Neu-Ulmer Zeitung

Ist das nun „cringe“?

- VON STEFANIE WIRSCHING

Sprache Fremdschäm­en, peinlich – das neue Jugendwort des Jahres

Wann ist man eigentlich nicht mehr jung? Wenn man sich alt fühlt? Also sehr, sehr spät im Leben? Oder etwa schon sehr viel früher, wenn man nämlich am Tag der Verkündung des Jugendwort­es des Jahres leise nachfragen muss: Cringe, äääh, was bedeutet das? Oder aber, wenn man gleich abwinkt und sagt: „Bitte Kinder, wen interessie­rt der ganze Quatsch überhaupt “– also ebenjene Wahl des Langensche­idt-verlages?

Dass die Wahl an der Realität vorbeigehe, war jedenfalls ein Kritikpunk­t der letzten Jahre. Der andere, der damit wohl zusammenhä­ngt: dass in der Jury nicht gerade die Allerjüngs­ten saßen. Seit 2020 nun entscheide­n in einem Onlinevoti­ng die Jugendlich­en selbst. Rund 1,2 Millionen machten beim mehrstufig­en Verfahren dieses Jahr mit.

Was also bedeutet nun das Wort Cringe, für das 42 Prozent votierten? Der Begriff beschreibt etwas Peinliches, Unangenehm­es, kann aber auch ein Gefühl des Fremdschäm­ens ausdrücken. Der Langensche­idt-verlag erklärt es mit diesem schönen Beispiel: „,Cringe‘ oder ,cringy‘ kann es sein, wenn Erwachsene, beim Versuch cool zu wirken, Jugendspra­che verwenden.“Tabu für alle Nichtjugen­dlichen sind somit auch folgende Begriffe, die es auf die Shortlist geschafft haben. Im Rennen um den Titel waren zuletzt noch „Sus“, was so viel bedeutet wie „verdächtig“oder „auffällig“, und „sheesh“, was Erstaunen oder Ungläubigk­eit ausdrückt. Zum ersten Mal wurde das Jugendwort übrigens 2008 gekürt. Damals gewann der Begriff „Gammelflei­schparty“, eine Umschreibu­ng für Ü-30-partys.

Das Wort ist nicht gut gealtert, ist nun im Grunde „gringewort­hy“. Diejenigen, die es damals verwendet haben, fühlen sich dagegen immer noch irre jung!

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Foto: dpa Wahlsieger „cringe“.

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