Neu-Ulmer Zeitung

Weihnachts­markt öffnet, der OB ist in Quarantäne

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Auftakt Während im Landkreis Neu-ulm alle Märkte abgesagt wurden, hat der Budenzaube­r in Ulm am Montag begonnen. Zur umstritten­en Eröffnung fehlte allerdings Ulms OB Gunter Czisch – wegen einer Corona-infektion

Ulm 18.000 Lichter am Münsterpla­tz-weihnachts­baum leuchten auf Knopfdruck. Pünktlich um 18 Uhr wurde es Licht auf einem Weihnachts­markt, der in die Geschichte eingehen wird. Nicht nur, weil Ulms Stadtoberh­aupt ausgerechn­et wegen einer Corona-infektion der feierliche­n Eröffnung fernbleibe­n musste. Sondern viel mehr, weil in Ulm mit der Budenstadt erlaubt ist, was in Neu-ulm verboten ist.

Dem Stadtoberh­aupt Czisch widerfuhr, was auf dem Ulmer Weihnachts­markt unbedingt vermieden werden soll: eine Infektion mit Corona. Czisch hatte sich am Freitag vor der Eröffnungs­rede des Forums „m25“und am Samstag vor dem Bürgerspaz­iergang in der Weststadt getestet. Beide Male war das Ergebnis nach Angaben der Stadtverwa­ltung negativ. Anders am Sonntagnac­hmittag. Hier zeigte der Schnelltes­t von Czisch – der vollständi­g geimpft und symptomfre­i ist – ein positives Ergebnis, das ein PCRTEST inzwischen bestätigt hat. Für Skeptiker der Durchführu­ng des Weihnachts­markts könnte das ein Argument für die 2G-plus-regel sein, also dass Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Schnelltes­t vorweisen müssen.

So weit war es zur Eröffnung des Ulmer Weihnachts­markts am Montag allerdings noch nicht: Pünktlich um 10 Uhr wurden die Impfnachwe­ise überprüft und eine Registrier­ung angeleitet. „Alles lief bisher glatt“, sagt Barny Sancakli, einer der Geschäftsf­ührer des Ulmer Sicherheit­sdiensts SHS, der für die Einlasskon­trollen engagiert wurde. Die Besucherin­nen und Besucher hätten bislang sehr verständni­svoll reagiert, jeder wusste, dass er sich registrier­en muss und einen Impfnachwe­is vorzulegen habe. Nieselrege­n und kaum drei Grad führten neben der ganzen Corona-diskussion sicherlich dazu, dass zur Mittagszei­t am ersten Tag kaum etwas los war. Warteschla­ngen gab es erst kurz vor 18 Uhr.

Der Zweite Bürgermeis­ter Martin Bendel eröffnete am Abend offiziell den Budenzaube­r. Und verteidigt­e die Eröffnung des Ulmer Weihnachts­markts. Es sei keine einfache Entscheidu­ng für die Stadt gewesen, eine so große Veranstalt­ung durchzuzie­hen. Doch im Rathaus lebe die Überzeugun­g. dass es verantwort­bar ist. Schließlic­h gebe es die 2G-regel, Maskenpfli­cht und zudem sei es eine Freiluftve­ranstaltun­g. „Niemand braucht Angst haben.“

Nieselrege­n, Corona und Zweifel konnten zuvor der guten Laune der Besucherin­nen und Besucher wie auch der Händler und Händlerinn­en keinen Abbruch tun. Gabriele Hirschberg etwa ist vergnügt. „Das ist mein Leben“, sagt 76-jährige Illertisse­rin, die als Seniorchef­in des Glühwein-stands vor dem Ex-abt eine Institutio­n auf dem Weihnachts­markt ist. Zwei Jahre habe die Schaustell­erfamilie so gut wie keine Einnahmen gehabt, es tue so gut, wieder auf dem Weihnachts­markt zu sein. „Die Leute sind noch etwas rar“, sagt sie.

wir sind glücklich und froh, hier sein zu dürfen“, so die Glühwein-expertin. Nur von Reserven und Überbrücku­ngshilfen hätte die Familie in den vergangene­n Monaten gelebt. Umso schöner und wichtiger sei es für die Schaustell­er, die schon vor knapp 40 Jahren beim ersten Weihnachtm­arkt zugegen waren, wieder arbeiten zu dürfen. Dieses Jahr haben die Hirschberg­s nur die Hälfte der sonst üblichen Glühwein-menge geordert. Denn der Lieferant nimmt nichts zurück, wenn der Weihnachts­markt noch vor dem geplanten Ende am 22. Dezember abgesagt wird. Dieses Risiko ist auch am diesjährig­en Glühwein-preis abzulesen: Vier Euro kostet die Tasse.

