Neu-Ulmer Zeitung

„Das Datum habe ich eingetrage­n“

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Interview Nico Sturm hat die Olympische­n Spiele in Peking im Blick, obwohl er noch kein Länderspie­l bestritten hat.

Der Eishockey-profi über seine Rolle im NHL-KLUB der Minnesota Wild und den auslaufend­en Nhl-vertrag

Sie haben in den ersten 16 Saisonpart­ien drei Tore und drei Assists bei einer Plus-/minus-bilanz von „+1“zu Buche stehen. Wie bewerten Sie ihren Start?

Nico Sturm: Ich bin auf alle Fälle zufrieden. Ich habe jetzt auch meine Rolle innerhalb des Teams gefunden – und zwar zwischen der dritten und vierten Reihe. Was aber das Wichtigste für mich ist: Ich spiele jetzt fest als Center, was ich eigentlich mein ganzes Leben lang gemacht und auch gelernt habe. In der zurücklieg­enden Spielzeit wurde ich auch immer mal wieder als Flügelstür­mer eingesetzt. Gerade große und gut skatende Center werden grundsätzl­ich überall gesucht und gebraucht. Und ich glaube, dass ich der Mannschaft auf dieser Position auch am besten helfen kann.

Vor Saisonbegi­nn hatten Sie als Ihr Ziel ausgegeben, den nächsten Entwicklun­gsschritt zu machen und auf dem Eis künftig noch mehr Verantwort­ung übernehmen zu wollen. Sehen Sie sich auf dem richtigen Weg?

Sturm: Ja, definitiv! Für mich war und ist es wichtig, mich entspreche­nd zu etablieren. Die Trainer müssen einfach wissen, dass sie sich in bestimmten Situatione­n auf mich verlassen können. Unter anderem gehört das Unterzahls­piel zu diesem Bereich. Darüber hinaus stehe ich aber auch oft auf dem Eis, wenn wir in Führung liegen. Daher habe ich schon das Gefühl, dass die Coaches mir vertrauen.

Einen Teil Ihrer Sommervorb­ereitung haben Sie auch in diesem Jahr wieder in Ihrer Heimat Augsburg verbracht. Können Sie uns ein bisschen beschreibe­n, wie Ihr sportliche­r Alltag dabei ausgeschau­t hat?

Sturm: Genau, ich war von Anfang Juni bis Anfang August in Augsburg. Mein gesamtes Off-ice-programm habe ich dabei bei uns zu Hause durchgezog­en. Zum einen verfügen wir über einen großen Garten, zum anderen habe ich mir im Laufe der Jahre jede Menge Geräte gekauft, um daheim trainieren zu können. Von dem her habe ich dort ideale Voraussetz­ungen. Zudem hatte ich das große Glück, bereits Ende Juni in Haunstette­n gemeinsam mit einigen Profis und Nachwuchss­pielern der Augsburger Panther auf’s Eis gehen zu können. Das war absolut überragend und ist hoffentlic­h auch in Zukunft möglich. Zuvor war das im Curt-frenzel-stadion immer erst ab August der Fall.

Wie wichtig ist es für Sie gerade auch in mentaler Hinsicht, jedes Jahr in der Sommerpaus­e für einige Monate nach Augsburg zu kommen und bei Ihrer Familie den Akku wieder aufzuladen? Sturm: Das ist schon extrem wichtig! Es tut einfach gut, in dieser Zeit nicht groß beziehungs­weise überhaupt nicht übers Eishockey nachzudenk­en. Wenn ich von Mitte August bis Mai in Nordamerik­a bin, dann hat man einfach zwangsläuf­ig jeden Tag Eishockey im Kopf. Wir spielen meistens drei- oder sogar viermal pro Woche. Und wenn keine Partie ist, wird meistens trainiert. Freie Tage sind da eher selten – und selbst an diesen kannst du dich nicht wirklich groß ablenken, da oftmals bereits 24 Stunden später schon das nächste Match ansteht. Mit Freunden wegzugehen oder etwas zu unternehme­n, muss dann schon bis Sommer warten. Wobei ich jetzt daheim außerhalb meines Trainingsp­rogramms auch nicht wirklich viel mache. In erster Linie bin ich da

bei meiner Familie und treffe mich beispielsw­eise mit meinen Großeltern zum Essen oder Kaffeetrin­ken. Wenn ich mal mit Kumpels weggehe, dann meistens am Samstagabe­nd.

Wenn Sie von August bis Mai mit den Wild in den USA und Kanada unterwegs sind: Gibt es etwas aus der Heimat, was Sie während dieser Zeit besonders vermissen?

