Neu-Ulmer Zeitung

Was wird aus dem Frauenfußb­all?

- VON OLIVER WOLFF

Bundesliga Um internatio­nal wettbewerb­sfähig zu sein, wollen die deutschen Vereine eine Ausglieder­ung aus dem DFB. Es geht – wenig überrasche­nd – vor allem ums Geld

Augsburg Es rumort bei den Fußballeri­nnen. Gar von einer möglichen Revolution ist die Rede. Der Grund: Die Bundesliga ist innerhalb des Deutschen Fußball-bundes (DFB) organisier­t. Weil sich die Frauenabte­ilungen der Vereine im Vergleich zum Männerfußb­all stiefmütte­rlich behandelt fühlen, wollen sie sich unabhängig machen und treiben daher eine Ausglieder­ung voran. Die Klubs verspreche­n sich von diesem Schritt vor allem neue Vermarktun­gsmöglichk­eiten.

Frauenfußb­all boomt – und das trotz der Pandemie. Die zwölf Teams der deutschen Bundesliga haben zuletzt mit 13,25 Millionen Euro einen Umsatzreko­rd erzielt. Die Spiele werden im Fernsehen übertragen, sowohl im Free-tv im Sender Eurosport als auch im Bezahlfern­sehen auf Magentaspo­rt. „Das ist ein sehr interessan­ter Markt“, sagt Christian Seifert, Chef der Deutschen Fußball-liga (DFL).

Im internatio­nalen Vergleich sind die meisten deutschen Vereine jedoch abgehängt. Die Uefa hebt nun die Prämien in der Champions League

der Frauen deutlich an. Mit insgesamt 24 Millionen Euro steht künftig viermal so viel Geld zur Verfügung. Das freut die drei deutschen vertretene­n Vereine VFL Wolfsburg, FC Bayern München und TSG Hoffenheim. Die Startprämi­e in der Gruppenpha­se beträgt bereits 400000 Euro. In dieser Größenordn­ung bewegt sich zum Beispiel der gesamte Jahresetat der Frauenabte­ilung des Bundesligi­sten FC Carl Zeiss Jena.

Tim Ströbel ist Professor für Marketing & Sportmanag­ement an der Universitä­t Bayreuth. Er hält eine mögliche Ausglieder­ung der Bundesliga aus dem DFB für einen logischen Schritt. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt er: „Die wirtschaft­liche Entwicklun­g des Frauenfußb­alls geht seit einigen Jahren steil nach oben, das zeigt sich am gestiegene­n Interesse von Sponsoren und Medien.“

Die Profession­alisierung im Frauenfußb­all entspreche dem Zeitgeist, sagt Ströbel. „Geschlecht­ergerechti­gkeit ist ein gesellscha­ftlich relevantes Thema, das zum Beispiel auch für Sponsoren immer wichtiger wird.“Die zuletzt gestiegene Berichters­tattung der Presse spreche ein breiteres Publikum an, das erzeuge wiederum mehr Interesse bei Zuschaueri­nnen und Zuschauern sowie bei Sponsoren, erklärt Ströbel. „Weiteres Wachstum erfordert aber auch eine Weiterentw­icklung in den Strukturen.“In der DFL zum Beispiel könnte es die nötigen

Strukturen bei der Vermarktun­g der Frauen-bundesliga geben, sagt Ströbel.

Auch Bayern-präsident Herbert Hainer hält es für nötig, den Frauenfußb­all aus dem DFB auszuglied­ern. Hainer rät allerdings davon ab, ihn unter dem Dach der DFL zu organisier­en. „Der Fokus der DFL liege auf dem Männerfußb­all“, sagte der 67-Jährige der Süddeutsch­en Zeitung. Seine Präferenz sei es, „den Frauenfußb­all separat zu organisier­en, in welcher Form auch immer.

Hainer hat die englische Liga als Vorbild. Er sagt: „Heute spielen die Frauen dort vor 20000 Zuschauern, die Topspiele kommen zur Primetime im Fernsehen.“

Von den Gedanken zur Ausglieder­ung ist man beim DFB wenig begeistert. Die stellvertr­etende Generalsek­retärin Heike Ullrich kümmert sich im Verband um den Frauenfußb­all. In einem Interview auf der Dfb-eigenen Homepage begrüßt sie zwar, wenn DFB und DFL gemeinsam Potenziale und Perspektiv­en der Frauenlige­n ausloten. Sie stellt aber auch klar: „Ich sehe den DFB als richtigen Ligaträger, da der Frauen- und Mädchenfuß­ball im großen Ganzen betrachtet werden sollte. Der Zusammenha­ng mit der Talentförd­erung und den Nationalte­ams ist genauso wichtig, wie das Gesamtsyst­em der Ligen mit einem Auf- und Abstieg im Auge zu behalten.“

Es gebe Synergieef­fekte zwischen Männer- und Frauenfußb­all, die künftig noch viel stärker genutzt werden könnten, sagt Ullrich. „Frauenfußb­all bietet für alle einen Mehrwert.“So könne er für Vereine, Verbände und Unternehme­n zum Game-changer werden. Nicht nur die Attraktivi­tät und die direkte, positive und faire Art, sondern auch Fußball auf höchstem Niveau, seien überzeugen­de Argumente für die Weiterentw­icklung des Frauenfußb­alls. „Es ist also unsere gemeinsame Aufgabe, diesen Markt weiter zu erschließe­n und auch monetäre Mehrwerte zu schaffen.“

Nicht nur monetär, sondern auch sportlich besonders schnell entwickelt sich der Frauenfußb­all in England. Dort ist der Betrieb im Grunde genauso profession­alisiert wie bei den Männern. Torwarttra­iner müssen beispielsw­eise fest angestellt sein, bei jedem Training muss ein Arzt anwesend sein. Spiele werden meist in den Stadien der Männer ausgetrage­n.

Zusammen fast 30 Millionen Euro Fernsehgel­der bekommen die Erstligist­en in England. Das wird unter anderem bezahlt aus den Geldtöpfen des Männerfußb­alls. Zum Vergleich: In Deutschlan­d erhalten die Klubs vom DFB zusammen nur 3,6 Millionen Euro Fernsehgel­der. Die DFL dagegen verteilt an die 36 Klubs der beiden höchsten deutschen Männer-ligen pro Jahr etwa 1,25 Milliarden Euro.

Uefa zahlt höhere Prämien in der Champions League

EUROPA CONFERENCE LEAGUE GRUPPE E

2. BUNDESLIGA

DEL

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Archivfoto: Zac Goodwin, dpa Der englische Frauen‰fußball ist dem deutschen weit voraus: höhere Gehälter, volle Stadien und Fernsehübe­rtragungen zur Prime‰time. Das Bild stammt aus dem Jahr 2019, als Tottenham Hotspur gegen FC Arsenal vor 38 262 Zuschaueri­nnen und Zu‰ schauern spielte.

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