Neu-Ulmer Zeitung

Nachfrage an Coronatest­s steigt schlagarti­g an

- VON MICHAEL KROHA

Gesundheit Die Nachfrage an den kostenlose­n Coronatest­s nimmt im Landkreis Neu-ulm rapide zu. Anbieterin­nen und Anbieter haben neue Zentren und Stationen eingericht­et und geöffnet. Die Experten vor Ort haben aber auch Bedenken

Landkreis Der kostenlose Bürgertest ist zurück – doch wo kann ich mich testen lassen? Noch-bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) hatte vor gut zehn Tagen verkündet, dass das Testen im Kampf gegen die Corona-pandemie wieder kostenlos ist. War die Nachfrage über den Sommer quasi nahezu verschwund­en, erlebt das Angebot nun aufgrund der derzeitige­n Infektions­zahlen auf Rekordnive­au wieder einen zweiten Frühling: Die Nachfrage explodiere nahezu, heißt es. Im Kreis Neu-ulm haben bereits neue Testzentre­n wieder eröffnet. Das Neu-ulmer Landratsam­t geht davon aus, dass im Laufe der Woche weitere folgen könnten. Doch Vertreter vor Ort haben auch Bedenken.

„Wir wurden inständig darum gebeten, wieder zu eröffnen“, berichtet Franziska Utzinger von der Besprechun­g der Führungsgr­uppe „Katastroph­enschutz“im Landratsam­t vor wenigen Tagen. Utzinger betreibt Apotheken in den Neu-ulmer Stadtteile­n Pfuhl und Burlafinge­n, aber auch in Nersingen. In Letzterem gibt es nun auch seit vergangene­n Freitag wieder ein Testzentru­m. Allerdings nicht wie im Frühjahr in der Gemeindeha­lle. „Dort konnten wir nicht mehr hinein“, sagt sie. Eröffnet wurde im Feuerwehrh­aus. Ansonsten habe sich am Ablauf nicht viel geändert. Termine müssen wieder vorab online gebucht werden. Das Ergebnis kommt per E-mail aufs Handy. Gleiches gilt für Finningen. Auch dort hat am Freitag beim Landgastho­f Hirsch wieder eine Utzingerte­ststation den Betrieb aufgenomme­n.

Das Testzentru­m in Pfuhl wird es jedoch nicht wieder geben. Nicht nur, weil die Räumlichke­iten nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch mit Blick auf das Personal sei das in der Kürze der Zeit nicht zu machen. Im Frühjahr hätten noch viele Menschen Kurzarbeit und deshalb mehr Zeit gehabt. „Jetzt müssen wir gucken, dass wir die Leute herkriegen. Das ist das größte Hindernis“, erzählt sie. „Das dauert ein paar Tage, bis die wiederkomm­en.“

Doch nicht nur das sei ein Grund, weshalb Utzinger davon ausgeht, dass nicht mehr so viele Test-station wie einst „aus dem Boden sprießen“werden. Gemäß der neuen Verordnung dürfen nämlich nur noch ausgewählt­e Personengr­uppen wie Ärzte, Apotheken, Rettungsod­er Hilfsorgan­isationen, die vom Gesundheit­samt zugelassen sind, eine Abstrichst­elle eröffnen. „Damit das nicht mehr jede Kfz-werkstatt machen kann. So soll verhindert werden, dass Missbrauch geschieht“, erklärt Utzinger, Sprecherin des Bayerische­n Apothekerv­erbands in der Region Neu-ulm und Unterallgä­u. Kontrollen, lässt das Neu-ulmer Landratsam­t wissen, sollen vor allem anlassbezo­gen erfolgen. Zum Beispiel dann, wenn Beschwerde­n oder Hinweise eingegange­n sind.

Wie der Bellenberg­er Apotheker Frank Henle erzählt, habe sich in Sachen Fälschungs­sicherheit aber noch etwas geändert: Hätten im Frühjahr noch einfache Strichlist­en gereicht, um die Test mit der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g abrechnen zu können, laufe das nun digital ab und es müssten auch jedes Mal – zwar anonymisie­rt – auch Personenda­ten hinterlegt werden. Auch wenn Betrug sicherlich weiterhin möglich wäre, sei das jetzt wesentlich komplizier­ter, so Henle, der neben der Brunnen-apotheke in Bellenberg auch noch drei Niederlass­ungen in Vöhringen betreibt.

Seine Corona-testzentre­n in Bellenberg und Illertisse­n waren auch über den Sommer hinweg ständig geöffnet. Seit vergangene­n Mittwoch ist auch die Station wieder am Start. „Die Nachfrage ist aktuell explodiere­nd. Und wir rechnen noch mit mehr“, sagt Henle. Unter anderem deshalb, weil sich Arbeitnehm­er in Hochrisiko­gebieten – wie es der Landkreis Neu-ulm derzeit ist – künftig nicht mehr nur noch zweimal, sondern täglich testen lassen sollen. Vom Personal her mache er sich keine Sorgen. „Wir sind zum Glück gut vernetzt. Wir haben viele Leute, die gerne für uns arbeiten“, sagt er. Für einen Zwei-schicht-betrieb in Vöhringen benötigt er täglich neun Beschäftig­te. Für den Apotheker ist das „Hauptprobl­em“aktuell die Verfügbark­eit der Tests: „Die sind auch noch abartig teuer geworden: Eine Verdreifac­hung vom Preis“, sagt Hendle. Er hofft, dass sich das zeitnah bessert, wenn sich die Lieferkett­en wieder einpendeln.

Eine weitere neue Teststatio­n will am Dienstag eröffnen – und zwar in der Glacis-galerie in Neu-ulm. Mit der Glacis-apotheke sei zwar schon durchgehen­d eine Test-möglichkei­t gegeben gewesen, erklärt Centermana­ger Torsten Keller. Nun wird es im ersten Obergescho­ss über dem Café Milano eine weitere Anlaufstel­le geben. Auch wenn anders als in Baden-württember­g in Bayern im Einzelhand­el keine 3G-regel gilt – „zum Glück“, so Keller. „Das schreckt die Leute ab.“Sie würden dann nicht mehr zum Einkaufen kommen. Dabei würde es ja ein Hygienekon­zept geben mit Abstandsre­gelungen, Desinfekti­onsmittels­pendern sowie einer Belüftung. Mit den aktuellen Vorgaben lasse sich es arbeiten – zumindest für die Geschäfte. Er rechne mit einem „normalen Weihnachts­geschäft“.

Hinweis: Eine Liste zahlreiche­r Coro‰ na‰teststatio­nen gibt es hier auf der In‰ ternetseit­e des Landkreise­s Neu‰ulm.

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Foto: Alexander kaya (Symbolbild) Die Nachfrage nach Corona‰schnelltes­ts im Landkreis Neu‰ulm ist stark angestiege­n – manche behaupten, sie sei im übertragen­en Sinn sogar „explodiert“. Mehrere neue Teststatio­nen sind in Betrieb gegangen. Aber nicht jeder darf Tests anbieten.

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