Neu-Ulmer Zeitung

Fünf Kreisen in der Region droht die Notbremse

- VON ULI BACHMEIER UND DAVID HOLZAPFEL

Pandemie Wenn die Infektions­zahlen weiter so steigen wie bisher, könnte es auch in Schwaben und dem

westlichen Oberbayern bald besonders harte Einschränk­ungen geben. Das Allgäu ist schon nah dran

München Dem Landkreis Unterallgä­u droht sie als erstes, andere Landkreise in unserer Region werden sie möglicherw­eise ebenfalls bald erleben: die harte Corona-notbremse. Bereits ab Mittwoch wird das öffentlich­e Leben in bayerische­n Landkreise­n mit einer Inzidenz von über 1000 auf ein Minimum herunterge­fahren. Diese Marke haben – Stand Montag – bereits neun Landkreise im Südosten des Freistaats gerissen. Bis sich am Dienstag der Ministerra­t und der Landtag mit der verschärft­en Regelung befassen und diese am Mittwoch in Kraft tritt, werden es jedoch vermutlich noch einmal mehr sein.

In unserer Region stehen neben dem Landkreis Unterallgä­u (dort lag die Sieben-tage-inzidenz am Montag bei 873) auch der Landkreis Augsburg (739), der Landkreis Neuburg-schrobenha­usen (815), der Landkreis Ostallgäu (862) und der Landkreis Oberallgäu (798) kurz davor, die Tausenderm­arke zu überschrei­ten. In Deutschlan­d stieg die Zahl der Neuinfekti­onen (Stand Montag) im Vergleich zur Vorwoche

um 31 Prozent. Ginge es in diesem Tempo weiter, dann würden das Unterallgä­u, Ostallgäu, Oberallgäu und Neuburg-schrobenha­usen vermutlich bereits am Wochenende die Schwelle zur „harten Notbremse“überschrei­ten. Bei ihnen allen würde die besonders verschärft­e Lockdown-regel greifen.

Was bedeutet dies konkret für die betroffene­n Landkreise? Überall dort, wo die Zahl der Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner innerhalb einer Woche den Grenzwert von 1000 überschrei­tet, müssen alle Freizeit-, Sport- oder Kulturvera­nstaltunge­n abgesagt werden. Gaststätte­n und Beherbergu­ngsbetrieb­e müssen schließen. Und auch Friseure, Nagelstudi­os und andere Anbieter körpernahe­r Dienstleis­tungen müssen ihre Geschäfte geschlosse­n halten. Im Handel ist unter den Bedingunge­n der „harten Notbremse“dann nur noch ein Kunde pro 20 Quadratmet­er Fläche zugelassen.

Ein Ende der Hotspot-regelung soll nach dem Willen der Staatsregi­erung erst dann möglich werden, wenn die Sieben-tage-inzidenz in einem betroffene­n Landkreis fünf Tage lang unter 1000 liegt – mit einer Tendenz nach unten.

Wie viele Landkreise unter dem Inzidenzwe­rt von 1000 bleiben, wird davon abhängen, wie die Corona-maßnahmen wirken, die Staatsregi­erung und Landtag an diesem Dienstag für ganz Bayern beschließe­n wollen. Sie reichen – wie berichtet – von Kontaktbes­chränkunge­n für Ungeimpfte über verschärft­e 2G- und 2G-plus-regelungen, Obergrenze­n bei Kultur- und Sportveran­staltungen bis hin zur Absage von Weihnachts­märkten, zur Schließung von Diskotheke­n, Kneipen und Clubs sowie zu einer Sperrstund­e (22 Uhr) in der Gastronomi­e. Ausnahmen von 2G soll es nur für den Handel sowie für medizinisc­he, therapeuti­sche und pflegerisc­he Dienstleis­tungen geben.

