Ja wenn’s denn so einfach wär’
Die Beziehungen zwischen Journalisten und Pressestellen von Behörden, Unternehmen oder Verbänden sind traditionell heikel und konfliktträchtig. Und es ist, wie so vieles, nicht besser geworden in den vergangenen Jahren.
Früher war das Sekretariat einer Pressestelle die größte Hürde. Frage: „Können Sie mich bitte mit einer Pressesprecherin oder einem Pressesprecher verbinden?“Gegenfrage: „Worum geht es denn?“Antwort: „Das ist kompliziert. Ich würde das gerne direkt besprechen.“Sekretariat: „Ich habe aber die Anweisung zu fragen, worum es geht.“Antwort: „O.k. Ich erkläre es Ihnen …“Sekretariat: „Oh, das ist kompliziert. Da muss ich Sie mit dem Pressesprecher verbinden.“
Mittlerweile wurden die Hürden erhöht. Auf die Frage „Worum geht es denn?“folgt immer häufiger die Frage: „Können Sie uns Ihre Fragen per Mail schicken?“Journalisten wissen, was das bedeutet:
Die Mail geht vom Sekretariat an die Pressesprecherin oder den Pressesprecher, wird von dort in eine Fachabteilung weitergeleitet, wo eine Sachbearbeiterin oder ein Sachbearbeiter damit beauftragt wird, die Antworten zu formulieren. Der bürokratische Weg zurück ist noch komplizierter – von der sachbearbeitenden Stelle zur Leitung der Fachabteilung, von dort über die Rechtsabteilung in die Chefetage und dann erst über die Kommunikationsdirektion in die Pressestelle. Das ganze Manöver folgt der Devise: Bloß keine Fehler machen! Das Ergebnis ist dann so ähnlich wie beim Kinderspiel „Stille Post“.
Die Antworten haben mit den Fragen oft nicht mehr viel zu tun.
Beispiel gefällig? Die Frage aus Augsburg, ob in Berlin gerade die Sonne scheint, kann schon deshalb nicht mehr korrekt recherchiert werden, weil die Nacht über die Bundeshauptstadt hereingebrochen ist, bis die Antwort da ist.
Wer nun meint, dass das alles übertrieben ist, kann selbst die Probe aufs Exempel machen und im Rathaus seiner Heimatgemeinde anfragen, welche Corona-regeln heute, morgen oder übermorgen gelten.