Ventilatoren: Der Kompromiss im Klassenzimmer
Corona Landauf, landab wird über mobile Luftfilter für Schulen diskutiert. Die Stadt Neu-ulm geht nun
für ihre Schulen und Kitas einen anderen Weg. Dabei geht es aber nicht nur ums Geld
Neuulm Das Wort der Stunde stammte von Stadtbaudirektor Markus Krämer, es lautete „Kompromiss“. In der Debatte über Lüftungsanlagen für Klassenzimmer sagte er am Mittwoch im Stadtrat: „Eine perfekte Anlage ist kurzfristig nicht machbar.“Deshalb sei es geboten, einen Kompromiss einzugehen. Der lautet in diesem Fall, die Stadt Neu-ulm schafft für ihre Schulen und Kindertagesstätten Abluftanlagen an, die relativ einfach und kostengünstig zu installieren sind. Allerdings lässt sie noch eine weitere Möglichkeit offen.
Um die Virenlast in Klassenzimmern und Kitaräumen zu eliminieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die aufwendigste wären fest installierte zentrale Lüftungsanlagen, doch die sind sehr teuer, verlangen einen hohen Planungsaufwand und könnten somit keinesfalls in den nächsten Monaten zur Verfügung stehen. Deshalb hat sich der Stadtrat mit großer Mehrheit für leicht zu installierende Lüftungsautomaten entschieden – eine Anregung, die ursprünglich von den Grünen kam. Die Geräte saugen in Deckennähe die Luft in Klassenund Kitaräumen an und transportieren sie durch eine Öffnung in einem Fenster ins Freie. Damit kann die Luft mehrmals pro Stunde komplett ausgetauscht werden.
Die Stadt besitzt bereits seit Dezember vergangenen Jahres solche Anlagen. Sie arbeiten in zwei Räumen der Grundschule Gerlenhofen. Nach Darstellung der Verwaltung sind sie seither täglich in Betrieb. Wartungskosten fielen nicht an. Es seien auch positive Nebeneffekte aufgefallen wie der „Abtransport von Gerüchen“sowie die Eindämmung von Grippewellen. Die Luftqualität sei deutlich besser geworden. Nach Darstellung eines Herstellers könnten die Anlagen schnell produziert und eingebaut werden. Krämer glaubt, es sei möglich, sie noch bis zum Beginn des nächsten Schuljahres zu bekommen. Der Preis für solche Ventilatoren beträgt zwischen 500 und 800 Euro. Damit sind sie deutlich billiger als die zuletzt so intensiv diskutierten mobilen Luftfilter, die pro Stück mit rund 4000 Euro zu Buche schlagen.
die ist vom Freistaat ein Zuschuss von maximal 1750 Euro zu erwarten.
Zuletzt hatte sich der Gesamtelternbeirat der Neu-ulmer Schulen dafür eingesetzt, dass die Stadt solche mobilen Filtereinheiten anschafft. Innerhalb kurzer Zeit sammelte er rund 900 Unterschriften dafür ein. Wie die Verwaltung in ihrer umfangreichen Unterlage zur Stadtratssitzung aufzeigt, sind nicht nur die Anschaffungskosten – trotz Förderung durch den Freistaat – enorm. Um mehr als 400 Räume auszustatten, wären 1,6 Millionen Euro nötig. Hinzu kämen außerdem hohe Wartungs- und Stromkosten. Wörtlich heißt es: „Im Gesamten ist damit zu rechnen, dass die Stadt Neu-ulm mit Unterhaltskosten zu rechnen hat, die annähernd den Kaufpreis der Geräte erreichen werden.“Allerdings könnten dennoch einige solcher mobilen Luftfilter zum Einsatz kommen, denn der Stadtrat entschied ausdrücklich: Wo es möglich sei, kommen „vorranfür gig“Fensterventilatoren zum Einsatz. Doch sollte sich das an manchen Stellen als unpraktikabel erweisen, würden mobile Luftfilter angeschafft. Um das jeweils im Einzelfall zu entscheiden, wird – wie von der CSU angeregt – ein Fachplaner hinzugezogen, der mit den jeweiligen Leiterinnen und Leitern von Schulen und Kitas die Zimmer in Augenschein nimmt und dann Empfehlungen abgibt.
In der Debatte, die der Stadtrat diesmal deutlich ruhiger führte als bei der vorangegangenen Sitzung, betonten verschiedene Rednerinnen und Redner, dass zügig etwas passieren müsse. Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger (CSU) sagte aber: „Was wir auch entscheiden, eine Garantie für Präsenzunterricht kann von uns nicht gegeben werden.“Krämer betonte, vordringlich seien erst mal kurzfristige Maßnahmen. Roland Prißnitz (FWG) hatte das Gefühl, „wir diskutieren zu viel. Wir müssen jetzt handeln und den Eltern Sicherheit geben“. Zweifel daran, ob die Ventilatoren „so funktionieren“, formulierte sein Fraktionskollege Andreas Schuler. Ulrich Schäufele (SPD) befürchtete einige Nachteile bei den Ventilatoren, etwa, dass die Klassentüren offenstehen müssen, um für Frischluft zu sorgen. Karlmartin Wöhner (Bürgerliste) sprach sich zwar auch für schnelles Handeln aus, meinte aber, im Winter werde gut gewärmte Luft aus den Zimmern nach draußen transportiert und kühle angesagt, die wieder erwärmt werden müsse: „Was das kostet!“Ralph Seiffert, Dezernatsleiter für Bildung, Kultur, Sport und Soziales hielt dagegen: „Alle unsere Maßnahmen werden Energie verbrauchen. Es wird nichts geben, was keine Belastungen mit sich bringt. Alles, was wir tun, ist ein Kompromiss.“