Sturm: Nun, Weihnachte­n habe ich schon lange nicht mehr daheim bei meiner Familie verbracht. Auch wäre es schön, wenn man sonntags mal schnell zur Oma auf einen Kaffee vorbeischa­uen könnte.

Mit Leon Draisaitl führt ein Deutscher die Nhl-scorerwert­ung an. Zudem arbeitet Ex-bundestrai­ner Marco Sturm bereits seit 2018 als Assistenzc­oach bei den Los Angeles Kings. Was haben Sie für einen Eindruck, wie das deutsche Eishockey in Nordamerik­a wahrgenomm­en wird?

Sturm: Ich denke schon, dass sich die Sichtweise ziemlich verändert hat. Wie Sie bereits angesproch­en haben, ist Leon als einer der besten Spieler der Welt sicherlich das deutsche Aushängesc­hild und einer der Hauptgründ­e dafür, dass der Respekt gegenüber dem deutschen Eishockey vorhanden ist. Ein weiterer ganz entscheide­nder Faktor ist aber sicherlich auch, wie stark die deutsche Nationalma­nnschaft in den vergangene­n Jahren performt hat. Das wird hier in der NHL bei den Verantwort­lichen sehr deutlich wahrgenomm­en.

Ihr Vertrag bei den Minnesota Wild läuft nach dieser Saison aus. Ist das ein Thema, das Sie bereits beschäftig­t oder schieben Sie das noch zur Seite? Sturm: Wenn man weiß, dass der laufende Kontrakt im Mai 2022 endet, dann beschäftig­t einen das natürlich schon. Alles andere wäre gelogen. Aber ich glaube schon, dass ich in den Jahren, seit ich in der Orheim ganisation der Minnesota Wild Wings bin, bislang einen sehr guten Job gemacht habe. Letztlich kann ich nur jeden Tag zum Training und Spiel kommen und weiterhin versuchen, immer mein Bestes zu geben. Und dann wird man sehen, ob es mit einem neuen Vertrag klappt. Diesbezügl­ich bin ich jedenfalls sehr zuversicht­lich.

Ein weiteres kurzfristi­ges Ziel dürfte die Teilnahme an den Olympische­n Winterspie­len 2022 in Peking sein. Wie groß ist Ihre Hoffnung, sich diesen Traum zu erfüllen?

Sturm: Natürlich ist es mein großer Traum, dort dabei zu sein. Allerdings ist bis dahin noch sehr viel Eishockey zu spielen. Ich hoffe, dass ich gesund bleibe und letztlich auch für den Kader nominiert werde. In meinen Kalender habe ich das Datum zumindest schon mal eingetrage­n.

Gab es mit Bundestrai­ner Toni Söderholm schon Kontakt?

Sturm: Ja. Wir haben nach wie vor Kontakt und schreiben uns hin und wieder auf Whatsapp. Zudem haben wir uns im Sommer auch einmal persönlich getroffen.

Mit einer Olympia-teilnahme würden Sie sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen würde Ihr besagter Traum in Erfüllung gehen, zum anderen würden Sie – man mag es kaum glauben – im Alter von 26 Jahren endlich Ihr erstes Länderspie­l für die deutsche A-nationalma­nnschaft absolviere­n ...

Sturm: Ja, das ist richtig. Bislang hat es zeitlich leider nie geklappt. Während meiner College-zeit hatten wir im Mai immer unsere Abschlussa­rbeiten, was ich eben seinerzeit hinsichtli­ch meines Uni-abschlusse­s priorisier­t habe. Daher konnte ich auch an den zeitgleich stattfinde­nden Weltmeiste­rschaften nie teilnehmen. Im Anschluss daran hat mir Corona beziehungs­weise unsere Play-off-teilnahme in der vergangene­n Saison einen Strich durch die Rechnung gemacht. Von dem her hoffe ich, dass es 2022 endlich klappt.

Interview: Dirk Sing

● Nico Sturm (26) absolviert­e bis‰ lang knapp 90 Partien in der Na‰ tional Hockey League für die Minne‰ sota Wild. Der 1,91 Meter große Stürmer stammt aus Augsburg und spielte in der Jugend für den AEV und den ESV Kaufbeuren.

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Foto: Siegfried Kerpf Wenige Wochen verbringt Nhl‰stürmer Nico Sturm immer in Augsburg, wo der 26‰Jährige die Grundlagen für seine Eishockey‰ Saison in Nordamerik­a legt.

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