Hat sich OMV ein Bleiberecht erkauft?
Streit Die Auseinandersetzung um die Tankstelle im Neu-ulmer Stadtteil Offenhausen geht in eine neue Runde. Die FDP unternimmt einen neuen Vorstoß und die Nachbarn haben per Unterschriftenliste ihren Unmut kundgetan
Neuulm Ein Gespenst geht um in Offenhausen, zumindest nach Ansicht etlicher Menschen, die in der Nähe der Omv-tankstelle leben. Sie fürchten, dass dort in absehbarer Zeit noch ein Fast-food-betrieb andocken und für Schmutz und Lärm in der Umgebung sorgen könnte. Ganz unbegründet ist die Sorge möglicherweise nicht, denn das Omv-tankstellennetz soll angeblich von einem englischen Unternehmen gekauft werden, das seine Zapfstellen in der Regel mit bekannten Schnellimbissketten bestückt. Die Nachbarn wollen das verhindern und haben per Unterschriftensammlung mobil gemacht.
Offensichtlich ging es ganz schnell: In nur acht Tagen waren 115 Unterschriften gegen die Ansiedelung eines Schnellrestaurants beieinander. Die liegen nun im Rathaus. Christa Wanke, ehemalige Stadträtin und Anliegerin, hat den Widerstand organisiert. Sie meint: Jetzt sei die Gelegenheit günstig, die komplette Anlage aus Offenhausen rauszubekommen und stattdessen dort eine Art Stadtteilzentrum zu schaffen mit Läden und Wohnungen: „Jetzt oder nie. Das betrifft die ganze Ortschaft und nicht nur die Nachbarn“, findet sie.
Ausgangspunkt ist folgender: Im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass der österreichische Energiekonzern OMV seine 285 deutschen Tankstellen für 485 Millionen Euro an die britische EG Group (Euro Garages) verkaufen möchte. Dahinter steht das Brüderpaar Mohsin und Zuber Issa, das nach eigener Darstellung 4500 Niederlassungen in Großbritannien, Europa, USA und Australien betreibt. Die EG Group kooperiert mit bekannten Marken wie Burger King, Kentucky Fried Chicken oder Subway. Und das ist es, was die Anlieger der Tankstelle nach den Worten von Christa Wanke fürchten: Dass Verpackungsmüll künftig die Umgebung verdreckt und dass die Anwohner unter verstärktem Lärm leiden könnten. Das Geschäft zwischen OMV und der EG Group ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern. Das Bundeskartellamt zustimmen, was es offenbar bisher noch nicht getan hat. Deshalb hegen Wanke und ihre Mitstreiter von der Stadtrats-fdp die Hoffnung, vielleicht könnte doch noch etwas gehen. Günter Gillich sagte etwa gegenüber unserer Redaktion, die Stadt könnte dem Unternehmen ein Tauschgrundstück anbieten, damit es die Tankstelle aus Offenhausen heraus verlagert. Etwas Vergleichbares gab es bereits. Mitte der 90er-jahre hatte die Stadt mit dem damaligen Betreiber BP über einen neuen Standort an die Europastraße verhandelt, allerdings mit einer Maßgabe: Nach zehn Jahren müsse die bestehende Tankstelle in Offenhausen geschlossen werden. Das ist nicht passiert, und so gibt es nun die Bp-filiale an der Europastraße, mittlerweile Aral, sowie immer noch die umstrittene Omv-niederlassung an der Augsburger Straße.
Darstellung von Gillich, die er auch in einem Antrag der FDP an die Stadtverwaltung niedergelegt hat, sei im Zuge der Verhandlungen auch eine Konventionalstrafe festgelegt worden, wenn das Energieunternehmen die Vertragsbedingung nicht erfüllt. Die sei 2009 tatsächlich gezahlt wurden, sagte der FDP-MANN gegenüber unserer Redaktion, es habe sich um eine sechsstellige Summe gehandelt. Sollte das also eine Art Ablöse gewesen sein? Hat sich damals die OMV gewissermaßen ein Bleiberecht gesichert? Oder, wie es Gillich formuliert: „Hat sich die Stadt über den Tisch ziehen lassen?“Er lässt durchblicken, dies könnte so gewesen sein. Deshalb schreibt er zusammen mit Alfred Schömig in einem Antrag an Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger: „Uns ist völlig unklar, warum im Vertrag eine wie auch immuss mer geartete ,Ausstiegsklausel’ für den Tankstellenbetreiber ermöglicht wurde!“Deshalb muss sich nun der Bau- und Umweltausschuss mit der Angelegenheit befassen. Auf der Tagesordnung stand das Thema bereits vergangene Woche, doch da wurde es auf Wunsch von Gillich noch einmal runtergekippt, weil er neue Erkenntnisse zu Vertragsinhalten habe und diese erst gesichtet werden müssten.
Demnächst soll sich also die Neuulmer Kommunalpolitik erneut mit der leidigen Tankstellenproblematik befassen. An der haben sich schon mehrere Oberbürgermeister abgearbeitet, angefangen mit Peter Biebl, Rathauschef von 1977 bis 1995. Seine Nachfolgerin Beate Merk habe sich „offensiv im Sinne der Nachbarschaftsinitiative für eine Auslagerung der Tankstelle zugunsten eines urbanen Zentrums“eingenach setzt, lobt die FDP. Ein solches Zentrum wünschen sich Partei und Anwohner immer noch, denn es seien viele Einkaufsmöglichkeiten in den Stadtteil verschwunden. Die Freidemokraten wittern angesichts des geplanten Geschäfts Morgenluft: „Jetzt, vor dem Verkauf der OMV an die EG Group, ist unserer Ansicht nach der richtige Zeitpunkt, die Weichen für eine Zukunftsentwicklung von Offenhausen zu stellen.“
Und was sagt die Stadtverwaltung dazu? Nichts. Rathaussprecherin Sandra Lützel erklärte auf Anfrage, solche Liegenschaftsangelegenheiten seien nicht öffentlich zu behandeln, deshalb bedauert sie, keine Auskunft geben zu können. Und so dürfte denn das Thema im nächsten Bau- und Umweltausschuss vermutlich teilweise hinter verschlossenen Türen behandelt werden.