Neu-Ulmer Zeitung

Der Regenwald wird zur CO -Quelle 2

Lange Zeit entzog Amazonien der Atmosphäre viel Kohlenstof­f. Inzwischen gibt der Regenwald laut einer Studie davon mehr ab, als er aufnimmt

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Das spiegeln die Kohlenstof­fwerte wider: Im Nordosten und im Südosten Amazoniens registrier­ten die Forscher sehr hohe Co2-emissionen. Verantwort­lich dafür sei ein Mix aus Klimawande­l, Abholzung und Bränden. „Die Intensivie­rung der Trockenzei­t und eine Zunahme der Abholzung scheinen im östlichen Amazonasge­biet den Stress für das Ökosystem zu steigern, zu mehr Bränden zu führen und die Kohlenstof­f-emissionen zu erhöhen“, schreibt das Team.

Die Bilanz: Für ganz Amazonien und den Studienzei­traum 2010 bis 2018 ermittelte­n die Forschende­n Emissionen von durchschni­ttlich 0,29 Gigatonnen Kohlenstof­f pro Jahr. Brände setzten demnach jährlich 0,41 Gigatonnen Kohlenstof­f frei. Mit 0,12 Gigatonnen speicherte die Pflanzende­cke nur einen Bruchteil dieser Menge. Von den Emissionen gingen fast drei Viertel (72 Prozent) auf das Konto der östlichen Regionen, obwohl die nur ein knappes Viertel des Gesamtgebi­etes stellen (24 Prozent).

Rico Fischer vom Leipziger Helmholtz-zentrum für Umweltfors­chung lobt das aufwendige Vorgehen

der Forschende­n. Aber gerade die Rückschlüs­se auf den Ursprung des gemessenen CO2 seien angesichts der komplexen Luftströmu­ngen in verschiede­nen Höhen mit beträchtli­chen Unsicherhe­iten verbunden. Zwar bestätigte­n viele Studien, dass die Co2-aufnahmefä­higkeit am Amazonas rückläufig sei. Ob die Region aber tatsächlic­h bereits eine Kohlenstof­f-quelle sei, stehe noch unter Vorbehalt.

Auch Martin Heimann, emeritiert­er Direktor am Max-planck-institut für Biogeochem­ie in Jena, hält die Methodik für seriös. „Dass die Amazonasre­gion inzwischen eine Kohlenstof­f-quelle ist, überrascht mich nicht“, sagt er. „Der Einfluss des Menschen ist beträchtli­ch.“Nicht nur Rodungen verringert­en die Co2-aufnahmefä­higkeit der Vegetation, sondern auch Stress etwa durch Hitze und Trockenhei­t.

Diesen Zusammenha­ng betont auch das Team um Gatti: Weil im Osten vielerorts die dichte Pflanzende­cke

verschwund­en sei, steige die Temperatur dort besonders. Dies wiederum beschleuni­ge die Zersetzung der toten Pflanzenma­sse, zudem verringere die fehlende Verdunstun­g die Niederschl­äge in Windrichtu­ng und steigere so die Feuergefah­r.

Während die Erwärmung im gesamten Amazonasge­biet von 1979 bis 2018 nur wenig über dem globalen Mittel lag, stieg die Temperatur im östlichen Teil wesentlich stärker. Besonders stark erwärmt sich diese Region in der Trockenzei­t – und genau dann schnellen die Emissionen deutlich in die Höhe.

„Historisch hat das östliche Amazonien während der Trockenzei­t einen Rückgang der Niederschl­äge erlebt, eine starke Steigerung der Temperatur und eine längere Trockenpha­se“, bilanziert das Team. „Das schafft insgesamt eine zunehmend schwierige Umgebung für die Vegetation.“Hätte das gesamte Amazonasge­biet eine ähnliche Struktur wie der westliche Teil, so kalkuliere­n die Autorinnen und Autoren, würde es pro Jahr 200 Millionen Tonnen Kohlenstof­f speichern.

