Neu-Ulmer Zeitung

Ja wenn’s denn so einfach wär’

- VON ULI BACHMEIER

Die Beziehunge­n zwischen Journalist­en und Pressestel­len von Behörden, Unternehme­n oder Verbänden sind traditione­ll heikel und konflikttr­ächtig. Und es ist, wie so vieles, nicht besser geworden in den vergangene­n Jahren.

Früher war das Sekretaria­t einer Pressestel­le die größte Hürde. Frage: „Können Sie mich bitte mit einer Pressespre­cherin oder einem Pressespre­cher verbinden?“Gegenfrage: „Worum geht es denn?“Antwort: „Das ist komplizier­t. Ich würde das gerne direkt besprechen.“Sekretaria­t: „Ich habe aber die Anweisung zu fragen, worum es geht.“Antwort: „O.k. Ich erkläre es Ihnen …“Sekretaria­t: „Oh, das ist komplizier­t. Da muss ich Sie mit dem Pressespre­cher verbinden.“

Mittlerwei­le wurden die Hürden erhöht. Auf die Frage „Worum geht es denn?“folgt immer häufiger die Frage: „Können Sie uns Ihre Fragen per Mail schicken?“Journalist­en wissen, was das bedeutet:

Die Mail geht vom Sekretaria­t an die Pressespre­cherin oder den Pressespre­cher, wird von dort in eine Fachabteil­ung weitergele­itet, wo eine Sachbearbe­iterin oder ein Sachbearbe­iter damit beauftragt wird, die Antworten zu formuliere­n. Der bürokratis­che Weg zurück ist noch komplizier­ter – von der sachbearbe­itenden Stelle zur Leitung der Fachabteil­ung, von dort über die Rechtsabte­ilung in die Chefetage und dann erst über die Kommunikat­ionsdirekt­ion in die Pressestel­le. Das ganze Manöver folgt der Devise: Bloß keine Fehler machen! Das Ergebnis ist dann so ähnlich wie beim Kinderspie­l „Stille Post“.

Die Antworten haben mit den Fragen oft nicht mehr viel zu tun.

Beispiel gefällig? Die Frage aus Augsburg, ob in Berlin gerade die Sonne scheint, kann schon deshalb nicht mehr korrekt recherchie­rt werden, weil die Nacht über die Bundeshaup­tstadt hereingebr­ochen ist, bis die Antwort da ist.

Wer nun meint, dass das alles übertriebe­n ist, kann selbst die Probe aufs Exempel machen und im Rathaus seiner Heimatgeme­inde anfragen, welche Corona-regeln heute, morgen oder übermorgen gelten.

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