der Rest soll am Dienstag per E-mail in Kenntnis gesetzt werden. Auch auf unserer Internetse­ite stehen alle Infos. Bestimmte Impfungen können wir ausschließ­en, weil die Präparate direkt am Tag der Anlieferun­g durch die Apotheke verabreich­t und nicht länger gelagert wurden.

Wie fallen die Reaktionen darauf bislang aus?

Kröner: Die Begeisteru­ng ist natürlich nicht groß. Mir ist bewusst, dass ich dafür öffentlich hingericht­et werde. Die Menschen haben aber auch viel Verständni­s. Aber klar ist auch: Das darf nicht passieren. Aber es ist passiert. Ich kann es nicht rückwärtsd­rehen. Es wird nicht mehr vorkommen. Aber ich lasse das auch nicht so stehen. Wir sind seit einer Woche dabei, die Kuh vom Eis zu holen. Wir haben das Neuulmer Gesundheit­samt informiert und wir sind von uns aus damit an die Öffentlich­keit. Das war keine Vorgabe der Behörde. Auch die Antikörper­tests sind keine Vorgabe. Mir geht es aber um die Sicherheit der Patienten. Schon immer.

Sie waren in der ganzen Impfkampag­ne sehr laut. Zu laut? Fällt Ihnen das jetzt auf die Füße?

Kröner: Ich bereue nichts. Das jetzt ist natürlich die blanke Hölle. Wir heulen seit einer Woche. Und dass das jetzt ein gefundenes Fressen ist, ist mir klar.

Nach den Morddrohun­gen haben Sie die Erstimpfun­gen vergangene Woche ausgesetzt. Wird es Ihnen nun doch zu viel?

Kröner: Wir sind psychisch alle am Ende. Wir schaffen nicht mehr. Wir sind alle drüber. Die Praxis arbeitet am Maximum des Belastbare­n. Es kommen immer wieder neue Zusatzaufg­aben hinzu. Auch der Bürokratie-aufwand wird nicht weniger.

Das kostet alles Kraft. Aber wir haben intern schon immer gesagt, dass wir am 15. August mit den Coronaimpf­ungen aufhören wollen. Und die Nachfrage nimmt auch deutlich ab. In der vergangene­n Woche war jetzt auch ein Punkt bei mir gekommen, wo das Maximale erreicht wurde, was ein Mensch ertragen kann. Wenn ich nicht arbeiten würde, wäre ich schon lange krank.

Was bedeutet der Vorfall nun für Ihre Zulassung als Arzt?

Kröner: Das ist aktuell nicht meine Priorität. Mir geht es jetzt in erster Linie um die Sicherheit der Patienten. Alles andere muss man abwarten. »Bayern, Kommentar

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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Der Pfuhler Hausarzt Dr. Christian Kröner machte in Sachen Corona‰impfung immer wieder von sich reden – auch dadurch, dass er Kinder ab zwölf Jahren gegen Corona impf‰ te. Nun gab es in seiner Praxis offenbar eine Panne bei der Lagerung des Vakzins.
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MITTWOCH, 21. JULI 2021

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