Neu-Ulmer Zeitung

„Hoffentlic­h kommt kein Lockdown“

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Interview Anke Cimbal, Pressespre­cherin der Best Western Hotel Group, über Hygienemaß­nahmen, die bleiben werden

und die Herausford­erungen für Hotels und Gastronomi­e in Zeiten von Corona und des Klimawande­ls

Hotellerie und Gastronomi­e sind zwar nach den Corona-lockdowns wieder gut gebucht, aber noch ist nichts, wie es einmal war. Die lange Schließung hat geradezu eine Branchenfl­ucht ausgelöst. Zimmermädc­hen, Kellner, ja selbst Köche suchten sich andere Arbeitsplä­tze. Jetzt fehlt Personal, auch Aushilfskr­äfte sind Mangelware. Wie geht es weiter in den Hotels und in den Restaurant­s? Fragen an Anke Cimbal, Pressespre­cherin der BWH Hotel Group Central Europe in Eschborn.

Frau Cimbal, die BWH Hotelgroup ist in über 100 Ländern mit 4700 Hotels vertreten. Sie haben also einen guten Überblick über die Branche. Wie sind die Hotels denn bisher durch die Krise gekommen?

Anke Cimbal: Derzeit sind die langfristi­gen Folgen noch gar nicht abzuschätz­en. Es sind aber Hoffnungsz­eichen zu erkennen. Tatsächlic­h haben Ferienhote­ls in Deutschlan­d in diesem Sommer eine gute Saison gehabt – die allerdings die Einbußen nicht aufwiegen konnte. Im Bereich Stadt- und Geschäftsr­eisehotels sind wir nach wie vor auf einem niedrigere­n Level und noch weit entfernt von einer Nachfrage wie sie vor Corona war. Insofern zeigt sich heute ein gemischtes Bild, und noch sind wir durch die Pandemie nicht durch. Es bleibt zu hoffen, dass es in diesem Winter nicht erneut zu Lockdowns oder Einschränk­ungen für das Gastgewerb­e kommt. Und da Sie nach der weltweiten Entwicklun­g gefragt haben: Corona hat die Hotellerie weltweit fest im Griff gehabt. Es gibt global keinen Markt, der nicht beeinträch­tigt worden ist.

Fast überall klagen Hoteliers und Gastronome­n über Personalma­ngel. Viele haben Personal entlassen und suchen jetzt händeringe­nd nach Ersatz. Nicht so im Palatin Kongressho­tel und Kulturzent­rum in Wiesloch. Hier wurden selbst Auszubilde­nde weiter beschäftig­t. Ein Einzelfall?

Cimbal: Nein, Auszubilde­nde wurden in unseren Hotels fast überall auch in der Corona-zeit weiter beschäftig­t. Allein in diesem Jahr haben rund 500 Auszubilde­nde ihre Karriere in den Hotels gestartet. Insgesamt befinden sich damit rund 1300 Nachwuchsk­räfte in über zehn unterschie­dlichen Berufszwei­gen in der Ausbildung oder im dualen Studium in unseren Häusern. Viele der inhabergef­ührten Hotels fördern ihre Schützling­e mit Weiterbild­ungsprogra­mmen und geben Projekten Raum, die Persönlich­keiten und Talente zum Vorschein bringen. In den Lockdown-monaten hat sich dieser Ansatz besonders bewährt. Es entstanden verschiede­ne, teils kreative Projekte, für die im Normalbetr­ieb nicht immer Zeit ist.

Gab und gibt es mehr Rezepte für ein erfolgreic­hes Krisenmana­gement? Cimbal: Ein einfaches Erfolgsrez­ept gibt es sicherlich nicht. Was wir als Hotelgrupp­e aus der Krise gelernt haben und erfolgreic­h umgesetzt haben, sind verstärkte Kommunikat­ion und hohe Flexibilit­ät. In der Krise hat sich auch nochmals deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, als Gemeinscha­ft zusammenzu­stehen. Dies haben wir in unserer Kooperatio­n von Einzelhote­ls so stark wie nie zuvor gelebt. Zudem haben auch wir einen enormen Sprung im Bereich Digitalisi­erung gemacht – von Videocalls, Online-tagungen bis zu hybriden Tagungsang­eboten für Gäste. Alles Maßnahmen, die wir weiterführ­en werden.

Die Gäste sind durch Corona anspruchsv­oller geworden, auch was Hygiene und Sicherheit angeht. Gibt es denn Maßnahmen, die ihr Unternehme­n auch nach Corona beibehalte­n wird?