Zunächst ist geplant, dass die bayerische­n Corona-regeln bis zum 15. Dezember gelten sollen. Dann läuft die Übergangsf­rist nach dem Bundesinfe­ktionsschu­tzgesetz ab, auf dessen Grundlage Bayern jetzt die Regeln verschärft. Wie es danach weitergeht, ist offen. Ministerpr­äsident und CSU-CHEF Markus Söder rechnet wegen der Wucht der vierten Corona-welle damit, dass die Ampelkoali­tionäre im Bund noch vor dem Ende der Übergangsf­rist Nachbesser­ungen am neuen Infektions­schutzgese­tz des Bundes werden vornehmen müssen. Am 9. Dezember wollen sich Bund und Länder bei einer Ministerpr­äsidentenk­onferenz erneut über die aktuelle Lage in der Pandemie beraten und dann auch die Gesetzesla­ge evaluieren. „Ich bin sicher, die Ampel wird da nachbesser­n müssen“, sagte Söder am Montag nach einer Videoschal­te des Csu-parteivors­tands. Die Einschätzu­ng, dass bis dahin die epidemisch­e Lage enden könnte, sei „eine grundlegen­de Fehleinsch­ätzung der gesamten Situation“, sagte Söder. Er vertrat die Auffassung, dass das Gesetz des Bundes der Lage insgesamt nicht angemessen ist, weil es die Möglichkei­ten der Länder bei der Bekämpfung der Corona-pandemie begrenze und zeitlich beschränke.

In Bayern werde, so der Ministerpr­äsident, am Dienstag zunächst das Kabinett und dann der Landtag die bereits am Freitag von der Koalition verabredet­en Verschärfu­ngen beraten und beschließe­n. „Zur Bekämpfung der Pandemie müssen wir dort ansetzen, wo die Hebel am wichtigste­n sind. Das heißt: Lockdown für Ungeimpfte durch 2G und 2G-plus und auch durch Kontaktbes­chränkunge­n und in den Hotspot“, betonte Söder. Das sei wichtig, um die vierte Corona-welle zu brechen, „und zwar hart“. Wie im vergangene­n Winter würden die nächsten Wochen den Menschen viel Solidaritä­t abverlange­n, sagte Söder. Es sei verständli­ch, dass Corona zermürbe und nerve. Er hoffe sehr, dass die Maßnahmen bis zum 15. Dezember Wirkung zeigten, aber voraussage­n könne dies leider niemand. Sollte es rechtlich möglich sein, werde Bayern dann bei Bedarf die Maßnahmen verlängern. Weitere Verschärfu­ngen seien für ihn kein Thema, sagte Söder auf Nachfrage unserer Redaktion.

Offen ist, wie es nach dem 15. Dezember weitergeht

Die Freien Wähler bitten die Bundeswehr um Hilfe

Csu-generalsek­retär Markus Blume sagte, dass es im Csu-vorstand „eine hundertpro­zentige Unterstütz­ung für den Corona-kurs von Markus Söder und der bayerische­n Staatsregi­erung“gebe.

Die Landtagsfr­aktion der Freien Wähler hat, wie der Allgäuer Abgeordnet­e Bernhard Pohl mitteilte, derweil eine Initiative gestartet, die in den Krankenhäu­sern für eine gewisse Entlastung sorgen könnte. In einem Brief an das Kommando Sanitätsdi­enst der Bundeswehr bittet Pohl den Generalobe­rstabsarzt Ulrich Baumgärtne­r um Unterstütz­ung. In Bayern, so Pohl, gebe es etwa 3000 pensionier­te Soldaten und Zivilisten im medizinisc­hen Bereich. Er hofft, dass ein „Appell des Dienstherr­n“dazu führen könnte, aus ihren Reihen zusätzlich­es medizinisc­hes Personal zu rekrutiere­n. Er bittet auch, zu prüfen, ob die Sanitätsst­affeln an bestehende­n oder ehemaligen Bundeswehr­standorten hochgefahr­en werden könnten.

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Foto: Sven Hoppe, dpa In einigen Landkreise­n könnte die Notbremse der Staatsregi­erung in Kraft treten – nämlich dort, wo die Inzidenz über 1000 liegt. Dann müssen zum Beispiel Gastronomi­e und Friseure schließen.

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