Neu-Ulmer Zeitung

Osterkind und Weihnachts­hase

- VON MICHAEL BÖHM

Ja ist denn heut’ schon Weihnachte­n? Eine Frage, die sich nicht nur Franz Beckenbaue­r in der Fernsehwer­bung gestellt hat, sondern vermutlich fast jeden schon einmal ereilt hat, der sich im Hochsommer plötzlich von Schokoweih­nachtsmänn­ern umzingelt sah. Nun haben wir uns mittlerwei­le ja daran gewöhnt, dass das Angebot im Supermarkt nur bedingt etwas mit der tatsächlic­hen Jahreszeit zu tun hat – in der Süßwarenab­teilung können wir uns bislang aber immerhin noch auf folgende zwei Regeln verlassen: Gibt es viele Eier und Hasen, ist vor Ostern. Gibt es viele Lebkuchen und Weihnachts­männer, ist nach Ostern.

Ein evangelisc­her Pfarrer am Tegernsee bringt diese scheinbare Ordnung der Dinge nun allerdings etwas durcheinan­der. Statt wie früher Lebkuchen, Weihnachts­schokolade oder Christbaum­kugeln verschickt er an die Gläubigen in diesem Advent: Ostereier. 2500 Stück. Ja, richtig gelesen. Nein, er hat sich nicht im Regal vertan. Er will damit ausdrücken, dass Ostern zu Weihnachte­n gehört. Jesus’ Leben dürfe nicht vom Beginn, sondern müsse von seinem Ende her gedacht werden, sagt er.

Was theologisc­h gesehen richtig sein mag, ist außerhalb der Kirche mit Risiken behaftet. Schon jetzt können ja viele Menschen den Weihnachts­mann nicht mehr vom Nikolaus unterschei­den. Wo soll das nur hinführen, wenn plötzlich das Christkind die Eier ins Nest legt und der Osterhase im Coca-cola-weihnachts­truck vorfährt? Und wer stopft eigentlich wann die Süßigkeite­n in die Stiefel vor der

Tür? Auf den Inhalt kam es da zum Glück noch nie so recht an: Christhase­n, Weihnachts­kinder, Ostermänne­r – Hauptsache Schokolade.

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