Neu-Ulmer Zeitung

Agrarrefor­m wird heute beschlosse­n

- VON KATRIN PRIBYL

Eu-parlament stimmt über Kompromiss ab

Brüssel Es geht um viel Geld, selbst für Eu-verhältnis­se. 270 Milliarden Euro stehen im Budget der Staatengem­einschaft in den Jahren 2023 bis 2027 für die Landwirtsc­haft zur Verfügung. Mit den Subvention­en an die Bauern, die fast ein Drittel des Gesamthaus­halts ausmachen, soll sichergest­ellt werden, dass unsere Lebensmitt­el gesund, nachhaltig und ökologisch produziert werden. So viel zum Ziel. Wie der Weg dahin aussehen soll, darüber gibt es in der EU regelmäßig Streit.

Die Auseinande­rsetzungen dürften auch am Dienstag weitergehe­n, wenn das Eu-parlament in Straßburg final über die umstritten­e Reform der Agrarförde­rpolitik abstimmt. Es gilt als sicher, dass sie abgesegnet wird. Zahlreiche Europaabge­ordnete haben deshalb schon im Vorfeld ihren Unmut geäußert. Martin Häusling, agrarpolit­ischer Sprecher der Grünen und Mitglied im Umweltauss­chuss, sprach etwa von einer „Nebelkerze, die den Namen Reform nicht verdient“. Maria Noichl, agrarpolit­ische Sprecherin der Europa-spd, schimpfte, die Reform sei „nicht nur eine vertane Chance, sondern der Weg in eine Sackgasse, wohl wissend, dass der Weg heraus umso schwierige­r wird“. Derweil lobte Norbert Lins (CDU), Vorsitzend­er des Agraraussc­husses, das Resultat des drei Jahre

Der Großteil des Geldes fließt weiter ohne Öko‰wirkung

dauernden Verhandlun­gsmarathon­s: Man habe „eine gute Balance aus Nachhaltig­keit, Ernährungs­sicherheit, Wettbewerb­sfähigkeit und sozialer Gerechtigk­eit gefunden“.

Künftig müssen die Eu-mitgliedst­aaten in nationalen Strategiep­länen erklären, wie ihre jeweilige Landwirtsc­haftspolit­ik zur Erreichung der Ziele der gemeinsame­n Agrarpolit­ik der EU beiträgt. Dafür soll es Zielmarken über die gesamte Förderzeit geben. Manchen Beobachter­n kommt das beinahe einer Renational­isierung der europäisch­en Agrarpolit­ik gleich. Was bleibt, ist das gegenwärti­ge Zweisäulen-system zur Verteilung.

Demnach richtet sich die Summe der Direktzahl­ungen für landwirtsc­haftliche Betriebe, es ist die erste Säule, weiterhin nach der Größe der bewirtscha­fteten Ackerfläch­e. Es ist ein Punkt, den selbst optimistis­che Stimmen als Problem bezeichnen: Damit ist auch künftig der Löwenantei­l der Fördermitt­el an die Flächen gekoppelt, was zur Folge hat, dass rund 80 Prozent der Zahlungen an 20 Prozent der Betriebe fließen, wie Noichl beklagt. Aus dem zweiten Topf, in dem deutlich weniger Geld ist, wird vor allem die ländliche Entwicklun­g unterstütz­t.

Neu ist, dass zum einen strengere Öko-regeln gelten sollen und auch kleinere Betriebe zu höheren Standards verpflicht­et sind. So sollen Bauern, die sich an Umweltprog­rammen beteiligen – sie tragen den Namen „Eco Schemes“– mehr finanziell­e Mittel erhalten: Wer etwa keine Schädlings­bekämpfung­smittel einsetzt, bekommt mehr Geld.

Zwar werden bis zu 25 Prozent der Direktzahl­ungen für die Landwirte an Umweltaufl­agen gebunden sein. Doch Kritiker verweisen auf die Ausnahmen, die den Anteil de facto deutlich senken können. Das Eu-parlament hatte in den Verhandlun­gen 30 Prozent gefordert, die Mitgliedst­aaten wollten dagegen zwischenze­itlich weniger als 20 Prozent akzeptiere­n. Obwohl die Landwirtsc­haft der drittgrößt­e Emittent von Treibhausg­asen in der Staatengem­einschaft ist, wird weiter ein Großteil der Zahlungen ohne Ökoregeln überwiesen. „Alles in allem ist der Kaiser ziemlich nackt“, sagte der Grünen-politiker Häusling.

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