Gut besucht sind am Mittag bereits die Stände mit Zubehör für Weihnachts­krippen. Vor dem Stand von August Zinnecker etwa stehen gleich drei Paare, die dringend etwas für ihre Krippe brauchen. Mal Engel, mal Esel oder einen kleinen Maulwurf als Gag. Stammkunde­n hat auch der Bürstenlad­en. Der begehbare Stand der Familie Liepert ist eine Institutio­n auf dem Ulmer Weihnachts­markt. 3000 verschiede­ne Artikel, das meiste davon Bürsten, stehen zum Verkauf. „Es waren heute Morgen schon sehr, sehr viele bekannte Gesichter da“, sagt Lieselotte Liepert. Fast zwei Jahre konnte die Familie praktisch nicht arbeiten. „Für uns ist es dringend notwendig, dass der Markt stattfinde­t.“

Diesen Druck verspürte im Vorfeld bereits Jürgen Eilts, der Geschäftsf­ührer der Ulmer Messegesel­lschaft, dem Veranstalt­er des Markts. Er schätzt, dass die Hälfte der Beschicker bei einer kurzfristi­gen Absage direkt in die Pleite schlittern würde. „Zwischen An„aber spannung und Zerrissenh­eit“bewege sich sein Gefühlsleb­en, so Eilts weiter. Denn auch die Zweifel, ob die Großverans­taltung verantwort­bar sei, würden nicht spurlos an ihm und seinem Team von der Ulmer Messegesel­lschaft vorbeigehe­n.

Nicht nur Weihnachts­märkte im bayerische­n Teil der Region wurden ersatzlos gestrichen: Wegen rasant steigender Infektions­zahlen sagte am Montag auch Aalen im Ostalbkrei­s seinen Markt ab. Etwas weiter entfernt zudem Ravensburg, Böblingen und Esslingen. „Vielleicht müssen wir auch noch mittendrin unsere Sachen packen“, befürchtet der Zauberküns­tler Florian Zimmer, der erstmals mit einem Stand vertreten ist. „Aber jetzt bin ich erst mal froh, dass ich da bin.“

Viele weitere Fotos finden Sie online im entspreche­nden Bericht unter nuz.de

 ?? Fotos: Oliver Helmstädte­r ?? Ein Gigant des Lichts. Dundu, eine Großpuppe mit fast fünf Metern Höhe, aus dem Hause des Stuttgarte­r Puppenbaue­rs Tobias Hu‰ semann war der Star bei der Eröffnung des Ulmer Weihnachts­markts.
Fotos: Oliver Helmstädte­r Ein Gigant des Lichts. Dundu, eine Großpuppe mit fast fünf Metern Höhe, aus dem Hause des Stuttgarte­r Puppenbaue­rs Tobias Hu‰ semann war der Star bei der Eröffnung des Ulmer Weihnachts­markts.
 ?? ?? Auch wenn vieles anders ist – die beein‰ druckende Kulisse bleibt.
Auch wenn vieles anders ist – die beein‰ druckende Kulisse bleibt.
 ?? ?? Der erste Glühwein schmeckte – trotz (oder wegen) der Pandemie.
Der erste Glühwein schmeckte – trotz (oder wegen) der Pandemie.
 ?? ?? Die Besucherin­nen und Besucher hoffen auf Weihnachts­stimmung.
Die Besucherin­nen und Besucher hoffen auf Weihnachts­stimmung.
 ?? ?? DIENSTAG, 23. NOVEMBER 2021
DIENSTAG, 23. NOVEMBER 2021
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OB Gunter Czisch

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