Neue Erkenntnisse zum Kastell in Kellmünz
Funde Mit modernsten Methoden haben Forscher den Grund am archäologischen Park durchleuchtet.
Dabei haben sie neue Spuren der alten Römer entdeckt
Kellmünz Dass hier ein spätrömisches Kastell vergraben liegt, unter den Erdschichten der Epochen, das wissen Forscher schon seit 1901. Damals begannen Archäologen in Kellmünz zu graben, und sie suchten seither immer wieder, zuletzt in den 80er-jahren. Erst vor fünf Wochen rollten nun Hightech-geräte über den Rasen in Kellmünz, am Archäologischen Park des Landkreises Neu-ulm. Mit Geoelektrik und Georadar suchte die Firma Terrana Geophysik nach Spuren metertief unter der Erdoberfläche – ohne zu buddeln. Was haben die Messungen zutage gebracht? Für den Kreisarchäologen Stefan Reuter bestätigen die Ergebnisse eines: Dies ist kein Kastell wie jedes andere.
Die Geophysiker haben auf einem Grundstück geforscht, das der Landkreis 2021 gekauft hat. Hier, an historischer Stätte, soll das neue Archäologische Landkreis-museum entstehen. Das Haus samt Garten grenzt direkt an den Archäologischen Park, an die Fundstätten des
Kastells – und das macht Hoffnung, auch hier unter dem Grundstückboden auf Spuren zu stoßen. Etwa 300 nach Christus gründeten Römer in Kellmünz eine Festung. Jahrhunderte später fanden Forscher Reste von Soldaten-baracken, Spuren vielleicht einer großen Aula, womöglich stand hier eine stattliche Kommandantur. „Das ist eher untypisch für so ein spätrömisches Kastell“, sagt Reuter.
Unter dem neu gekauften Garten schlummert wohl das Herzstück des Kastells. Gleich zwei Methoden wandte das Forscher-team um Arno Patzelt hier an, Georadar und Geoelektrik. „So erhält man ein viel schärferes Bild“, erklärt Reuter. Die Gerätschaften senden Impulse in den Boden – und wo diese Signale anstoßen, zum Beispiel an alte Steine oder Mauerreste, messen die Geräte den Widerstand. Sogar die Höhenlage der Funde lasse sich mit dieser Methode ermitteln, erklärt Reuter.
Vor dieser Untersuchung sei die Hoffnung groß gewesen, die Erwartung aber relativ niedrig, sagt der
Kreisarchäologe. Wurden die Grundfesten des Kastells einst zerstört, geplündert, überbaut? Doch die Scan-bilder zeigen klare Spuren. Da ist eine etwa sechs Meter hohe, halbkreisförmige Struktur. Wahrscheinlich eine Apsis? Ein Empfangssaal? Oder ein großes Badebecken? So ein Bild liefere keine fertige Interpretation, sagt Reuter. Aber auf jeden Fall fühlt er sich bestätigt, dass die Römer hier wohl auch größere, repräsentative Gebäude errichtet haben. Außerdem zeigen die Grafiken Mauerreste und auch Messwerte, die auf unterkellerte Baustrukturen hindeuten. Schlichte Soldatenbaracken hatten damals jedenfalls keine Keller, erklärt Reuter.
Nein, die Geschichte des Kastells von Kellmünz muss der Landkreis jetzt nicht neu schreiben. Aber eine digitale Rekonstruktion, die das Fort so zeigt, wie es ausgesehen haben könnte, wird nun auf den neusten Stand gebracht. Und es ist wie fast immer in der Forschung: „Neue Ergebnisse werfen neue Fragen auf“, sagt Reuter. Dabei geht es um eine Abwägung: Drängen sich aus diesen Ergebnissen neue, besonders wichtige Fragen auf, könnten neue Ausgrabungen Klarheit schaffen. „Befunde werden erst lebendig durch die Haptik, das Materielle und Greifbare“, findet der Kreisarchäologe. Aber es gibt Interessenkonflikte zwischen Forschung und
Bodendenkmalpflege: So eine Grabung kann historische Strukturen auch gefährden und verletzen.
Ob in Kellmünz wieder die Schaufeln ausgepackt werden, ist noch unklar. Erst einmal wird der Landkreis sein neues archäologisches Museum aufbauen. All die neuen Erkenntnisse möchte Franziska Honer, Leiterin der Landkreismuseen auch im neuen Haus am Fundort präsentieren. Dafür muss sie nun den Platzbedarf ermitteln, klare Themen und Formate entwickeln – und auch Fördergelder organisieren.
Auch Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) verfolgt die Forschung in Kellmünz. Seit 2008 sucht sein Kreis nach einem neuen Standort für ein Archäologie-museum. Jetzt sagt der Landrat: „Was lange wehrt, ist auf dem richtigen Weg.“Für Stefan Reuter ist klar: Das neue Museum soll erfahrbar machen, wie Archäologie funktioniert – und was sie zu erzählen hat. Diese Forschung bringe Geschichten zutage, die von Gemeinschaft und Identität, Gesellschaft und Migration erzählen.