Neu-Ulmer Zeitung

Der Lockdown kommt schrittwei­se

- VON CHRISTIAN GRIMM

Pandemie Ministerpr­äsidenten und Noch-kanzlerin versuchen mit der Noch-nicht-koalition, das Virus zu stoppen. Söder kündigt Lockdown für Ungeimpfte an, Sachsen macht ganz dicht

Berlin Nach vielen ungehörten Warnungen macht der bayerische Ministerpr­äsident nun Ernst. Markus Söder kündigte am Donnerstag­abend an, dass Ungeimpfte im Freistaat vom öffentlich­en Leben ausgesperr­t werden sollen. Weil Bayern zu den Bundesländ­ern mit niedriger Impfquote zählt, sind davon Millionen Menschen betroffen. Der CSU-CHEF nannte noch keine Einzelheit­en, ob das für Kultur und Freizeit oder auch das Einkaufen gilt. „Es handelt sich natürlich um einen De-factolockd­own für Ungeimpfte“, sagte der 54-Jährige am Donnerstag nach der Ministerpr­äsidentenk­onferenz mit der scheidende­n Bundesregi­erung. Er zeigte sich entschloss­en, alle rechtliche­n Möglichkei­ten auszuschöp­fen.

Noch weiter als Söder geht sein sächsische­r Amtskolleg­e Michael Kretschmer (CDU). Sein Land ist besonders heftig von der Pandemie betroffen, hat die höchste Inzidenz. Er will deshalb einen „harten Wellenbrec­her“

verhängen, wie er in Dresden ankündigte. Der Cdu-politiker vermied bewusst das Wort „Lockdown“, aber es läuft darauf hinaus. Am Freitag soll das sächsische Kabinett die genauen Bestimmung­en beschließe­n. Wegen des vom Bundestag nur Stunden vor der Runde der Länderchef­s mit Nochkanzle­rin Angela Merkel (CDU) geänderten Infektions­schutzgese­tzes ist das Herunterfa­hren von Wirtschaft und Kultur nur noch bis 15. Dezember möglich. Dann soll damit nach dem Willen der wahrschein­lich nächsten Koalition aus SPD, Grünen und FDP Schluss sein.

Doch die Wucht der vierten Welle und der Druck der Ministerpr­äsidenten von CDU und CSU haben Wirkung gezeigt. Die Ampelkoali­tionäre haben sich einverstan­den gezeigt, dass bei der nächsten Ministerpr­äsidentenk­onferenz am 9. Dezember geschaut wird, ob es dann über den Jahreswech­sel ohne Zwangsstil­lstand geht. Es ist also nicht unwahrsche­inlich, dass in einzelnen Bundesländ­ern das öffentlich­e Leben wieder herunterge­fahren wird. Genau das hatten SPD, Grüne und Liberale eigentlich ausschließ­en wollen und damit die schärfsten Schwerter der Seuchenpol­itik aussortier­t, deren Einsatz allerdings auch schwerwieg­ende wirtschaft­liche und soziale Nebenwirku­ngen hat. Die Bundeskanz­lerin hatte es in Übereinsti­mmung mit ihrer Partei dennoch für keine gute Idee gehalten, auf sie zu verzichten. „Ich hätte mir gewünscht, dass weiter der gesamte Katalog da ist“, sagte die 67-Jährige im Anschluss an die mehrstündi­gen Beratungen. „Die Lage ist hochdramat­isch.“Allerdings schloss sie aus, dass noch einmal flächendec­kend Schulen dichtgemac­ht und Ausgangssp­erren verhängt werden.

Nun ist die Zwangspaus­e für Teile des öffentlich­en Lebens also halb da und halb weg. Im Gegenzug für das Hintertürc­hen deutete der neue Ministerpr­äsident Nordrheinw­estfalens, Hendrik Wüst (CDU), für das Unions-lager an, am Freitag im Bundesrat die Novelle des Infektions­schutzgese­tzes

nicht zu blockieren. „Aus unserer Sicht brauchen wir über den 15. Dezember hinaus die notwendige­n Instrument­e.“Markus Söder erklärte für Bayern, dass die Staatsregi­erung in der Länderkamm­er für das Infektions­schutzgese­tz stimmen werde.

In den Gesprächen mit den Länderchef­s hatte sich Merkel extrem besorgt gezeigt. „Wir laufen voll“, warnte sie und meinte damit die Intensivst­ationen. Dort liegen mittlerwei­le rund 3500 Corona-patienten. Von den 1268 Intensivst­ationen melden über 600, dass sie nur noch eingeschrä­nkt arbeiten können. So viel waren es noch nie in dieser Pandemie. Um den Kollaps der Krankenhäu­ser zu vermeiden, soll jetzt eine Mega-impfkampag­ne anlaufen und in wenigen Wochen sollen 27 Millionen Auffrischu­ngsimpfung­en verabreich­t werden. Alle Ärzte sollen mitziehen, die Bundeswehr und das Technische Hilfswerk. In der Pflege und in Krankenhäu­sern soll eine Impfung gegen den Erreger verpflicht­end werden. Leitartike­l, Politik

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Foto: Sven Hoppe, dpa Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder kündigte nach der Konferenz der Länderchef­innen und ‰chefs harte Schritte im Kampf gegen die vierte Corona‰welle an. „Es handelt sich natürlich um einen De‰facto‰lockdown für Ungeimpfte“, sagte er am Donnerstag­abend.

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