Weihnachtsmarkt öffnet, der OB ist in Quarantäne
Auftakt Während im Landkreis Neu-ulm alle Märkte abgesagt wurden, hat der Budenzauber in Ulm am Montag begonnen. Zur umstrittenen Eröffnung fehlte allerdings Ulms OB Gunter Czisch – wegen einer Corona-infektion
Ulm 18.000 Lichter am Münsterplatz-weihnachtsbaum leuchten auf Knopfdruck. Pünktlich um 18 Uhr wurde es Licht auf einem Weihnachtsmarkt, der in die Geschichte eingehen wird. Nicht nur, weil Ulms Stadtoberhaupt ausgerechnet wegen einer Corona-infektion der feierlichen Eröffnung fernbleiben musste. Sondern viel mehr, weil in Ulm mit der Budenstadt erlaubt ist, was in Neu-ulm verboten ist.
Dem Stadtoberhaupt Czisch widerfuhr, was auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt unbedingt vermieden werden soll: eine Infektion mit Corona. Czisch hatte sich am Freitag vor der Eröffnungsrede des Forums „m25“und am Samstag vor dem Bürgerspaziergang in der Weststadt getestet. Beide Male war das Ergebnis nach Angaben der Stadtverwaltung negativ. Anders am Sonntagnachmittag. Hier zeigte der Schnelltest von Czisch – der vollständig geimpft und symptomfrei ist – ein positives Ergebnis, das ein PCRTEST inzwischen bestätigt hat. Für Skeptiker der Durchführung des Weihnachtsmarkts könnte das ein Argument für die 2G-plus-regel sein, also dass Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Schnelltest vorweisen müssen.
So weit war es zur Eröffnung des Ulmer Weihnachtsmarkts am Montag allerdings noch nicht: Pünktlich um 10 Uhr wurden die Impfnachweise überprüft und eine Registrierung angeleitet. „Alles lief bisher glatt“, sagt Barny Sancakli, einer der Geschäftsführer des Ulmer Sicherheitsdiensts SHS, der für die Einlasskontrollen engagiert wurde. Die Besucherinnen und Besucher hätten bislang sehr verständnisvoll reagiert, jeder wusste, dass er sich registrieren muss und einen Impfnachweis vorzulegen habe. Nieselregen und kaum drei Grad führten neben der ganzen Corona-diskussion sicherlich dazu, dass zur Mittagszeit am ersten Tag kaum etwas los war. Warteschlangen gab es erst kurz vor 18 Uhr.
Der Zweite Bürgermeister Martin Bendel eröffnete am Abend offiziell den Budenzauber. Und verteidigte die Eröffnung des Ulmer Weihnachtsmarkts. Es sei keine einfache Entscheidung für die Stadt gewesen, eine so große Veranstaltung durchzuziehen. Doch im Rathaus lebe die Überzeugung. dass es verantwortbar ist. Schließlich gebe es die 2G-regel, Maskenpflicht und zudem sei es eine Freiluftveranstaltung. „Niemand braucht Angst haben.“
Nieselregen, Corona und Zweifel konnten zuvor der guten Laune der Besucherinnen und Besucher wie auch der Händler und Händlerinnen keinen Abbruch tun. Gabriele Hirschberg etwa ist vergnügt. „Das ist mein Leben“, sagt 76-jährige Illertisserin, die als Seniorchefin des Glühwein-stands vor dem Ex-abt eine Institution auf dem Weihnachtsmarkt ist. Zwei Jahre habe die Schaustellerfamilie so gut wie keine Einnahmen gehabt, es tue so gut, wieder auf dem Weihnachtsmarkt zu sein. „Die Leute sind noch etwas rar“, sagt sie.
wir sind glücklich und froh, hier sein zu dürfen“, so die Glühwein-expertin. Nur von Reserven und Überbrückungshilfen hätte die Familie in den vergangenen Monaten gelebt. Umso schöner und wichtiger sei es für die Schausteller, die schon vor knapp 40 Jahren beim ersten Weihnachtmarkt zugegen waren, wieder arbeiten zu dürfen. Dieses Jahr haben die Hirschbergs nur die Hälfte der sonst üblichen Glühwein-menge geordert. Denn der Lieferant nimmt nichts zurück, wenn der Weihnachtsmarkt noch vor dem geplanten Ende am 22. Dezember abgesagt wird. Dieses Risiko ist auch am diesjährigen Glühwein-preis abzulesen: Vier Euro kostet die Tasse.
Gut besucht sind am Mittag bereits die Stände mit Zubehör für Weihnachtskrippen. Vor dem Stand von August Zinnecker etwa stehen gleich drei Paare, die dringend etwas für ihre Krippe brauchen. Mal Engel, mal Esel oder einen kleinen Maulwurf als Gag. Stammkunden hat auch der Bürstenladen. Der begehbare Stand der Familie Liepert ist eine Institution auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt. 3000 verschiedene Artikel, das meiste davon Bürsten, stehen zum Verkauf. „Es waren heute Morgen schon sehr, sehr viele bekannte Gesichter da“, sagt Lieselotte Liepert. Fast zwei Jahre konnte die Familie praktisch nicht arbeiten. „Für uns ist es dringend notwendig, dass der Markt stattfindet.“
Diesen Druck verspürte im Vorfeld bereits Jürgen Eilts, der Geschäftsführer der Ulmer Messegesellschaft, dem Veranstalter des Markts. Er schätzt, dass die Hälfte der Beschicker bei einer kurzfristigen Absage direkt in die Pleite schlittern würde. „Zwischen An„aber spannung und Zerrissenheit“bewege sich sein Gefühlsleben, so Eilts weiter. Denn auch die Zweifel, ob die Großveranstaltung verantwortbar sei, würden nicht spurlos an ihm und seinem Team von der Ulmer Messegesellschaft vorbeigehen.
Nicht nur Weihnachtsmärkte im bayerischen Teil der Region wurden ersatzlos gestrichen: Wegen rasant steigender Infektionszahlen sagte am Montag auch Aalen im Ostalbkreis seinen Markt ab. Etwas weiter entfernt zudem Ravensburg, Böblingen und Esslingen. „Vielleicht müssen wir auch noch mittendrin unsere Sachen packen“, befürchtet der Zauberkünstler Florian Zimmer, der erstmals mit einem Stand vertreten ist. „Aber jetzt bin ich erst mal froh, dass ich da bin.“
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