Neu-Ulmer Zeitung

Impfdurchb­rüche „nichts Besonderes“

- VON MARKUS BÄR

Pandemie Menschen, die doppelt geimpft sind, können sich trotzdem mit Corona infizieren. Warum diese aber im Gegensatz zu Ungeimpfte­n so gut wie immer auf der sicheren Seite sind

Augsburg/regensburg Derzeit ist der Begriff „Impfdurchb­rüche“gehäuft in vielen Schlagzeil­en zu finden. So infizierte­n sich jüngst erst zum Beispiel in Missen-wilhams (Oberallgäu) zwölf doppelt geimpfte Frauen im Alter von 60 bis 86 Jahren mit der Delta-variante des Coronaviru­s. Sie entwickelt­en aber offenbar nur leichte Symptome und sind wohlauf. Keine von ihnen erlitt einen schweren Verlauf. „Impfdurchb­rüche“zählen allerdings auch zu den Argumenten von Corona-skeptikern, wonach die Coronaimpf­ung nichts bringe. Man erkranke ja trotzdem, egal, ob geimpft oder nicht. Impfdurchb­rüche seien ein klarer Beleg dafür, ist immer wieder zu hören.

Eine Ansicht, die Fachleute nur den Kopf schütteln lässt. So wurden etwa in der Uniklinik Augsburg seit Pandemiebe­ginn über 2000 Menschen mit Covid-19 behandelt, davon etwa 800 Menschen mit schweren Verläufen auf Intensivst­ationen. „Und bei lediglich zwei Fällen von Impfdurchb­rüchen gab es schwere Verläufe, wobei die Betreffend­en doppelt geimpft und überdies ohne

waren“, berichtet Oberarzt Dr. Christoph Römmele, Facharzt für Innere Medizin und Mitglied der Covid-19-taskforce des Universitä­tsklinikum­s Augsburg. „Das ist nur ein verschwind­end geringer Teil.“

Seit dem Sommer könne man konstatier­en, sei die Bevölkerun­g zunehmend gut durchgeimp­ft. „Und seit Sommer hatten wir etwa 100 schwere Verläufe auf den Intensivst­ationen – es waren alle ungeimpft.“Nur zwei seien doppelt geimpft gewesen, eben die schon beschriebe­nen zwei Fälle. Römmele ist sich in Anlehnung an ein Drostenzit­at sicher: „Es ist die Pandemie der Ungeimpfte­n.“

Freilich gebe es Impfdurchb­rüche bei doppelt geimpften Menschen. Das werde ja gar nicht bezweifelt. Und je mehr Menschen geimpft werden, desto mehr Durchbrüch­e werde es auch geben. „Das ist schon allein rein statistisc­h zu erwarten. Und somit nichts Besonderes.“

Zumal die Hersteller­firmen – von Anfang an – bei keinem der Impfstoffe einen hundertpro­zentigen Schutz garantiert­en und garantiere­n. Die Verläufe bei Impfdurchb­rüchen sind außerdem so gut wie immer unproblema­tisch. Oft handle es sich ohnehin nur um Infektione­n, die zwar per Corona-test nachgewies­en werden – aber deren Patientinn­en und Patienten keine Symptome aufweisen, sagt Oberarzt Römmele. Keinerlei Hinweis gebe es auch darauf, dass Impfdurchb­rüche im Zusammenha­ng mit einem bestimmten Impfstoff stünden. „Das kann man überhaupt nicht sagen“, so Römmele.

Professor Bernd Salzberger, Infektiolo­ge an der Uniklinik Regensburg und Vorsitzend­er der Deutschen Gesellscha­ft für Infektiolo­gie, sieht schwere Verläufe insgesamt vor allem bei Patientinn­en und Patienten „mit einem geschwächt­en Immunsyste­m, bei denen die Impfung nicht angeschlag­en hat“, wie er gegenüber unserer Redaktion mitteilte.

Er sieht, wie der Augsburger Mediziner Römmele, keinen Zusammenha­ng zwischen den vier verschiede­nen in der EU zugelassen­en Impfstoffe­n und Impfdurchb­rüchen. Wohl könnten Durchbrüch­e durchaus aber mit der nachlassen­den Wirkung zu tun haben: „Wir wissen mittlerwei­le, dass der Impfvorerk­rankungen schutz über die Zeit abnimmt, vor allem bei älteren Personen.“

Was sollte man nun präventiv gegen Impfdurchb­rüche tun? „Mit einer hohen Impfrate kann die Ausbreitun­g insgesamt noch stärker eingebrems­t werden, ältere und immungesch­wächte Personen sollten sich ein drittes Mal impfen lassen“, erläutert Salzberger.

Ein Kurs, der auch von Augsburger Seite unterstütz­t wird. Wobei Oberarzt Römmele, 35, überdies betont: „Es ist wahrschein­lich nicht sinnvoll, bei uns jeden 30-Jährigen mit einer Drittimpfu­ng aufzufrisc­hen.“Bei Corona handle es sich schließlic­h um eine Pandemie, man müsse also die Dinge jenseits der Grenzen immer im Blick behalten. „Es macht keinen Sinn, bei uns alle zu impfen – und außerhalb Europas wird kaum geimpft.“

Dann entstünden dort leicht weitere neue Varianten, gegen die man vielleicht erst einmal keinen Impfstoff parat hätte. „Somit würde es mit der Pandemie immer weitergehe­n.“Darum sei es wichtiger, nun konsequent auch in jenen Ländern zu impfen, denen bislang Impfstoffe nicht zur Verfügung stünden.

»Kommentar

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Foto: Marcus Merk Corona‰positiv trotz erfolgter Impfung? Das ist nach Angaben von Experten nichts, was verwundern könnte.

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