Schon wieder Kurzarbeit bei Evobus in Neuulm
Wirtschaft Die Krise scheint noch nicht ausgestanden zu sein. Der Betriebsrat spricht von „Opfern“, die zu erbringen seien
Neuulm Nach wie vor hat Evobus im Reisebussegment mit einer „sehr herausfordernden Situation“zu kämpfen. Die Marktlage sei weiterhin angespannt und dies spiegle sich in den Auftragseingängen wider. Aus diesem Grund wird die Produktion am Standort in Neu-ulm – wo vorwiegend Reise- und Überlandbusse produziert werden – ab Dezember 2021 bis voraussichtlich ins erste Quartal 2022 überwiegend ruhen, wie Daimler auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt. Die produktionsfreie Zeit wird über Kurzarbeit abgedeckt.
Der Umfang und die Dauer der Kurzarbeit hängen nach Aussage eines Daimler-sprechers stark von der weiteren Entwicklung des Marktes ab und sind je nach Bereich am Standort unterschiedlich ausgeprägt. Darüber hinaus wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat eine zweiwöchige Produktionspause („Werksferien“) für den Sommer 2022 vereinbart. Dies ist selbst für seit Jahrzehnten im Unternehmen beschäftigte Mitarbeiter eine noch nie da gewesene Maßnahme. Wie der Evobus-betriebsratschef Hansjörg Müller sagt, komme das aber nicht überraschend. Schließlich würden die explodierenden Inzidenzen
weiter die Nachfrage nach Busreisen drücken.
„Wir müssen Opfer bringen, dass wir das Jahr 2022 überstehen.“Die Werksferien treffen nicht nur das Werk in Neu-ulm, die „komplette europäische Schiene“mache für zwei Wochen dicht. „Es ist im Moment kein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen“, sagt Müller. „Die Situation ist nach wie vor angespannt und wird nicht besser.“Weil betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2024 ausgeschlossen sind, sieht Müller, wie berichtet, kaum die Gefahr eines Personalabbaus im großen Stil. Schließlich war Evobus vor der Krise immer die Nummer eins der Bushersteller. Im kleinen Stil werden aber durchaus Stellen in Neu-ulm gestrichen.
Dass in der Entwicklungsabteilung die Arbeit nicht ruht, zeigt die jüngste Neuerung: Omnibusse von Mercedes-benz und Setra erhalten jetzt auf Wunsch ein 360-Gradoder 270-Grad-kamerasystem. Ähnlich wie früher bei einem Ausguck auf Schiffen ist das Ziel die bestmögliche Rundumsicht – denn Passanten und Radfahrerinnen können damit wahrgenommen werden, auch wenn sie sich nicht im Sichtfeld des Fahrers beziehungsweise der Fahrerin oder in den Blickfeldern der Außenspiegel befinden.
Auf einem Monitor im Format zehn Zoll mit geteiltem Bildschirm sieht der Fahrer oder die Fahrerin den Bus aus der Vogelperspektive. Ein zweites Bild im Monitor hängt von der Fahrsituation ab: Je nach gesetztem Blinker oder der eingelegten Rückwärts-fahrstufe wechselt es zum Beispiel automatisch auf die entsprechende Seite. Insgesamt stehen fünf Ansichten zur Verfügung.
Vor dem geplanten Börsengang am 10. Dezember veranstaltete Daimler Truck zudem jüngst seinen „Capital Market Day“, bei dem die Rentabilitätsambitionen für jedes Segment und eine fokussierte Finanzdisziplin im Vordergrund stehen. Basierend auf dem Anspruch „Jedes Segment muss liefern“, hatte das Top-management von Daimler Trucks ein Margenspektrum für die Bussparte von 7,5 Prozent angegeben. Das gilt allerdings in einem Szenario mit starken Marktbedingungen, also nicht unter Bedingungen wie im düsteren Spätherbst 2021.