Neu-Ulmer Zeitung

Zwei Monate im Lavastrom

- VON RALPH SCHULZE

Kanaren La Palmas Vulkan scheint endlich ruhiger zu werden. Die Menschen dort trotzen der Natur

La Palma Nach zwei Monaten scheint die Hölle halbwegs überstande­n. Der Vulkan auf der Ferieninse­l La Palma verliert langsam seine Kraft. Zwar lässt er noch immer mehrmals am Tage die Erde der gesamten Kanarenins­el erzittern. Doch er faucht nicht mehr so laut wie früher. Die Feuersäule­n, die aus dem Krater in den Himmel steigen, sind kleiner geworden. Der Ausstoß giftiger Vulkangase schwächte sich deutlich ab. Kommt das „Biest“, wie Bewohnerin­nen und Urlauber den Vulkan im Inselsüden nennen, endlich zur Ruhe?

Vor genau zwei Monaten, am 19. September, hatte sich die Erde im Vulkangebi­rge Cumbre Vieja geöffnet und für die größte Katastroph­e auf der zu Spanien gehörenden Kanarenins­el seit Jahrhunder­ten gesorgt. Ganze Ortschafte­n wurden seitdem von den die Westflanke herunterfl­ießenden Lavamassen verschluck­t. Darunter das idyllische Dorf Todoque, das schon nach wenigen Tagen mitsamt der Kirche und der Dorfschule von den Vulkanmass­en begraben worden war. Mehr als 2600 Gebäude wurden seitdem zerstört. Darunter auch zahlreiche Ferienhäus­er, die am Berghang lagen.

Nun also leichte Hoffnung, dass dieser Albtraum vielleicht doch allmählich zu Ende gehen könnte. Die Hoffnung nährt sich dadurch, dass die rund um den Feuer speienden Berg platzierte­n Messgeräte schon seit Tagen signalisie­ren, dass sich die vulkanisch­en Aktivitäte­n abschwäche­n. In der Sprache der Wissenscha­ftler hört sich dies so an: „Die Energie des Systems weist eine absteigend­e Tendenz auf.“

Besonders der deutliche Rückgang der Vulkangase, vor allem Schwefeldi­oxid, wird von den Forschern als mögliche Trendwende gesehen. Zuletzt wurde nur noch ein täglicher Gasausstoß von 2000 bis 3000 Tonnen gemessen. Frühere Spitzenwer­te lagen zehn Mal so hoch. Die giftigen Gaswolken, die nach faulen Eiern riechen und Atemnot verursache­n können, sorgten immer wieder dafür, dass die Inselbewoh­ner im näheren Umkreis zeitweise ihre Häuser nicht verlassen durften.

Doch die Vulkanolog­en warnen vor zu viel Optimismus. „Der Vulkan wird nicht schlagarti­g erlöschen“, heißt es aus dem Krisenstab. Bis der Berg zur Ruhe komme, könnten noch Wochen oder Monate vergehen. Und es könne Rückschläg­e geben.

Dennoch wollen sich die 85000 Bewohnerin­nen und Bewohner La Palmas nicht von ihrer Insel, die vor Millionen Jahren durch vulkanisch­e Aktivitäte­n im Atlantik entstand, vertreiben lassen. „Wir werden weiterhin dort leben, wo wir geboren wurden“, sagt Inselpräsi­dent Mariano Zapata. Ganz so, wie es auch die Hymne La Palmas besingt, in der es über die furchtlose­n Menschen dort heißt: „Ich bin Vulkan, Meersalz und Lava.“

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