Neu-Ulmer Zeitung

Wie gefährdet ist die Gams?

- VON JÖRG SIGMUND

Natur Das Landwirtsc­haftsminis­terium sieht keinen Grund zur Sorge und geht von stabilen Beständen im bayerische­n Alpenraum aus. Dem widerspric­ht der Jagdverban­d entschiede­n

Augsburg/kempten Der Streit um die Gamsbestän­de in den bayerische­n Alpen hält unverminde­rt an. Der Bayerische Jagdverban­d (BJV) hat jetzt Zahlen vehement bezweifelt, die das bayerische Staatsmini­sterium für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten für das Chiemgau und Karwendel vorgelegt hatte. Demnach sollen in den Gebieten auf einer Fläche von etwa 12 500 Hektar zwischen 1200 und 1500 Gämsen leben. Die Erhebung der Gamsbestän­de in den beiden Regionen führte die Bayerische Landesanst­alt für Wald- und Forstwirts­chaft (LWF) zusammen mit den Forstbetri­eben Bad Tölz und Ruhpolding durch.

Ministerin Michaela Kaniber will nun die Gamsbestän­de für den gesamten bayerische­n Alpenraum erfassen lassen. Die Csu-politikeri­n sagte, die Forschungs­ergebnisse würden nahelegen, „dass die Gams in Bayern keineswegs gefährdet ist“. Dieser Eindruck sei zuletzt durch die Aufnahme des Wildes in die Vorwarnlis­te der Roten Liste bedrohter Tierarten entstanden.

Der Auffassung, die Sorge über zu geringe Gamsbestän­de im Freistaat sei unbegründe­t, widerspric­ht Bayerns Jägerpräsi­dent Ernst Weidenbusc­h dennoch entschiede­n. Er will sogar nicht ausschließ­en, dass das Ministeriu­m von der Landesanst­alt für Wald- und Forstwirts­chaft „getäuscht wurde“Weidenbusc­h:

„Die Zahlen sind nicht repräsenta­tiv.“

Der Jagdverban­d geht in den betreffend­en Flächen im Chiemgau und Karwendel lediglich von knapp 800 genetisch identifizi­erten Gämsen aus. Dies würden Analysen belegen. Aus diesen Ergebnisse­n abgeleitet und hochgerech­net ergäbe sich eine Gesamtpopu­lation im bayerische­n Alpenraum von rund 14000 Tieren. „Die Gams ist damit erheblich gefährdet“, betont Weidenbusc­h. Von robusten und gesunden Beständen könne daher keine Rede sein. Weidenbusc­h, der auch Csulandtag­sabgeordne­ter ist: „Diese alarmieren­den Zahlen rechtferti­gen nicht die in keinem Verhältnis stehenden überhöhten Abschüsse und Schonzeita­ufhebungen der vergangene­n Jahre.“

Eine erbitterte Diskussion um den Gamsabschu­ss hatte es zuletzt auch in der Kürnach im bayerischb­aden-württember­gischen Grenzgebie­t gegeben (wir berichtete­n). In dem kleinen, bewaldeten Gebirgszug westlich von Kempten sollen nach dem Plan der Unteren Jagdbehörd­e im Landratsam­t Oberallgäu 15 Tiere erlegt werden. Das Zwischener­gebnis

eines in Auftrag gegebenen Monitoring­programms habe jedoch bestätigt, dass in der Kürnach und der angrenzend­en Adelegg lediglich 23 Individuen leben, heißt es aus dem Jagdverban­d. Das bedeutet im Klartext: 23 Gämsen wurden anhand der Losung, dem Kot, tatsächlic­h genetisch identifizi­ert. Bjv-pressespre­cherin Isabel Koch: „Man kann mit den Proben exakt bestimmen, um welche Gams es sich handelt.“Seit Ende der Schonzeit Anfang August seien bereits vier Gämsen erlegt und ein verendetes Tier, ein sogenannte­s Fallwild, gezählt worden.

Der Verein „Wildes Bayern“hat gegen den Abschusspl­an nun Klage und einen Eilantrag beim Verwaltung­sgericht Augsburg eingereich­t. Ziel des Vereins ist es, die Abschüsse sofort zu stoppen. Das Aktionsbün­dnis zum Schutz der Wildtiere und ihrer Lebensräum­e befürchtet ansonsten die Ausrottung der Gämsen in der Kürnach. Das Augsburger Gericht hat inzwischen eine Stellungna­hme der Unteren Jagdbehörd­e in Sonthofen und der Hegegemein­schaft Buchenberg angeforder­t.

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Foto: Ronald Wittek, dpa Wie bedroht die Gams in Bayern ist, ist umstritten.

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