Diskussionen um Riesenbaugebiet
Wohnen Die Grundplanung ist eigentlich längst abgesegnet. Doch SPD und Grünen
kommen doch noch Zweifel am Areal Kranichstraße West in Vöhringen
Vöhringen Verträgt die Stadt so schnelles Wachstum? Diese Frage warf die SPD im Vöhringer Stadtrat auf, als es um den Bebauungsplan für das neue Baugebiet „Kranichstraße West“ging. Noch endet die Straße im Vöhringer Norden an einer rot-weiß gestreiften Absperrung, dahinter bislang freie Flur. Doch auf dem Papier haben Planer längst aufgezeichnet, wie es dort einmal aussehen soll. Gut 250 Wohneinheiten werden dort in zwei Neubaugebieten laut aktuellem Plan entstehen.
Ein städtebauliches Konzept für das Areal zwischen Falkenstraße und Illerzeller Straße liegt vor: Es sieht einen bunten Mix aus verschiedenen Bauformen vor. Einfamilienhäuser, Kettenhäuser, Mehrfamilienhäuser – das neue Quartier soll für jeden Bedarf und jeden Geldbeutel etwas im Angebot haben. Als das vor einiger Zeit so im Stadtrat vorgestellt wurde, stieß es auf breite Akzeptanz. Wer den Vöhringer Immobilienmarkt kennt, weiß: Die Nachfrage nach Wohnraum in der Stadt ist enorm. Doch darum allein geht es den Kritikern nicht.
Planerisch wurde das Areal in zwei Baugebiete aufgeteilt. Der Bebauungsplan für die „Kranichstraße
Ost“mit circa 80 Wohneinheiten steht schon und ist rechtskräftig beschlossen. Jetzt war die „Kranichstraße West“an der Reihe, die mit etwa 175 neuen Wohneinheiten deutlich größer ist. Bei einigen Stadträten kamen da dann doch Zweifel auf, ob das in dieser Dimension so schnell nötig oder überhaupt für die Stadt zu stemmen ist. Volker Barth, Fraktionssprecher der SPD, warnte davor, dass Vöhringen mit so vielen neuen Einwohnern bei der Infrastruktur in die Bredouille geraten könnte. „Wir haben schon erlebt, dass Vöhringen gewachsen ist und wir mit der Kinderbetreuung nicht so recht hinterhergekommen sind“, sagte Barth und plädierte dafür, erst ausreichend Kita- und Kindergartenplätze zu schaffen und dann zu bauen. Und er erinnerte daran, dass der erhöhte Bedarf auch auf die Schulen überschlägt. Dass man auch an Schulen besser früh denken sollte, zeigt ein Blick nach Senden: Die Stadt wurde vom hohen Bedarf an Grundschulplätzen einigermaßen überrascht und muss nun in Eile ein neues Schulzentrum planen und bauen.
Christian Lepple (Grüne) forderte mehr bezahlbaren Wohnraum: „Wenn ich mir anschaue, was in den vergangenen Jahren gebaut wurde, dann sieht mir das nicht nach bezahlbarem Wohnen aus.“Er fragte, ob es nicht möglich sei, einem Investor entsprechende Vorgaben zu machen. Der Grünen-fraktionssprecher Markus Harzenetter führte vor allem ökologische Bedenken ins Feld: „Der Flächenverbrauch muss reduziert werden, das weiß inzwischen jeder. Brauchen wir also wirklich ein so großes Baugebiet?“Er wünschte sich belastbare Zahlen, die das belegen. Werner Zanker (SPD) äußerte weitere Bedenken: „Ich fürchte, wie bauen hier für Ulmer Bürger, nicht für Vöhringer.“Sollte Stuttgart 21 dann fertig sein, werden in der Großstadt die Preise wohl noch weiter steigen und einige Menschen dort ins Umland verdrängen.
Bürgermeister Neher bezog Stellung zu den verschiedenen Einwänden. So erklärte er, dass es auch für die Stadt als Bauherr oder Eigentümer der Bauplätze kaum mehr möglich sei, Einheimische zu bevorzugen. „Die Rechtssprechung ist da mittlerweile sehr restriktiv“, so Neher. Zum Thema Umweltschutz sagte er: „Wir bauen ja ökologisch. Wir verbieten Steingärten, schaffen Grünflächen.“In der Stadtverwaltung sei man überzeugt, dass der Bedarf nach Wohnraum jetzt da ist. Stadtbaumeister Timo Söhner äußerte auch die Hoffnung, dass die hohen Wohnungs- und Mietpreise sinken, wenn durch die neuen Baugebiete das Angebot größer werde.
Weil sich viele Stadträte auch mehr Gestaltungsspielraum bei den Neubauten wünschten, verwies Neher auch auf das Gebiet Kranichstraße Ost. Anders als im Westen gehören dort viele Grundstücke der Stadt, die sie nun nach ihrem Willen verkaufen und gestalten kann.
Auf Unverständnis stießen die Einwände von SPD und Grünen bei der Csu-fraktion. Deren Sprecher Markus Prestele führte aus, dass die Vöhringen Christsozialen dem Gebiet „Kranichstraße West“positiv gegenüberstehen.
So sei das neue Wohngebiet auch unter Umweltgesichtspunkten gut geplant. Neben einer verdichteten Bauweise, die zu weniger Flächenverbrauch führe, nannte Prestele dabei das geplante Nahwärmenetz, das das Grundwasser zur Wärmegewinnung nutzt.
Die Abstimmung am Ende war dann denkbar knapp: Mit 12 zu 10 Stimmen segnete das Gremium den Bebauungsplan für die „Kranichstraße West“ab und votierte so für das neue Baugebiet. Ein Kompromissvorschlag von Victor Kern (Grüne), zunächst einen Bereich des Gebiets vom Bebauungsplan auszuschließen und das Ganze so zeitlich zu entzerren, wurde von Bürgermeister Neher abgelehnt: „Wir würden bei dem vorgeschlagenen Plan bleiben.“