Impfpanne: „Wir sind psychisch alle am Ende“
Medizin Waren Tausende Corona-impfungen beim Pfuhler Hausarzt ohne Wirkung? Im Interview spricht Dr. Christian Kröner über den Vorfall, die Folgen und wie er damit umgeht
Neuulm Mit einem Info-zettel zur Corona-impfung erlangte der Pfuhler Hausarzt Dr. Christian Kröner bundesweite Bekanntheit. Seither prangert er immer wieder öffentlich Missstände in der laufenden Impfkampagne an. Doch nach Morddrohungen und Polizeischutz muss er jetzt selbst einen gravierenden Fehler eingestehen. Bis zu 5000 Impfdosen, die in seiner Praxis verabreicht wurden, könnten unwirksam sein. Die Temperatur im Kühlschrank war zu hoch eingestellt. Im Interview spricht der Allgemeinmediziner über den Vorfall, die Folgen und wie er damit umgeht.
Herr Kröner, wie konnte es dazu kommen?
Dr. Christian Kröner: Dazu möchte ich aktuell nicht viel sagen, weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Die Temperatur wurde aber durchgehend protokolliert. Es sind nur Fehler gemacht worden, vermutlich von mehreren Mitarbeitern. Wir werden das intern aufarbeiten. Aber auch das Neu-ulmer Gesundheitsamt wurde informiert. Der Fall liegt zwischenzeitlich schon bei der Regierung von Schwaben und dem Ministerium, weil es so etwas noch nicht gab. Wir sind quasi ein Präzedenzfall. Es ist eine maximale Peinlichkeit, eine Katastrophe. Zumal ich ja noch im Netz Videos veröffentlicht habe, wie mit den Impfstoffen und dem Kühlschrank richtig umzugehen ist.
Wie wurde der Fehler entdeckt? Kröner: Die Temperatur im Kühlschrank ist von einem Mitarbeiter des Gesundheitsamtes überprüft worden. Dabei ist festgestellt worden, dass der Regler zu hoch eingestellt war. Die Werte lagen nicht dramatisch darüber. Vielleicht zwei oder zweieinhalb Grad. Vielleicht manchmal, wenn der Kühlschrank mit neuen Impfstoffen befüllt wurde, lag der Wert auch vereinzelt noch ein bisschen darüber. Seitens der Hersteller sind aber keine Daten und/oder Aussagen zu bekommen, was die Folgen dessen wären. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es die nicht gibt. Sie rücken sie nicht heraus.
Wie geht es jetzt weiter?
Kröner: Wir müssen es jetzt ausbaden. Das ist eine Katastrophe, die nie hätte passieren dürfen. Aber wir wollen professionell damit umgehen und weiter offen und transparent kommunizieren. Wir wollen die Betroffenen auf Antikörper testen, um die Wirksamkeit zu überprüfen. Sollte eine Wirksamkeit nicht gegeben sein, empfehlen wir eine erneute Impfung. Aber man muss auch sagen, dass die Impfungen nicht gefährlich waren. Es wurde da jetzt kein Gift verabreicht. Es liegen auch schon erste Testergebnisse vor, die Ergebnisse für Biontech und Astrazeneca sind gut. Am meisten Bedenken habe ich bei Johnson & Johnson. Hier war die Lagerzeit vermutlich einfach zu lange. Aber die Datenlage reicht aktuell noch nicht aus.
Von wie vielen Impfungen sprechen wir?
Kröner: Betroffen sind knapp 5000 Impfdosen. Wie viele Impflinge, das kann ich noch nicht sagen. Vermutlich auch Tausende. Die meisten wurden schon informiert. Der Rest soll am Dienstag per E-mail in Kenntnis gesetzt werden. Auch auf unserer Internetseite stehen alle Infos. Bestimmte Impfungen können wir ausschließen, weil die Präparate direkt am Tag der Anlieferung durch die Apotheke verabreicht und nicht länger gelagert wurden.
Wie fallen die Reaktionen darauf bislang aus?
Kröner: Die Begeisterung ist natürlich nicht groß. Mir ist bewusst, dass ich dafür öffentlich hingerichtet werde. Die Menschen haben aber auch viel Verständnis. Aber klar ist auch: Das darf nicht passieren. Aber es ist passiert. Ich kann es nicht rückwärtsdrehen. Es wird nicht mehr vorkommen. Aber ich lasse das auch nicht so stehen. Wir sind seit einer Woche dabei, die Kuh vom Eis zu holen. Wir haben das Neuulmer Gesundheitsamt informiert und wir sind von uns aus damit an die Öffentlichkeit. Das war keine Vorgabe der Behörde. Auch die Antikörpertests sind keine Vorgabe. Mir geht es aber um die Sicherheit der Patienten. Schon immer.
Sie waren in der ganzen Impfkampagne sehr laut. Zu laut? Fällt Ihnen das jetzt auf die Füße?
Kröner: Ich bereue nichts. Das jetzt ist natürlich die blanke Hölle. Wir heulen seit einer Woche. Und dass das jetzt ein gefundenes Fressen ist, ist mir klar.
Nach den Morddrohungen haben Sie die Erstimpfungen vergangene Woche ausgesetzt. Wird es Ihnen nun doch zu viel?
Kröner: Wir sind psychisch alle am Ende. Wir schaffen nicht mehr. Wir sind alle drüber. Die Praxis arbeitet am Maximum des Belastbaren. Es kommen immer wieder neue Zusatzaufgaben hinzu. Auch der Bürokratie-aufwand wird nicht weniger.
Das kostet alles Kraft. Aber wir haben intern schon immer gesagt, dass wir am 15. August mit den Coronaimpfungen aufhören wollen. Und die Nachfrage nimmt auch deutlich ab. In der vergangenen Woche war jetzt auch ein Punkt bei mir gekommen, wo das Maximale erreicht wurde, was ein Mensch ertragen kann. Wenn ich nicht arbeiten würde, wäre ich schon lange krank.
Was bedeutet der Vorfall nun für Ihre Zulassung als Arzt?
Kröner: Das ist aktuell nicht meine Priorität. Mir geht es jetzt in erster Linie um die Sicherheit der Patienten. Alles andere muss man abwarten. »Bayern, Kommentar