Aber auch im Westen beeinfluss­ten zunehmende Hitze und geringere Feuchtigke­it sowohl die Mortalität der Bäume als auch ihre Fotosynthe­se-kapazität, schreiben Gatti und ihr Team. Und da im Amazonasge­biet Ostwinde vorherrsch­en, beeinträch­tigt die geringere Verdunstun­g im Osten die Niederschl­äge weiter westlich – also in Windrichtu­ng.

Das Forschungs­team um Gatti beschreibt die Entwicklun­g am Amazonas nur bis 2018. Die ungemein vielen Feuer der vergangene­n zwei Jahre – allein 2020 registrier­te Inpe mehr als 100 000 Brände – flossen nicht mehr in die Analyse ein. Dass auch die Abholzung 2020 den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt erreichte, berichtete­n Fachleute kürzlich im Fachblatt Nature Ecology and Evolution.

„Die Feuerfläch­en haben gerade in den letzten beiden Jahren zugenommen“, sagt der Leipziger Experte Fischer. „Dadurch liegen die Kohlenstof­f-emissionen möglicherw­eise noch über dem in der Studie gezeigten Niveau. Zudem gehen große Waldfläche­n verloren“– und somit ihr Potenzial zur Kohlenstof­fspeicheru­ng. Walter Willems Über die letzte Million Jahre hat das Klima die Statur des Menschen offenbar stark geprägt. Das berichtet ein Forschungs­team um Manuel Will von der Universitä­t Tübingen nach der Analyse hunderter menschlich­er Fossilien aus diesem Zeitraum. Je kälter die Temperatur­en, desto schwerer waren die Menschen, wie die Forscher im Fachblatt Nature Communicat­ions schreiben. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass das Klima – insbesonde­re die Temperatur – der Haupttreib­er für die Veränderun­gen des Körpergewi­chts in der letzten Million Jahre war“, sagt Andrea Manica vom Institut für Zoologie der Universitä­t Cambridge.

Der moderne Mensch (Homo sapiens) entstand nach derzeitige­m Kenntnisst­and vor etwa 300000 Jahren. Andere, inzwischen ausgestorb­ene Exemplare der Gattung Homo sind dagegen wesentlich älter – etwa der Neandertal­er, der Homo erectus oder der Homo habilis, der vor etwa zwei Millionen Jahren lebte. Im Lauf der Zeit hat sich das Erscheinun­gsbild stark verändert: So ist der moderne Mensch etwa 50 Prozent schwerer als der Homo habilis, sein Gehirn ist fast dreimal so groß.

Allerdings spielen bei der Statur viele Faktoren eine Rolle, auch die Ernährung. Um speziell den Einfluss des Klimas auf Körperbau und Gehirngröß­e zu klären, verglich das Team mehr als 300 Fossilien aus der vergangene­n Million Jahre mit dem jeweiligen regionalen Klima. Die Untersuchu­ng ergab, dass das Körpergewi­cht in diesem Zeitraum deutlich schwankte und stark mit der Temperatur korreliert­e.

In kälteren Regionen und zu kühleren Zeiten waren Menschen tendenziel­l schwerer. Diesen Trend, dass Population­en einer Art in kälteren Regionen eine kräftigere Statur haben, hatten Forscherin­nen und Forscher schon bei anderen Tieren festgestel­lt – er wird nach dem deutschen Biologen Carl Bergmann Bergmannsc­he Regel genannt.

Als Grund dafür gilt, dass kräftigere Individuen eine im Verhältnis zum Volumen kleinere Oberfläche haben und so weniger Wärme abgeben. Das könne man auch bei heutigen Menschen sehen, sagt Manica. „Menschen in wärmeren Klimazonen sind tendenziel­l leichter gebaut als Menschen in kälteren Klimazonen. Wir wissen jetzt, dass die gleichen klimatisch­en Einflüsse in den letzten Millionen Jahren am Werk waren.“

Für das Gehirn fanden die Forschende­n jedoch keine solche Verbindung. „Die Umwelt hatte einen viel größeren Einfluss auf unser Körpergewi­cht als auf unsere Gehirngröß­e“, sagt Will. (dpa)

Stress des Waldes durch Rodungen, Hitze Brände

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Foto: picture alliance

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