Wie gefährdet ist die Gams?
Natur Das Landwirtschaftsministerium sieht keinen Grund zur Sorge und geht von stabilen Beständen im bayerischen Alpenraum aus. Dem widerspricht der Jagdverband entschieden
Augsburg/kempten Der Streit um die Gamsbestände in den bayerischen Alpen hält unvermindert an. Der Bayerische Jagdverband (BJV) hat jetzt Zahlen vehement bezweifelt, die das bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für das Chiemgau und Karwendel vorgelegt hatte. Demnach sollen in den Gebieten auf einer Fläche von etwa 12 500 Hektar zwischen 1200 und 1500 Gämsen leben. Die Erhebung der Gamsbestände in den beiden Regionen führte die Bayerische Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) zusammen mit den Forstbetrieben Bad Tölz und Ruhpolding durch.
Ministerin Michaela Kaniber will nun die Gamsbestände für den gesamten bayerischen Alpenraum erfassen lassen. Die Csu-politikerin sagte, die Forschungsergebnisse würden nahelegen, „dass die Gams in Bayern keineswegs gefährdet ist“. Dieser Eindruck sei zuletzt durch die Aufnahme des Wildes in die Vorwarnliste der Roten Liste bedrohter Tierarten entstanden.
Der Auffassung, die Sorge über zu geringe Gamsbestände im Freistaat sei unbegründet, widerspricht Bayerns Jägerpräsident Ernst Weidenbusch dennoch entschieden. Er will sogar nicht ausschließen, dass das Ministerium von der Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft „getäuscht wurde“Weidenbusch:
„Die Zahlen sind nicht repräsentativ.“
Der Jagdverband geht in den betreffenden Flächen im Chiemgau und Karwendel lediglich von knapp 800 genetisch identifizierten Gämsen aus. Dies würden Analysen belegen. Aus diesen Ergebnissen abgeleitet und hochgerechnet ergäbe sich eine Gesamtpopulation im bayerischen Alpenraum von rund 14000 Tieren. „Die Gams ist damit erheblich gefährdet“, betont Weidenbusch. Von robusten und gesunden Beständen könne daher keine Rede sein. Weidenbusch, der auch Csulandtagsabgeordneter ist: „Diese alarmierenden Zahlen rechtfertigen nicht die in keinem Verhältnis stehenden überhöhten Abschüsse und Schonzeitaufhebungen der vergangenen Jahre.“
Eine erbitterte Diskussion um den Gamsabschuss hatte es zuletzt auch in der Kürnach im bayerischbaden-württembergischen Grenzgebiet gegeben (wir berichteten). In dem kleinen, bewaldeten Gebirgszug westlich von Kempten sollen nach dem Plan der Unteren Jagdbehörde im Landratsamt Oberallgäu 15 Tiere erlegt werden. Das Zwischenergebnis
eines in Auftrag gegebenen Monitoringprogramms habe jedoch bestätigt, dass in der Kürnach und der angrenzenden Adelegg lediglich 23 Individuen leben, heißt es aus dem Jagdverband. Das bedeutet im Klartext: 23 Gämsen wurden anhand der Losung, dem Kot, tatsächlich genetisch identifiziert. Bjv-pressesprecherin Isabel Koch: „Man kann mit den Proben exakt bestimmen, um welche Gams es sich handelt.“Seit Ende der Schonzeit Anfang August seien bereits vier Gämsen erlegt und ein verendetes Tier, ein sogenanntes Fallwild, gezählt worden.
Der Verein „Wildes Bayern“hat gegen den Abschussplan nun Klage und einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Augsburg eingereicht. Ziel des Vereins ist es, die Abschüsse sofort zu stoppen. Das Aktionsbündnis zum Schutz der Wildtiere und ihrer Lebensräume befürchtet ansonsten die Ausrottung der Gämsen in der Kürnach. Das Augsburger Gericht hat inzwischen eine Stellungnahme der Unteren Jagdbehörde in Sonthofen und der Hegegemeinschaft Buchenberg angefordert.