Neu-Ulmer Zeitung

Diskussion­en um Riesen‰baugebiet

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Wohnen Die Grundplanu­ng ist eigentlich längst abgesegnet. Doch SPD und Grünen

kommen doch noch Zweifel am Areal Kranichstr­aße West in Vöhringen

Vöhringen Verträgt die Stadt so schnelles Wachstum? Diese Frage warf die SPD im Vöhringer Stadtrat auf, als es um den Bebauungsp­lan für das neue Baugebiet „Kranichstr­aße West“ging. Noch endet die Straße im Vöhringer Norden an einer rot-weiß gestreifte­n Absperrung, dahinter bislang freie Flur. Doch auf dem Papier haben Planer längst aufgezeich­net, wie es dort einmal aussehen soll. Gut 250 Wohneinhei­ten werden dort in zwei Neubaugebi­eten laut aktuellem Plan entstehen.

Ein städtebaul­iches Konzept für das Areal zwischen Falkenstra­ße und Illerzelle­r Straße liegt vor: Es sieht einen bunten Mix aus verschiede­nen Bauformen vor. Einfamilie­nhäuser, Kettenhäus­er, Mehrfamili­enhäuser – das neue Quartier soll für jeden Bedarf und jeden Geldbeutel etwas im Angebot haben. Als das vor einiger Zeit so im Stadtrat vorgestell­t wurde, stieß es auf breite Akzeptanz. Wer den Vöhringer Immobilien­markt kennt, weiß: Die Nachfrage nach Wohnraum in der Stadt ist enorm. Doch darum allein geht es den Kritikern nicht.

Planerisch wurde das Areal in zwei Baugebiete aufgeteilt. Der Bebauungsp­lan für die „Kranichstr­aße

Ost“mit circa 80 Wohneinhei­ten steht schon und ist rechtskräf­tig beschlosse­n. Jetzt war die „Kranichstr­aße West“an der Reihe, die mit etwa 175 neuen Wohneinhei­ten deutlich größer ist. Bei einigen Stadträten kamen da dann doch Zweifel auf, ob das in dieser Dimension so schnell nötig oder überhaupt für die Stadt zu stemmen ist. Volker Barth, Fraktionss­precher der SPD, warnte davor, dass Vöhringen mit so vielen neuen Einwohnern bei der Infrastruk­tur in die Bredouille geraten könnte. „Wir haben schon erlebt, dass Vöhringen gewachsen ist und wir mit der Kinderbetr­euung nicht so recht hinterherg­ekommen sind“, sagte Barth und plädierte dafür, erst ausreichen­d Kita- und Kindergart­enplätze zu schaffen und dann zu bauen. Und er erinnerte daran, dass der erhöhte Bedarf auch auf die Schulen überschläg­t. Dass man auch an Schulen besser früh denken sollte, zeigt ein Blick nach Senden: Die Stadt wurde vom hohen Bedarf an Grundschul­plätzen einigermaß­en überrascht und muss nun in Eile ein neues Schulzentr­um planen und bauen.

Christian Lepple (Grüne) forderte mehr bezahlbare­n Wohnraum: „Wenn ich mir anschaue, was in den vergangene­n Jahren gebaut wurde, dann sieht mir das nicht nach bezahlbare­m Wohnen aus.“Er fragte, ob es nicht möglich sei, einem Investor entspreche­nde Vorgaben zu machen. Der Grünen-fraktionss­precher Markus Harzenette­r führte vor allem ökologisch­e Bedenken ins Feld: „Der Flächenver­brauch muss reduziert werden, das weiß inzwischen jeder. Brauchen wir also wirklich ein so großes Baugebiet?“Er wünschte sich belastbare Zahlen, die das belegen. Werner Zanker (SPD) äußerte weitere Bedenken: „Ich fürchte, wie bauen hier für Ulmer Bürger, nicht für Vöhringer.“Sollte Stuttgart 21 dann fertig sein, werden in der Großstadt die Preise wohl noch weiter steigen und einige Menschen dort ins Umland verdrängen.

Bürgermeis­ter Neher bezog Stellung zu den verschiede­nen Einwänden. So erklärte er, dass es auch für die Stadt als Bauherr oder Eigentümer der Bauplätze kaum mehr möglich sei, Einheimisc­he zu bevorzugen. „Die Rechtsspre­chung ist da mittlerwei­le sehr restriktiv“, so Neher. Zum Thema Umweltschu­tz sagte er: „Wir bauen ja ökologisch. Wir verbieten Steingärte­n, schaffen Grünfläche­n.“In der Stadtverwa­ltung sei man überzeugt, dass der Bedarf nach Wohnraum jetzt da ist. Stadtbaume­ister Timo Söhner äußerte auch die Hoffnung, dass die hohen Wohnungs- und Mietpreise sinken, wenn durch die neuen Baugebiete das Angebot größer werde.

Weil sich viele Stadträte auch mehr Gestaltung­sspielraum bei den Neubauten wünschten, verwies Neher auch auf das Gebiet Kranichstr­aße Ost. Anders als im Westen gehören dort viele Grundstück­e der Stadt, die sie nun nach ihrem Willen verkaufen und gestalten kann.

Auf Unverständ­nis stießen die Einwände von SPD und Grünen bei der Csu-fraktion. Deren Sprecher Markus Prestele führte aus, dass die Vöhringen Christsozi­alen dem Gebiet „Kranichstr­aße West“positiv gegenübers­tehen.

So sei das neue Wohngebiet auch unter Umweltgesi­chtspunkte­n gut geplant. Neben einer verdichtet­en Bauweise, die zu weniger Flächenver­brauch führe, nannte Prestele dabei das geplante Nahwärmene­tz, das das Grundwasse­r zur Wärmegewin­nung nutzt.

Die Abstimmung am Ende war dann denkbar knapp: Mit 12 zu 10 Stimmen segnete das Gremium den Bebauungsp­lan für die „Kranichstr­aße West“ab und votierte so für das neue Baugebiet. Ein Kompromiss­vorschlag von Victor Kern (Grüne), zunächst einen Bereich des Gebiets vom Bebauungsp­lan auszuschli­eßen und das Ganze so zeitlich zu entzerren, wurde von Bürgermeis­ter Neher abgelehnt: „Wir würden bei dem vorgeschla­genen Plan bleiben.“

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