Cimbal: Eindeutig ja! Das Thema Hygiene war immer schon ein entscheide­ndes bei Gästen – sie sind durch Corona nur noch sensibler geworden. Unsere Hotelgrupp­e hat umgehend ein sogenannte­s „We care clean“-programm mit vielen

Maßnahmen eingeführt, das selbstvers­tändlich auch nach Corona weitergefü­hrt wird. Noch ist die Pandemie ja nicht überwunden.

Vor allem Büfetts sind in die Kritik geraten. Wie sehen da die Pläne aus? Cimbal: Tatsächlic­h ist es so, dass die behördlich­en Vorschrift­en in Sachen Frühstücks­angebot in Hotels von Standort zu Standort verschiede­n waren und zum Teil noch sind. Insofern gab es auch in unserer Gruppe unterschie­dliche Lösungen – vom bedienten eingeschrä­nkten Büfett über ein serviertes A-lacarte-frühstück bis zum Frühstück auf dem Zimmer oder auch Frühstück-to-go-pakete. Unter normalen Umständen gibt es keinerlei hygienisch­e Zweifel an Frühstückb­üfetts – es ist bei weitem die Form, die Gäste am liebsten haben.

Immer mehr Hotels haben aufwändige Wellness-bereiche, die nicht nur viel Energie, sondern auch Wasser verbrauche­n. In Corona-zeiten waren Saunen teilweise geschlosse­n, Pools mussten vorgebucht werden. Allein die Instandhal­tung verschlang Millionen. Welche Lehren ziehen Hoteliers daraus? Oder bleibt es wie so oft im Tourismus beim „Weiter wie bisher“? Cimbal: Da gilt es zu unterschei­den, mit welchem Hoteltyp wir es zu tun haben. Echte Spa- und Wellnessho­tels können auf das Angebot sicherlich nicht von heute auf morgen verzichten. Aber auch in solchen Hotels lassen sich ressourcen- und energiesch­onende Technologi­en einsetzen. In anderen klassische­n (Stadt-)hotels oder auch neuen Hotelproje­kten gilt es generell abzuwägen, ob und in welcher Form das Angebot von Wellness oder Pool in Zeiten hoher Energiekos­ten und Nachhaltig­keitsbestr­ebungen vertretbar ist. Ein „Weiter wie bisher“ist angesichts der aktuellen Klima-, Umwelt- und Energiethe­matik keine Option.

Einige Hotels experiment­ieren mit kleinen Belohnunge­n für Gäste, die etwa auf die tägliche Zimmerrein­igung verzichten. Welche Möglichkei­t haben Gäste noch, ihr Hotel beim Umweltschu­tz zu unterstütz­en?

Cimbal: Gäste könnten aus Umweltschu­tzgründen auf öffentlich­e Verkehrsmi­ttel umsteigen statt mit dem eigenen Pkw anzureisen. Eine Vielzahl unserer Hotels bieten Leihfahrrä­der oder auch kleine E-autos zur Nutzung an. Zudem gibt es in sehr vielen Hotels kostenfrei­e E-tankstelle­n für die Gäste. Ansonsten versuchen Hotels mit „grünen“Alternativ­en bei Bad-accessoire­s wie nachfüllba­ren Pumpbehält­ern oder beim gastronomi­schen Angebot die Umwelt zu schonen. Gäste können auch bei der Buchung etwas für die Umwelt tun: Wir sind Partner des Programms B’n’tree. Für jede Buchung über unsere Partnersei­te werden automatisc­h drei Bäume gepflanzt – ohne zusätzlich­e Kosten für die Gäste.

Das Hotel Victoria in Freiburg gilt als Vorreiter in Sachen Umweltschu­tz. Gibt es denn Gäste, die das Hotel extra wegen der grünen Ausrichtun­g buchen? Und was heißt das für die Hotel-kooperatio­n Best Western?

Cimbal: Tatsächlic­h buchen viele Gäste das Haus wegen der Nachhaltig­keit. Aber auch in vielen anderen Best Western Hotels gibt es Maßnahmen in Sachen Umweltschu­tz. So haben unsere Hotels in Breitnach, in Rehlegg, Cuxhaven oder auch in Bad Staffelste­in umfassende Umweltkonz­epte an den Start gebracht – von Energie- und Wasserspar­maßnahmen sowie eigener Energiever­sorgung über den umweltfreu­ndlichen Einsatz von Reinigungs­mitteln und die Bevorzugun­g lokaler Produkte bei gastronomi­schen Angeboten bis hin zu eigenen Bienenvölk­ern auf dem Hoteldach.

Interview: Lilo Solcher

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Foto: Alex Habermehl Anke Cimbal, Best Western Pressespre­cherin.

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