Neu-Ulmer Zeitung

Corona, Katar und tiefe Risse in der Bayern-welt

- VON FLORIAN EISELE

Die vierte Corona-welle hat nun auch im Profifußba­ll voll eingeschla­gen. Ein austariert­es Hygienekon­zept war lange Zeit eine funktionie­rende Schutzhüll­e – damit ist es nun vorbei, wie das Beispiel des FC Bayern München zeigt. Dem Klub stehen sieben Spieler nicht zur Verfügung, weil sie trotz Impfstatus UND vorheriger Erkrankung infiziert wurden (Süle, Stanisic) oder wegen ihres Status als ungeimpfte Kontaktper­sonen in Quarantäne müssen. Dazu kommen zwei Mitarbeite­r des Funktionst­eams, die positiv getestet wurden.

Dabei zeigt das Beispiel Joshua Kimmich einmal mehr: Die Entscheidu­ng, sich impfen zu lassen, ist alles andere als eine reine Privatange­legenheit. Kimmich, der sich gegen eine Immunisier­ung entschiede­n hat, fehlt seinem Arbeitgebe­r FC Bayern nun schon seit zwei Wochen. Die Niederlage des FC Bayern gegen den FC Augsburg alleine mit seinem Fehlen und dem Trubel, der wegen dieser Personalie herrschte, zu erklären, wäre zu einfach. Dennoch wurde und wird Kimmich schmerzlic­h vermisst. Und das nicht nur deshalb, weil sein Ersatzmann Marcel Sabitzer schwach spielte.

Insofern ist es nachvollzi­ehbar, dass der FC Bayern den Impfdruck auf sein Personal merklich erhöht. Ebenso wie jeder normale Angestellt­e, der sich nicht impfen lässt (wohlgemerk­t: obwohl er es könnte), müssen die Fcb-profis nun Gehaltskür­zungen hinnehmen, wenn sie in Quarantäne müssen. Der Schritt der Bayern-bosse ist aber auch mutig – denn der Erfolg des Rekordmeis­ters ist auch auf die mannschaft­liche Geschlosse­nheit innerhalb des Teams zurückzufü­hren. Ein Spieler, der öffentlich abgestraft wird und sich potenziell ungerecht behandelt fühlt, bringt selten Topleistun­g.

Dennoch ist der Schritt der Bayern richtig. Denn ähnlich wie in der Gesamtgese­llschaft leidet hier eine Mehrheit unter dem unsolidari­schen Verhalten einer Minderheit. Während es bei den Bayern nur um Titel und Tore (also eigentlich nichts von echter Relevanz) geht, dreht es sich in den Intensivst­ationen um Leben und Tod der mehrheitli­ch Ungeimpfte­n – und das öffentlich­e Leben muss wieder merklich herunterge­fahren werden.

Im Vergleich zweitrangi­g, aber dennoch erwähnensw­ert ist das Verhalten des FC Bayern bezüglich eines Fan-antrags, in dem es um das fragwürdig­e Katar-sponsoring geht. Ein Vereinsmit­glied hatte beantragt, künftig keine Deals mehr mit dem wegen Menschenre­chtsverlet­zungen in der Kritik stehenden Emirat einzugehen. Dass der FC Bayern den Antrag wegen fadenschei­niger Gründe nicht zur Jahreshaup­tversammlu­ng zulassen will, ist ein Armutszeug­nis. Das Verhalten der Vereinsfüh­rung ist nichts weiter als der Versuch, einer kritischen Stimme einen Maulkorb zu verpassen – und könnte als Bumerang auf die Vereinsfüh­rung zurückkomm­en.

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