Ist das nun „cringe“?
Sprache Fremdschämen, peinlich – das neue Jugendwort des Jahres
Wann ist man eigentlich nicht mehr jung? Wenn man sich alt fühlt? Also sehr, sehr spät im Leben? Oder etwa schon sehr viel früher, wenn man nämlich am Tag der Verkündung des Jugendwortes des Jahres leise nachfragen muss: Cringe, äääh, was bedeutet das? Oder aber, wenn man gleich abwinkt und sagt: „Bitte Kinder, wen interessiert der ganze Quatsch überhaupt “– also ebenjene Wahl des Langenscheidt-verlages?
Dass die Wahl an der Realität vorbeigehe, war jedenfalls ein Kritikpunkt der letzten Jahre. Der andere, der damit wohl zusammenhängt: dass in der Jury nicht gerade die Allerjüngsten saßen. Seit 2020 nun entscheiden in einem Onlinevoting die Jugendlichen selbst. Rund 1,2 Millionen machten beim mehrstufigen Verfahren dieses Jahr mit.
Was also bedeutet nun das Wort Cringe, für das 42 Prozent votierten? Der Begriff beschreibt etwas Peinliches, Unangenehmes, kann aber auch ein Gefühl des Fremdschämens ausdrücken. Der Langenscheidt-verlag erklärt es mit diesem schönen Beispiel: „,Cringe‘ oder ,cringy‘ kann es sein, wenn Erwachsene, beim Versuch cool zu wirken, Jugendsprache verwenden.“Tabu für alle Nichtjugendlichen sind somit auch folgende Begriffe, die es auf die Shortlist geschafft haben. Im Rennen um den Titel waren zuletzt noch „Sus“, was so viel bedeutet wie „verdächtig“oder „auffällig“, und „sheesh“, was Erstaunen oder Ungläubigkeit ausdrückt. Zum ersten Mal wurde das Jugendwort übrigens 2008 gekürt. Damals gewann der Begriff „Gammelfleischparty“, eine Umschreibung für Ü-30-partys.
Das Wort ist nicht gut gealtert, ist nun im Grunde „gringeworthy“. Diejenigen, die es damals verwendet haben, fühlen sich dagegen immer noch irre jung!