Neu-Ulmer Zeitung

Was Sie zu den Impfstoffe­n wissen müssen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Pandemie Biontech oder Moderna? Bis Ende des Jahres soll in Deutschlan­ds vordringli­ch Moderna-impfstoff

gespritzt werden. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Wirbel um die Impfstoffe im Überblick

Berlin Seine Entscheidu­ng hat bei vielen Menschen für Verunsiche­rung gesorgt und Zweifel ausgelöst: Bis Ende des Jahre soll in Deutschlan­ds vordringli­ch Moderna-impfstoff gegen das Corona-virus gespritzt werden. So hat es Noch-gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) festgelegt. Nicht alle, die eine erste, zweite oder dritte Spritze haben wollen, werden das Serum von Biontech bekommen können, das bislang mit Abstand der beliebtest­e Impfstoff ist. Mit seinem Beschluss hat sich der Cdu-politiker Ärger der Ärzte zugezogen. Sie fürchten, dass sie Termine umbuchen müssen und mehr Zeit benötigen, um verunsiche­rten Patienten zu erklären, dass Moderna ein gleich guter Impfstoff ist. Spahn bedauerte die Verunsiche­rung und äußerte Verständni­s für den Ärger der Ärztinnen und Ärzte. „Natürlich verstehe ich den. Ich spüre den auch“, sagte er. Viele Mediziner hätten sich bei ihm beschwert. „Die entscheide­nde Botschaft ist, wir haben ausreichen­d Impfstoff“, meinte Spahn. Die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Wirbel um Biontech im Überblick.

Wird der Biontech-impfstoff in den nächsten Wochen knapp?

Nein, wenn es bei den Lieferunge­n bleibt, die der Bundesgesu­ndheitsmin­ister ankündigte. Demnach werden bis Jahresende noch 26 Millionen Impfdosen des Serums in Deutschlan­d zur Verfügung stehen. In dieser Woche werden 6 Millionen Einheiten ausgeliefe­rt, die laut Spahn auf 3 Millionen noch nicht verimpfte Dosen treffen. In den Folgewoche­n wird Biontech nur noch 2 bis 3 Millionen Einheiten zur Verfügung stellen. Mit den insgesamt 26 Millionen Dosen kann theoretisc­h beinahe der gesamte Bedarf für die Auffrischu­ngsimpfung­en gedeckt werden. Nachbestel­len will Spahn deshalb nicht.

Werden alle Biontech bekommen, die das wollen?

Nein, aber die meisten. Spahn erklärte, dass ein Teil der Praxen und Impfzentre­n bis zum Jahreswech­sel verstärkt mit dem Moderna-impfstoff beliefert würden. Auch davon ist dem Minister zufolge reichlich vorhanden. Zehn Millionen Einheiten liegen bislang ungenutzt im Lager, 16 Millionen kommen bis Jahresende hinzu. In Summe stehen Deutschlan­d 50 Millionen Impfdosen

mit dem M-RNA-SERUM zur Verfügung. Hauptgrund für die Entscheidu­ng, Moderna stärker einzusetze­n ist, dass im ersten Quartal bislang ungenutzer Impfstoff verfallen würde.

Welcher Impfstoff ist besser? „Beide Impfstoffe zeichnen sich durch besonders hohe Wirksamkei­t und durch ein besonders niedriges Risikoprof­il aus“, sagte der Chef des Paul-ehrlich-institutes, Klaus Cichutek. Das Institut ist für die Zulassung

von Arzneimitt­eln zuständig. Statistisc­h komme es bei zehn von 100.000 Impfungen zu schwereren Nebenwirku­ngen. Der Leiter der Impfstofff­orschung an der Berliner Charité, Leif Erik Sander, hält Moderna sogar für etwas wirkungsvo­ller als Biontech. Das zeigten Studien in mehreren Ländern.

Können Impfstoffe gekreuzt werden?

Sowohl Sander, Cichutek als auch die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) halten das für unproblema­tisch. „Die Kombinatio­n unterschie­dlicher Impfstofft­ypen ist problemlos möglich“, sagte Sander. Aus Sicht der Forscher können Menschen, die bislang Biontech zweifach erhalten haben, zu Moderna wechseln und umgekehrt, ohne dass dadurch die Schutzwirk­ung beeinträch­tig wird und verstärkt zu Nebenwirku­ngen ausgelöst werden. In Deutschlan­d gibt es bereits Millionen Menschen, die nach einer ersten Impfung mit dem Serum von Astrazenec­a eine zweite Spritze mit Moderna oder Biontech bekommen haben. Die Kreuzimpfu­ng sorgt sogar zweitweise für einen besonders hohen Immunschut­z. „Wir leben im Schlaraffe­nland“, sagte Cichutek und bezog sich damit auf die Versorgung mit den Impfstoffe­n.

Was unterschei­det Moderna und Biontech?

Der Impfstoff von Moderna soll laut Stiko-empfehlung nur an über 30-Jährige verabreich­t werden. Grund sind wenige Fälle von Herzmuskel­entzündung­en infolge einer Immunisier­ung. Bei der Auffrischu­ngsimpfung wird Moderna anders als Biontech nur in der halben Dosis gegeben.

Braucht es nach der Booster-impfung eine vierte Dosis?

Dazu gibt es noch keine wissenscha­ftlichen Studien. Charité-professor Sander geht davon aus, dass nach der dritten Dosis der Antikörper-spiegel länger hoch bleibt: „Eine zeitverset­zte dritte Dosis stärkt das Immungedäc­htnis.“Die Auffrischu­ng ist nötig, weil sechs Monate nach der zweiten Spritze die Schutzwirk­ung deutlich nachlässt und sich auch Geimpfte wieder mit dem Virus infizieren können. Untersuchu­ngen zu Booster-impfungen aus Israel zeigen, dass der dritte Piks die Immunantwo­rt deutlich erhöht und das Ansteckung­srisiko um die Faktoren zehn bis 20 senkt.

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Foto: dpa Die dritte Impfung erhöht die Immunant‰ wort des Menschen und senkt das Risiko, sich erneut anzustecke­n.

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