Bonny und Rosa
den Mainzer Ermittlern die Schau
blind. Andere Sinne hingegen sind umso schärfer. Sie erschnuppert ein sündteures Parfüm, gibt Auskunft über das Fluchtmotorrad allein aufgrund der Motorwärme. Und die Stimmen der beiden hat sie im Kopf. Eigentlich eine kompetente Zeugin, mit der sich etwas anfangen ließe, doch sie handelt immer merkwürdiger, fast als wolle sie die Ermittlungsarbeit sabotieren.
Das will sie auch, denn sie gerät in den Bann dieses modernen Bonny-und-clyde-duos, das in diesem Fall deutsch-unglamourös Sophie und Moritz heißt. Die zwei wurden mit dem Silberlöffel im Mund geboren und verschaffen sich in ihrer luxuriösen Nutzlosigkeit gelegentlich einen kriminellen Kick. Den Kick sucht auch die von ihren Eltern überbehütete Rosa – und rutscht in einen wilden Strudel, aus dem nicht alle heil rauskommen.
Sicher, „Blind Date“ist nicht das Tatort-spannungsmonster, aber eine atmosphärisch streckenweise packend dicht erzählte Geschichte, die ihre stärksten Momente hat, wenn die Kamera sozusagen in Rosas
Kopf eintaucht und uns die Welt so erfahren lässt, wie sie die junge Frau erlebt: Vor den Augen tanzen nur ein paar helle und sehr viele dunkle Punkte, jedes Geräusch könnte eine Bedrohung darstellen. Werde ich verfolgt oder sind da nur harmlose Passanten? Henriette Nagel spielt die Rosa mit den großen, aber fast nutzlosen Augen so ergreifend wie selbstbewusst. Sie findet ihren kongenialen Widerpart in Anica Happich als durchtriebene Outlaw-braut Sophie, der kalten femininen Perfektion.
Neben diesen beiden starken Frauen wirkt das übrige Darstellerpersonal wie bessere Statisten. Vor allem Heike Makatsch als unglückliche Alleinerziehende läuft reichlich leblos durch diese Folge. Zum Glück steht ihr Sebastian Blomberg mit ein paar hübsch genuschelten Sätzen zur Seite. Nicht gerade das Dream-team im Tatort-reich. Ronald Hinzpeter