Trotz viel Platz kann es eng werden
Verschärfung Die neuen bayerischen Corona-auflagen stellen Kulturveranstalter einmal mehr vor große Probleme. Wie gehen sie damit um? Ein Stimmungsbild aus der Region und darüber hinaus
Von diesem Mittwoch an gelten für die Kultur im Freistaat wieder schärfere Corona-regeln. Vor allem bei Theater- und Konzertveranstaltungen müssen die Veranstalter strenge Auflagen befolgen: Zum Impf- beziehungsweise Genesenennachweis ist zusätzlich ein tagesaktueller, zertifizierter negativer Corona-test vorzulegen (Regelung 2G plus). Weiterhin ist während der Vorstellung eine Ffp2-maske zu tragen. Obendrein kommt dazu, dass nur noch 25 Prozent der eigentlichen Besucherkapazität belegt werden dürfen. Die Kulturhäuser stellt das vor nicht geringe Probleme, haben sie doch gerade für die vorweihnachtlichen Wochen bereits zahlreiche Karten verkauft. Wir haben uns – pars pro toto – bei einigen Veranstaltern umgehört.
● Am Staatstheater Augsburg werden alle Vorstellungen, auch die Schulvorstellungen, wie geplant stattfinden – jedenfalls so lange, wie die Inzidenzzahl unter 1000 liegt. Dies hat Intendant André Bücker entschieden. Weil die Bayerische Staatsregierung zudem verordnet hat, dass die Publikumskapazität der Spielstätten nur zu 25 Prozent ausgenutzt werden darf, werden zunächst sämtliche im freien Vorverkauf erworbenen Tickets storniert. Über die Staatstheater-website und über Social Media wird dann zur Neubuchung über die freien Platzkapazitäten neu informiert. Alle Abonnementskunden mit Karten bis zum 15. Dezember werden vom Besucherservice kontaktiert, um den Termin für einen Vorstellungsbesuch zu klären. André Bücker grundsätzlich zur Neuverordnung: „Nachdem das Publikum unser Haus in den vergangenen Wochen mit so viel Zuspruch und Interesse beschenkt hat, sind wir erschüttert, nun plötzlich den Einlass wieder so stark beschränken zu müssen.“
● Nach Bekanntwerden der neuen Corona-regeln in Bayern hat die Big Box Allgäu in Kempten die meisten ihrer Veranstaltungen der nächsten Wochen ins Jahr 2022 verschoben oder ganz abgesagt. Das hängt unter anderem mit der neu eingeführten Platzbeschränkung zusammen: Bei etlichen Veranstaltungen waren schon viel mehr als nur 25 Prozent der Karten verkauft, teilt Big-boxsprecherin Ramona Kloos mit. Deshalb bleibe nur noch die Verschiebung oder die Absage. Zugleich sei es schwierig, die neue 2G-plus-regel zu handhaben. Am Einlass müsse noch mehr kontrolliert werden, was einen höheren Aufwand mit mehr Personaleinsatz bedeute. Kloos hat zudem festgestellt, dass viele Kulturfreunde inzwischen zögern, Veranstaltungen zu besuchen. „Entweder sind sie nicht geimpft. Oder sie möchten zu enge Kontakte vermeiden.“Die Verschiebungen und Absagen seien „wirtschaftlich sehr schwierig“für ihre Halle, erklärt
Kloos. Gleichwohl könne sie die verschärften Vorgaben für Kulturveranstaltungen nachvollziehen. „Die Infektions- und Hospitalisierungszahlen sind ja schlimmer als bei den letzten Corona-wellen“, sagt sie. „Mit so niedrigen Impfzahlen funktioniert das nicht.“
● In die Kellerbühne Podium in Kauf beuren können zu einer Kabarettvorstellung an diesem Freitag alle Besucher und Besucherinnen kommen, da noch nicht so viele Karten verkauft sind. Wie es danach auf der Kleinkunstbühne weitergeht, ist unklar. Oda Lindner, zuständig für die Organisation, sagt: „Wir spielen, solange wir dürfen.“Von den ursprünglich 115 Plätzen sind wegen der bisher geltenden Corona-bestimmungen schon nur noch 75
Plätze verfügbar. Bei einer Belegung von lediglich 25 Prozent würde das Publikum dann auf nurmehr wenige Plätze schrumpfen. Im Veranstaltungskalender stehen noch drei Termine, auf die, wie Lindner sagt, spontan reagiert wird.
● Der Birdland Jazz Club in Neuburg an der Donau steht vor dem Problem, dass im Landkreis die Inzidenz am Dienstag bereits bei 782,8 Infektionen in den vergangenen sieben Tagen liegt. Ab einem Wert von 1000 sind alle Veranstaltungen untersagt. Manfred Rehm, der den Jazzclub betreibt, sagt: „Aktuell ist es kompliziert, ich schaue von Woche zu Woche, wie es aussieht, und stimme mich mit den Künstlern und Künstlerinnen ab.“Platz finden im Birdland normalerweise über 100
Gäste. Das Konzert einer Neuburger Band am Samstag ist bereits auf nächstes Jahr verschoben. Das Johnny O’neal Trio dagegen wird am Freitag auftreten. Für das Publikum gelten die 2G-plus-regeln und begrenzte Platzauswahl. 40 Karten sind bereits verkauft, nach neuer Regelung zu viel – Rehm rechnet nach einer Rundmail jedoch damit, dass einige Jazzfreunde aber absagen werden. Für Dezember sind eigentlich noch sechs Veranstaltungen geplant. Wenn die Inzidenz im Landkreis aber weiter steigt, müssen sie abgesagt werden.
● Für die Bayerischen Staatsgemäl desammlungen in München kommen die neuen Beschränkungen genau zur Eröffnung einer neuen Ausstellung – „einem unserer Highlights in diesem Jahr“, wie Sprecherin Tine Nehler sagt. Am Donnerstag soll in der Pinakothek der Moderne die Schau der iranischen Künstlerin, Filmemacherin und Fotografin Shirin Neshat beginnen. Welche neuen Regeln dann gelten in den Häusern der Staatsgemäldesammlungen (die auch Zweigstellen in Augsburg und Neuburg unterhalten), kann Nehler noch nicht genau sagen. „Das legt das Ministerium für Wissenschaft und Kunst fest, bisher haben wir noch keine Anweisungen“, teilte die Sprecherin am Dienstag mit. Bisher gilt in Museen die 2G-regel, aber Nehler rechnet damit, dass diese erweitert wird um das Plus, also einen negativen Testnachweis für Geimpfte und Genesene. Besucherbeschränkungen erwartet sie für die Museen der Staatsgemäldesammlungen aber nicht: „Wir haben so große Räume, dass es bei der durchschnittlichen Besucherzahl von 500 Menschen zumindest an Wochentagen nicht eng wird.“Anders könnte es gegebenenfalls am Wochenende sein, wenn die Münchner Pinakotheken zum Preis von einem Euro besucht werden können. Grundsätzliche Zurückhaltung beim Museumsbesuch kann Tine Nehler bisher nicht feststellen. „Der Zuspruch entspricht ganz dem Durchschnitt.“Und ergänzt: „Wir haben eine sehr gute Kontrolle und fantastische Belüftungsanlagen, wir hatten noch keinen einzigen Fall, in dem wir Kontakte nachverfolgen mussten.“