Weinzierl zum Dritten
Bundesliga Einmal mehr bezwingt der Trainer mit dem FCA den FC Bayern. Warum trotzdem keine Euphorie ausbricht
Augsburg Um unbändiger Freude Ausdruck zu verleihen, bedienen sich Fußballfans seit Jahrzehnten klassischen Liedguts. Und so hallte das gängige „Oh, wie ist das schön“durch die Arena, als Trainer Markus Weinzierl und die Spieler des FC Augsburg ihre Ehrenrunde drehten. Nebel und Kälte verhinderten an diesem denkwürdigen Novemberabend nicht, dass Fans des Bundesligisten beseelt nach Hause gingen.
2:1 (2:1) hatte der FCA den schier übermächtigen FC Bayern geschlagen, hatte nach Wochen und Monaten des Entbehrens einen Auftritt mit Augsburger Tugenden hingelegt. Die weinzierl’sche Taktik versprühte keinen Glanz, sie beruhte auf ehrlicher Arbeit und Bodenständigkeit. Der Trainer genoss den Sieg, als er darüber sprach. „Wir haben einen tollen Fight abgeliefert. Aufgrund der ersten Hälfte haben wir verdient gewonnen. Das nach einem Spiel gegen Bayern München zu sagen, macht mich stolz.“
Während etliche Augsburger erstmals das Gefühl eines Siegs gegen München genossen, gelang Weinzierl dies zum dritten Mal mit dem FCA. Der Weg zu den überraschenden Erfolgen ähnelte sich jeweils. Defensiv vertraute der Trainer einem kompakten 4-4-2-System, das kaum Lücken aufzeigte, offensiv auf Umschaltmomente nach Balleroberungen und Fehlern des Gegners. Die Schwachstellen, die der FC Bayern in den vergangenen Wochen offenbart, die fehlende Absicherung nach Ballverlusten, nutzten die Augsburger zu Gegenstößen auf den Flügeln. Diese waren selten, doch höchst effektiv.
Vor allem über die linke Seite fügte der FCA dem FC Bayern nicht heilende Wunden zu. Iago bereitete mit Flanken beide Treffer vor. Beim 1:0 schlegelte Mads Pedersen den Ball ins Netz, beim 2:0 nickte André Hahn ein. Bayerns Topstürmer Robert
Lewandowski verkürzte zwar unmittelbar nach dem zweiten Fca-treffer. Letztlich gewann jene Mannschaft, die technisch unterlegen war, aber mehr Willen und Leidenschaft gezeigt hatte.
Nach Wochen des Suchens und Findens präsentiert sich der FCA ungemein heimstark. Zehn der zwölf Punkte hat der Bundesligist im eigenen Stadion geholt, darunter die Siege gegen Mönchengladbach, Stuttgart und München. Wie die Mannschaft gegen den FC Bayern auftrat, wie sie den Gegner bearbeitete und das Publikum mitriss, das erinnerte an glorreiche Zeiten unter Weinzierl. „So wollen wir die Mannschaft sehen. So wollen wir immer spielen und über 90 Minuten agieren“, betonte der Fcatrainer. In den vergangenen Monaten sei das nur phasenweise zu sehen gewesen, fügte er noch hinzu. Die Fans in der ausverkauften Arena ließen sich vom Auftreten der Ihrigen animieren. Der Funke sei übergesprungen, merkte Weinzierl an, für Gegner sei es dann äußerst unangenehm, hier zu spielen. „Das ist die Voraussetzung, dass du nicht nur gegen Bayern, sondern überhaupt Bundesligaspiele gewinnst.“
Weinzierl wusste den Sieg einzuordnen, keine Spur von Überschwang. Die Punkte gegen Bayern hätte sein Team gebraucht, weil man schon so viele in dieser Saison liegen gelassen hätte. Der 46-Jährige nutzte die Gelegenheit für eine Ansage: „Dieses Spiel ist die Messlatte, wie die Jungs zusammenarbeiten und fighten müssen. Da werden wir hoffentlich weitermachen.“Da Bochum,
Hertha BSC und Stuttgart an diesem Spieltag unterlagen, ist der Anschluss ans Tabellenmittelfeld hergestellt. Nun wartet das Auswärtsspiel bei Hertha BSC (Samstag, 15.30 Uhr/sky). In Berlin kann der FCA einen gewaltigen Schritt aus der Gefahrenzone machen und die Bilanz in der Fremde aufhübschen. „Auswärts müssen wir uns sowieso steigern“, so Weinzierl.
Das Coronavirus wird weiter den Spielbetrieb beeinträchtigen. Ausfälle wie jener von Ruben Vargas, der vor dem Bayern-spiel positiv getestet worden war, werden ebenso alltäglich werden wie Partien mit weniger oder ohne Fans. Ab kommender Woche dürfen in Bayern Stadien nur noch zu einem Viertel gefüllt sein, zudem gilt die 2G-plusregel (genesen oder geimpft und getestet). Gegen Bochum (4. Dezember) und wohl auch gegen Leipzig (Mittwoch, 15. Dezember) werden in Augsburg maximal 7700 Fans zugelassen sein.
Foto: Ulrich Wagner