Imkern ist mehr als ein Hobby
Beruf Alter Mann mit Bart, weißer Anzug, Hut – dieses Bild haben viele im Kopf, wenn sie Imker hören.
Als ausgebildete Imkerin wird die 23-jährige Chiara Köser oft mit diesen Stereotypen konfrontiert
Münster Imkern als Beruf? Das gibt es: Chiara Köser arbeitet bei der Landwirtschaftskammer Nordrheinwestfalen als Imkerin. Die 23-Jährige erzählt, was erdende und herausfordernde Momente sind, was Imkerinnen und Imker eigentlich im Winter machen und warum der erste Stich des Jahres etwas ganz Besonderes ist.
Ich habe mein Fachabitur in Agrarwirtschaft gemacht. Meine Ausbildung zur Tierwirtin der Fachrichtung Imkerei habe ich im öffentlichen Dienst bei der Landwirtschaftskammer Nordrheinwestfalen gemacht und im Sommer 2021 abgeschlossen. Die Ausbildung kann man auch bei Berufsimkern absolvieren. Mir hat aber gut gefallen, dass bei der Landwirtschaftskammer NRW die Öffentlichkeitsarbeit und die Beratung eine große Rolle spielen.
Einen typischen Arbeitstag gibt es für Imkerinnen und Imker nicht, dafür ist der Beruf viel zu komplex und abwechslungsreich. An einem Tag mitten im Sommer packen wir zum Beispiel frühmorgens den Bulli mit den Werkzeugen und Utensilien, die wir am Tag brauchen werden. Dann geht es los, um die Bienenvölker zu kontrollieren. Wir müssen den Bienen zum Beispiel ausreichend Platz für die Brut im Volk geben, also Maßnahmen ergreifen, die das Ausschwärmen der Bienen verhindern sollen. Wir setzen auch, wenn nötig, neue Honigräume auf und gucken grundsätzlich, ob es allen Völkern gut geht. Die Arbeit muss sorgfältig für die Kolleginnen und Kollegen dokumentiert werden.
Im Winter müssen wir zum einen die Bienen für den Winter vorbereiten, sodass sie genügend Futter haben. Und wir müssen etwa die Leerwaben behandeln und einlagern, damit sie vor Wachsmotten geschützt sind und für die nächste Saison parat stehen. Im Herbst und Winter bereiten wir auch Märkte vor, auf denen wir Waren wie Honig, Kerzen oder Präsente verkaufen.
Mit am schönsten für mich ist es, mit den Bienen von einem Standort zum anderen zu wandern. Das geschieht meist früh am Morgen. Dann schon körperlich aktiv zu sein und zum nächsten Ort zu fahren – das erfüllt mich persönlich jedes Mal. Schön ist für mich zum Beispiel auch, wenn die Saison wieder beginnt und man den ersten Stich des Jahres bekommt. Dann weiß man: Jetzt geht es wieder los. Wir versuchen, ohne Schutzkleidung wie Schleier oder Handschuhe zu arbeiten. Einfach, um eine bessere Sicht und ein besseres Gefühl für die Bienen. Das heißt dann: In der Hauptsaison werde ich mindestens einmal pro Tag gestochen, aber man gewöhnt sich daran.
Es geht uns immer um das Wohl der Bienen. Da müssen wir manchmal sehr schnelle und auch schwere Entscheidungen treffen. Das ist zum Teil nicht so schön, etwa, wenn ein Volk dem Tode nahe ist und man versucht, das noch in den Griff zu bekommen. Man darf keine Scheu vor Verantwortung und den Konsequenzen haben, schließlich ist man das ausführende Organ am Bienenstock. Was viele anfangs außerdem unterschätzen, ist die körperliche Arbeit. Es ist ein sehr anstrengender Job. Wer sich als Berufsimker durchsetzen will, braucht zudem viel Durchhaltevermögen, die Konkurrenz in den Supermärkten und aus der Industrie ist groß.
Mir begegnen immer wieder Klischees. Eines der allergrößten ist das vom typischen Imker: männlich, über 50, graues, langes Haar und Vollbart. Da wird man schon oft schräg angeguckt, wenn man sich zum Beispiel als junge Frau als Azubi vorstellt und genau dem Gegenteil entspricht. Dazu gehört auch, dass viele denken, die Imkerei sei bloß ein Hobby.
Die Ausbildungsvergütung kann je nach Ausbildungsbetrieb unterschiedlich ausfallen. Angehende Tierwirte können im Durchschnitt mit etwa 665 Euro brutto im Monat rechnen, zeigen etwa Zahlen des Bildungsservers Agrar von 2019. Die Berufsaussichten für Imkerinnen und Imker schätzen Branchenexperten momentan positiv ein. Insgesamt hat die Imkerei einen Aufschwung erlebt – auch, weil Themen wie das Insektensterben stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt sind. Einsatzmöglichkeiten gibt es für Imkerinnen und Imker diverse: Viele arbeiten selbstständig oder übernehmen den Familienbetrieb. Es gibt aber auch die Option bei Bieneninstituten, in ökotoxikologischen Laboren oder in der lebensmittelverarbeitenden Industrie. Amelie Breitenhuber, dpa