Wird der Weihnachtsmarkt in Ulm eingezäunt?
Pandemie Dass der Ulmer Budenzauber dieses Jahr stattfindet, ist sicher. Nur wie genau die Großveranstaltung in Corona-zeiten ablaufen kann, ist noch unklar. Einiges ist denkbar – doch hitzige Diskussionen stehen wohl bevor
Ulm Die ersten Flyer und Plakate für den kommenden Ulmer Weihnachtsmarkt sind gedruckt. „Bald ist wieder die Zeit, in der warmer Wein besser schmeckt“, steht auf einer Variante. Dem Organisationsteam der Ulmer Messe, Geschäftsführer Jürgen Eilts und der Weihnachtsmarktverantwortlichen Simone Huber, stehen bis zur Eröffnung am Montag, 22. November, stressige Zeiten bevor. Denn erst wenn die Landesregierung eine wasserdichte Corona-verordnung, die auf Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte gemünzt ist, veröffentlicht, können Eilts und Huber planen. „Die Zeit ist knapp“, sagt Eilts. Der Aufbau müsse in der zweiten Novemberwoche beginnen. Bis Klarheit herrscht, wird beim Veranstalter, der Ulmer Messe, von zwei möglichen Szenarien ausgegangen. Nachdem unstrittig ist, dass eine Maskenpflicht samt Kontaktdatenerfassung seitens des Landes vorgeschrieben wird, sind das die Möglichkeiten.
Szenario Eins: Die komplette Einzäunung des Weihnachtsmarktgeländes. Hierfür müsste der komplette Münsterplatz abgesperrt werden. Technisch kein Problem. „Wie beim Schwörkonzert“, sagt Eilts. Nur mit dem Unterschied, dass für den Einlass kein Eintrittspreis erhoben wird, sondern die 2- oder 3G-regel gilt. Also geimpft, getestet oder genesen muss man sein. Das Problem: Einlasskontrollen könnten zu Wartezeiten führen. Außerdem wird für die mindestens zwei – eher mehr – Eingänge auch Personal benötigt, das die Kontaktdaten erfasst. Oder im Falle einer digitalen Erfassung kontrolliert, ob auch wirklich eingecheckt wurde. Zudem bräuchte es Notausgänge, die auch wieder mit Personal besetzt sein müssten. „Das könnte sehr teuer werden“, sagt Eilts.
Zudem müsste der Zugang in das Ulmer Münster immer frei zugänglich bleiben, was den Aufbau erschwere. Weiteres Problem: Durch die Absperrungen würden mehr Rückseiten des Weihnachtsmarkts entstehen, was möglicherweise weniger Stände auf dem begrenzten Gelände zur Folge hätte. Zumal auch der Ulmer Wochenmarkt an gewissen Tagen in der Innenstadt untergebracht werden muss.
Szenario Zwei: Auch hier würde, je nach Warnstufe, die 3- oder 2-G-regel gelten. Aber lediglich an bestimmten Orten innerhalb des Weihnachtsmarkts. In einem Papier des Deutschen Städtetags ist die Rede von Essens- und Getränkeständen mit Waren für den sofortigen Verzehr sowie Orten auf dem Markt, die zum Verweilen einladen. Also musikalische Darbietungen, Karussells oder Glasbläserhütten. Der Städtetag denkt hier an einen
„sichtbaren Nachweis“der Kontrolle nach den 2- oder 3-G-regeln. Etwa ein Bändel am Handgelenk wie auf einem Konzert oder All-inclusive-hotel. Die jeweiligen Anbieter müssten sich diesen Nachweis dann vor der Bestellung oder eines Glühweins oder einer Bratwurst den Bändel zeigen lassen. Das heißt: ohne Bändel, kein Glühwein. Für Eilts als Geschäftsführer des Veranstalters ein wichtiges Thema: „Wir stehen schließlich in der Verantwortung.“
Eilts sieht hier gewaltiges Konfliktpotenzial. Etwa wenn sich andere Besucher mit einem bändellosen Glühweinfan solidarisieren, weil er kein Heißgetränk ausgeschenkt bekommt. Zudem sei es „sehr schwierig“für die Standbetreiber potenzielle Kunden abweisen zu müssen.
wäre es wohl nur eine Frage der Zeit, bis von einer Stigmatisierung der Ungeimpften die Rede ist und sich in der Folge ein mit Aggressionen aufgeladenes Thema in der Adventsstimmung nieder lässt.
Zudem sieht Eilts bei der Bändellösung ein logistisches Problem. Wenn nach Veröffentlichung der endgültigen Weihnachtsmarkt-corona-verordnung Mitte Oktober plötzlich alle Weihnachtsmärkte im Land eine halbe Million Bändel bestellen, könnte es eng werden. Zumal ja für jeden Tag eine andere Farbe gewählt werden müsste.
Huber und Eilts stehen mit sämtlichen Standbetreibern in Kontakt. Bisher gebe es keine Händler, die eine Teilnahme von der Coronaverordnung abhängig machen. „Alle freuen sich wieder auf einen halbwegs normalen Weihnachtsmarkt.“100 Zusagen habe die Ulmmesse verteilt. Ob es wie üblich 130 Stände werden, hängt von der Verordnung ab. Eine Einzäunung des Münsterplatzes würde nämlich weniger Platz für die festlich geschmückten Buden lassen.
Die Beschicker würden zudem ganz andere Sorgen plagen. Denn niemand könne derzeit verlässlich sagen, wie viele Menschen so ein Weihnachtsmarkt in Corona-zeiten anziehe. Erstens, weil sich vielleicht Menschen von den 3-Regeln abschrecken lassen. Und zweitens, weil potenzielle Besucher wegen Corona derartigen Massenveranstaltungen möglicherweise skeptisch gegenüber stehen.
In normalen Jahren haben etwa eine Million Menschen den Weihzudem nachtsmarkt in Ulm besucht, was etwa 30.000 Menschen pro Tag entspricht. Auch weil sich bereits abzeichne, dass weniger Busreisen mit dem Tagesziel Weihnachtsmarkt Ulm veranstaltet werden, ist diese Zahl kaum zu erreichen. Was die Planung der Vorräte unmöglich macht. Gelassenheit ist hier von Nöten: „Wir nehmen es wie es kommt. Alles andere hilft ja nicht“, sagt die Illertisserin Gabriele Hirschberg, deren Familie seit 35 Jahren Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt verkauft. Mal mehr, mal weniger. Dieses Jahr wohl eher etwas weniger.
Öffnungszeiten Der Weihnachts markt in Ulm eröffnet am Montag, 22. November. Schluss ist am Mittwoch, 22. Dezember.