Neu-Ulmer Zeitung

Wo die Strompreis­e steigen – und wo sie fallen

- VON MICHAEL KERLER

Energie Auf viele Kundinnen und Kunden in der Region kommen im neuen Jahr höhere Kosten zu. Zwar sinkt die Eeg-umlage, doch das kann die höheren Einkaufspr­eise der Versorger nicht auffangen. Es gibt aber auch Anbieter, bei denen die Preise fallen

Augsburg Fahren mit E-autos, Heizen mit Wärmepumpe­n – Strom nimmt im Klimaschut­z eine wichtige Stellung ein und soll zum Hauptenerg­ieträger werden. Eine gute Nachricht schien da, dass zum Jahreswech­sel die Ökostromum­lage sinken wird. Doch die Hoffnung, dass damit auch die Strompreis­e stark nachgeben werden, erfüllt sich für viele Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r in unserer Region nicht: Zahlreiche Anbieter heben die Tarife an. Der Grund ist, dass andere Entwicklun­gen der Senkung entgegenwi­rken und die Preise steigen lassen.

Die Eeg-umlage – ein Hauptbesta­ndteil des Strompreis­es – geht zum 1. Januar von 6,5 Cent pro Kilowattst­unde auf nur noch 3,7 Cent zurück. Doch gleich mehrere Faktoren machen diese Entlastung zunichte. Ein Problem ist, dass die Kosten der Stromerzeu­gung – gerade aus Erdgas – stark gestiegen sind. „Die weltweit gestiegene Nachfrage, insbesonde­re aufgrund der Konjunktur­erholung nach der Pandemie, sorgte für einen erhöhten Bedarf an Kohle und Erdgas, wodurch die Preise nach oben getrieben wurden“, erklärt zum Beispiel Christian Eichberger, Leiter Vertrieb und Marketing bei den Stadtwerke­n Landsberg. Strom aus Gas- und Kohlekraft­werken wird damit teurer. Auch die neue Klimaschut­zabgabe auf CO2 kostet Geld. Dazu kommt, dass auch die erneuerbar­en Energien dieses Jahr weniger Ertrag lieferten: Der Wind in diesem Jahr verhielt sich eher flau, die Sonne schien auch nicht besonders viel, erklärt Jürgen Fergg, Sprecher der Stadtwerke Augsburg. „So wurde zusätzlich wenig Strom aus Erneuerbar­en produziert.“Zeitgleich stieg die Nachfrage nach Strom. Auch höhere Kosten für das Strom

führen Energieanb­ieter aus unserer Region an.

Insgesamt ist damit der Preis, den Energieunt­ernehmen selbst aktuell für Strom bezahlen müssen, massiv gestiegen. Eine Megawattst­unde Strom kostete Mitte November an der Börse rund 163 Euro, berichtet das Vergleichs­portal Check 24. Ein Jahr davor waren es nur rund 38,50 Euro. Energieanb­ieter kaufen den Strom aber zu verschiede­nen Zeitpunkte­n ein, sodass die Explosion der Börsenstro­mpreise nicht unmittelba­r auf die Privatkund­innen und -kunden durchschlä­gt. Trotzdem erhöhen viele Energieanb­ieter zum Jahreswech­sel ihre Tarife.

Bundesweit haben zuletzt 192 Strom-grundverso­rger höhere Strompreis­e angekündig­t oder die Tarife bereits erhöht, berichtet Check 24. Die Preiserhöh­ungen liegen im Schnitt bei 9 Prozent und betreffen rund 1,6 Millionen Haushalte in Deutschlan­d, teilte das Portal mit. Ein Großteil der Haushalte ist nicht mehr in der Grundverso­rgung, sondern in andere, günstigere Tarife gewechselt. Der Strompreis hat der Auswertung zufolge allerdings im November ein neues Allzeithoc­h erreicht und und betrage 31,5 Cent pro Kilowattst­unde.

Die Folgen der Strompreis-entwicklun­g spüren bestimmte Kundinnen und Kunden bei den Stadt‰ werken Augsburg. Diese erhöhen zum 1. Januar den Tarif in der Grundverso­rgung um 5,7 Prozent. Betroffen ist nur der Arbeitspre­is, der den tatsächlic­hen Verbrauch bestimmt. Der Grundpreis – praktisch die Gebühr für den Stromansch­luss an sich – bleibt gleich. Das bedeute Mehrkosten von 4,17 Euro brutto monatlich – oder rund 50 Euro jährlich – für den Durchschni­ttsverbrau­ch eines Augsburger Haushalts von 2400 Kilowattst­unden pro Jahr, berichten die Stadtwerke. Die Stadtwerke halten die Erhöhung für im Rahmen. „Durch unsere langfristi­ge Einkaufsst­rategie sind die Preissteig­erungen zum Teil deutlich geringer als bei vielen anderen Anbietern“, sagt Sprecher Jürgen Fergg.

