Wie Flixbus die Usikone Greyhound kaufen kann
Übernahmen Kein Busunternehmen ist weltweit so bekannt wie die amerikanische Traditionsfirma Greyhound. Doch Hollywood-glanz und Fernweh-romantik sind längst verblichen. Jetzt übernehmen die jungen Münchner das Steuer
München Die einst silbernen Greyhound-busse mit dem Windhundlogo wirken auf deutsche Augen als eine uramerikanische Ikone aus unzähligen Abschiedsszenen in Hollywood-filmen. „Unsere Ambition ist, dass man irgendwann in den Hollywood-filmen Flixbusse sieht“, sagte der Flixbus-chef André Schwämmlein vor gut einer Woche der Frankfurter Allgemeinen, als sich ein Deal ankündigte, der jetzt perfekt ist: Das Münchner Start-up übernimmt das Us-traditionsunternehmen. Doch mit Hollywoodglanz und Fernweh-romantik hat das Geschäft nichts zu tun. Im Gegenteil: Greyhound leidet im wirklichen Leben in den USA unter einem ebenso schlechten Image, wie miserablen Geschäft.
Der Fernbusanbieter war schon vor der Pandemie im Niedergang. Seit Jahrzehnten kämpft das Unternehmen gegen seinen miesen Ruf. Bei Amerikanern der Mittelklasse gilt Greyhound als Arme-leuteverkehrsmittel. Viele machen bewusst einen Bogen um heruntergekommenen Busbahnhöfe, die in vielen Städten als zweifelhafte soziale Brennpunkt gelten. Mehrmals musste Greyhound Konkurs anmel
Ungepflegte Fahrzeuge und stinkende Bordtoiletten brachten Greyhound den Spitznamen „Hellhound“ein. Wer nicht das eigene Auto nimmt, fliegt in den USA lieber mit dem Flugzeug zwischen großen Städten. Vor knapp 15 Jahren kaufte der britische Transportkonzern Firstgroup den Sanierungsfall Greyhound und übernahm dessen damaligen Mutterkonzern Laidlaw für 3,6 Milliarden Dollar. Das Hauptinteresse der Briten galt aber dem profitablen Schulbusverkehr der Konzernmutter.
Greyhound, dessen 1250 Busse in den weiten ländlichen Teilen der USA die einzige Alternative zum Auto als Verkehrsmittel sind, traf die Pandemie besonders hart. Im Pandemiejahr 2020 fuhr Greyhound 15 Millionen Dollar Betriebsverlust ein, in diesem Jahr liefen weitere zwölf Millionen Miese auf. Der Umsatz brach um mehr als die Hälfte auf 422 Millionen Dollar ein, die Zahl der Passagiere sank um drei Viertel. Im Mai stellte der britische Mutterkonzern den Greyhound-betrieb in Kanada nach über 90 Jahren komplett ein und entließ alle 400 Busfahrerinnen und -fahrer.
Nun soll die Rettung aus München kommen. Flixbus rollt seit sechs Jahren den öffentlichen Fernverkehr in Deutschland auf. Die drei Freunde André Schwämmlein, Jochen Engert und Daniel Krauss gründeten das Unternehmen vor neun Jahren, kurz bevor 2013 das seit der Vorkriegszeit geltende Bahn-monopol fiel, das die Schiene vor einem Buslinienfernverkehr schützte. Mit Bussen hatten die drei Start-up-gründer davor nichts zu tun, bis heute besitzt keiner von ihnen einen Bus-führerschein. Die drei kamen aus der It-szene.
Die jungen Gründer machten mit einem geschickten Online-buchungssystem, digital analysierten Routen, attraktiven Service und vor allem mit einem extremen Billigden. preiswettbewerb nach und nach ihre wichtigsten Konkurrenten platt und eroberten den neuen Markt. Nach einem für Wettbewerber wie ADAC, Post und Deutsche Bahn ruinösen Preiskampf und diversen Übernahmen kletterte der Flixbusmarktanteil in Deutschland auf über 90 Prozent zu einem Fast-monopol.
Das Besondere an Flixbus: Das Unternehmen besaß vor dem Greyhound Deal keinen einzigen Reisebus. Es dient als Mobilitätsplattform und ist Vertriebs- und Lizenzpartner für unzählige private Busunternehmen, die ihre Fahrzeuge im Flixbus-design über das Land steuern. Nur einen einzigen alten Bus hat der Konzern in einer Garage stehen, verriet Firmenchef Daniel Krauss: „Wenn du als Busunternehmen anerkannt sein willst, musst du in Deutschland einen Bus haben.“
Hinter der Flixbus-mutter Flixmobilty stehen seit langem auch globale Finanzinvestoren wie Permira, General Atlantic oder Silver Lake. Im Juni sammelte Flixmobilty weitere Investorengelder von 650 Millionen Dollar ein, unter anderem um den Einstieg ins Bahngeschäft mit Flixtrain zu finanzieren. Für den Greyhound-deal zahlten die Münchner 172 Millionen Dollar.
Ob der Konzern nun die eigenen Busse und tausende Busfahrer behält oder in eine Gesellschaft ausgründet, war zunächst unklar. Zum Marktführer in den USA ist Flixbus durch den Deal mit einem Schlag aufgestiegen. Nun wollen die Münchner das Us-netz insbesondere mit deutlich attraktiveren Haltestellen, Fahrplänen und Service auf junge Zielgruppen ausrichten und optimieren. Die große Frage ist, ob Flixbus als nächstes Ziel die Börse ansteuert. „Ich würde nie Optionen ausschließen“, sagte Flixmobiltychef Schwämmlein. Doch auf dem internen Fahrplan steht dies seinen Angaben nicht. „Wir bereiten nichts vor in diesem Sinne.“