Zwei Monate im Lavastrom
Kanaren La Palmas Vulkan scheint endlich ruhiger zu werden. Die Menschen dort trotzen der Natur
La Palma Nach zwei Monaten scheint die Hölle halbwegs überstanden. Der Vulkan auf der Ferieninsel La Palma verliert langsam seine Kraft. Zwar lässt er noch immer mehrmals am Tage die Erde der gesamten Kanareninsel erzittern. Doch er faucht nicht mehr so laut wie früher. Die Feuersäulen, die aus dem Krater in den Himmel steigen, sind kleiner geworden. Der Ausstoß giftiger Vulkangase schwächte sich deutlich ab. Kommt das „Biest“, wie Bewohnerinnen und Urlauber den Vulkan im Inselsüden nennen, endlich zur Ruhe?
Vor genau zwei Monaten, am 19. September, hatte sich die Erde im Vulkangebirge Cumbre Vieja geöffnet und für die größte Katastrophe auf der zu Spanien gehörenden Kanareninsel seit Jahrhunderten gesorgt. Ganze Ortschaften wurden seitdem von den die Westflanke herunterfließenden Lavamassen verschluckt. Darunter das idyllische Dorf Todoque, das schon nach wenigen Tagen mitsamt der Kirche und der Dorfschule von den Vulkanmassen begraben worden war. Mehr als 2600 Gebäude wurden seitdem zerstört. Darunter auch zahlreiche Ferienhäuser, die am Berghang lagen.
Nun also leichte Hoffnung, dass dieser Albtraum vielleicht doch allmählich zu Ende gehen könnte. Die Hoffnung nährt sich dadurch, dass die rund um den Feuer speienden Berg platzierten Messgeräte schon seit Tagen signalisieren, dass sich die vulkanischen Aktivitäten abschwächen. In der Sprache der Wissenschaftler hört sich dies so an: „Die Energie des Systems weist eine absteigende Tendenz auf.“
Besonders der deutliche Rückgang der Vulkangase, vor allem Schwefeldioxid, wird von den Forschern als mögliche Trendwende gesehen. Zuletzt wurde nur noch ein täglicher Gasausstoß von 2000 bis 3000 Tonnen gemessen. Frühere Spitzenwerte lagen zehn Mal so hoch. Die giftigen Gaswolken, die nach faulen Eiern riechen und Atemnot verursachen können, sorgten immer wieder dafür, dass die Inselbewohner im näheren Umkreis zeitweise ihre Häuser nicht verlassen durften.
Doch die Vulkanologen warnen vor zu viel Optimismus. „Der Vulkan wird nicht schlagartig erlöschen“, heißt es aus dem Krisenstab. Bis der Berg zur Ruhe komme, könnten noch Wochen oder Monate vergehen. Und es könne Rückschläge geben.
Dennoch wollen sich die 85000 Bewohnerinnen und Bewohner La Palmas nicht von ihrer Insel, die vor Millionen Jahren durch vulkanische Aktivitäten im Atlantik entstand, vertreiben lassen. „Wir werden weiterhin dort leben, wo wir geboren wurden“, sagt Inselpräsident Mariano Zapata. Ganz so, wie es auch die Hymne La Palmas besingt, in der es über die furchtlosen Menschen dort heißt: „Ich bin Vulkan, Meersalz und Lava.“