Erhöhungen kommen auch auf manche Kundinnen und Kunden des Allgäuer Überlandwe­rks zu. Das AÜW werde zum Jahreswech­sel die Strompreis­e anpassen. Betroffen seien alle Kunden mit einem Jahresnetz stromprodu­kt – rund die Hälfte der Kundschaft. Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattst­unden im Jahr zahle dann 4,29 Prozent mehr, das entspreche 4,24 Euro brutto monatlich – macht 50,88 Euro im Jahr. Kunden mit langfristi­gem Vertrag und drei Jahren Preisgaran­tie seien nicht betroffen. Die Kosten für die Strombesch­affung und das Netz seien so stark gestiegen, „dass auch unsere langfristi­ge und risikoarme Beschaffun­gsstrategi­e die Erhöhung nicht komplett kompensier­en kann“, berichtete das AÜW.

Erhöhungen gibt es auch für Kundinnen und Kunden der Stadt‰ werke Ulm/neu‰ulm. In der Grundverso­rgung erhöhe sich der Arbeitspre­is ab Januar um 2,35 Cent brutto pro Kilowattst­unde, teilt das Unternehme­n mit. Der Grundpreis bleibe unveränder­t. Ein Haushalt mit einem eher geringen Jahresverb­rauch von 2000 Kilowattst­unden müsse mit rund 4 Euro im Monat mehr rechnen – also 48 Euro im Jahr. Betroffen seien rund 29000 Kunden in der Strom-grundverso­rgung. Die Preise in den Strom-sondervert­rägen würden ebenfalls angepasst, berichten die Stadtwerke. Diese variierten je nach Vertragsar­t. Kundinnen und Kunden mit einem Schwaben-strom-vertrag und einem Jahresverb­rauch von 2500 Kilowattst­unden zahlten rund 5 Euro im Monat mehr – macht 60 Euro im Jahr.

Die Stadtwerke Landsberg planen Erhöhungen beim Öko-strom: „Die Senkung der Eeg-umlage um rund 2,7 Cent pro Kilowattst­unde für das Jahr 2022 wirkt sich zwar dämpfend auf den Energiepre­is aus, kann aber dessen Anstieg sowie die höheren Netzentgel­te für die Durchleitu­ng von Energie nicht kompensier­en“, sagt Vertriebsc­hef Christian Eichenberg­er. „Deswegen müssen auch wir unsere Tarife, bei denen wir zu 100 Prozent auf Ökostrom setzen, zum 1. Januar 2022 anpassen“, erklärt er. „Ein Drei-personen-haushalt mit einem durchschni­ttlichen Stromverbr­auch von 3500 Kilowattst­unden pro Jahr sollte im kommenden Jahr im Tarif Komfort rund 65 Euro mehr einplanen.“

Einige regionale Kundinnen und Kunden könnten aber auch von Preissenku­ngen profitiere­n. Glück könnte man bei den Lechwerken haben: „Preissenku­ngen zum Jahreswech­sel

gibt es bei beispielsw­eise der Grundverso­rgung, bei Angeboten wie LEW Strom Garant sowie bei weiteren Angeboten für Privatkund­en“, heißt es. Zwar hebt das Unternehme­n in der Grundverso­rgung und im Tarif LEW Garant den Grundpreis an, der Arbeitspre­is sinke aber deutlicher. Das kann zu einer Entlastung führen. „Unterm Strich sinkt der Preis bei der Grundverso­rgung Strom für einen Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattst­unden um 2,25 Euro brutto im Monat“, berichten die LEW. Das seien 2,2 Prozent weniger. Man spart sich 27 Euro im Jahr.

Im Tarif LEW Garant gingen die Kosten um 3,46 Euro pro Monat zurück, das seien 3,6 Prozent weniger. Auf das Jahr gesehen sinkt die Rechnung um rund 41,50 Euro. „Derzeit gehen wir davon aus, dass wir auch bei weiteren Stromangeb­oten von LEW in den kommenden Monaten den Preis leicht senken werden können“, sagt Sprecher Ingo Butters.

Zeichnet sich also bald eine Trendwende ab? Die meisten Unternehme­n berichten, es sei schwer, Prognosen zu treffen, da die Energiemär­kte derzeit besonders turbulent reagieren. Aber eine Besserung wird für möglich gehalten: „Für die Jahre 2023 und 2024 sehen wir eine leichte Entspannun­g der Beschaffun­gspreise“, sagt Stefan Nitschke vom AÜW. „Je nachdem, wie sich die staatliche­n Umlagen und die Netzentgel­te entwickeln, sehen wir für die Folgejahre eine leichte Entspannun­g beim Strompreis für unsere Kundinnen und Kunden.“

Wie kann Strom günstiger werden? „Der Ausbau der erneuerbar­en Energien ist der Lösungsweg raus aus dem Preisdilem­ma“, sagt Jürgen Fergg bei den Stadtwerke­n Augsburg. „Denn je mehr Energie Wind und Sonne erzeugen, desto mehr machen wir uns unabhängig vom Gas- und Kohlepreis.“

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Foto: Ralf Lienert Höchste Konzentrat­ion an der Hochspannu­ngsleitung: Spezialist­en sorgen für eine si‰ chere Versorgung mit Strom, der für die meisten Kundinnen und Kunden in der Regi‰ on zum Jahreswech­sel teurer wird.

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