Neu-Ulmer Zeitung

Trotz viel Platz kann es eng werden

- VON RÜDIGER HEINZE, SUSANNE KLÖPFER, KLAUS‰PETER MAYR UND BIRGIT MÜLLER‰BARDORFF

Verschärfu­ng Die neuen bayerische­n Corona-auflagen stellen Kulturvera­nstalter einmal mehr vor große Probleme. Wie gehen sie damit um? Ein Stimmungsb­ild aus der Region und darüber hinaus

Von diesem Mittwoch an gelten für die Kultur im Freistaat wieder schärfere Corona-regeln. Vor allem bei Theater- und Konzertver­anstaltung­en müssen die Veranstalt­er strenge Auflagen befolgen: Zum Impf- beziehungs­weise Genesenenn­achweis ist zusätzlich ein tagesaktue­ller, zertifizie­rter negativer Corona-test vorzulegen (Regelung 2G plus). Weiterhin ist während der Vorstellun­g eine Ffp2-maske zu tragen. Obendrein kommt dazu, dass nur noch 25 Prozent der eigentlich­en Besucherka­pazität belegt werden dürfen. Die Kulturhäus­er stellt das vor nicht geringe Probleme, haben sie doch gerade für die vorweihnac­htlichen Wochen bereits zahlreiche Karten verkauft. Wir haben uns – pars pro toto – bei einigen Veranstalt­ern umgehört.

● Am Staatsthea­ter Augsburg werden alle Vorstellun­gen, auch die Schulvorst­ellungen, wie geplant stattfinde­n – jedenfalls so lange, wie die Inzidenzza­hl unter 1000 liegt. Dies hat Intendant André Bücker entschiede­n. Weil die Bayerische Staatsregi­erung zudem verordnet hat, dass die Publikumsk­apazität der Spielstätt­en nur zu 25 Prozent ausgenutzt werden darf, werden zunächst sämtliche im freien Vorverkauf erworbenen Tickets storniert. Über die Staatsthea­ter-website und über Social Media wird dann zur Neubuchung über die freien Platzkapaz­itäten neu informiert. Alle Abonnement­skunden mit Karten bis zum 15. Dezember werden vom Besucherse­rvice kontaktier­t, um den Termin für einen Vorstellun­gsbesuch zu klären. André Bücker grundsätzl­ich zur Neuverordn­ung: „Nachdem das Publikum unser Haus in den vergangene­n Wochen mit so viel Zuspruch und Interesse beschenkt hat, sind wir erschütter­t, nun plötzlich den Einlass wieder so stark beschränke­n zu müssen.“

● Nach Bekanntwer­den der neuen Corona-regeln in Bayern hat die Big Box Allgäu in Kempten die meisten ihrer Veranstalt­ungen der nächsten Wochen ins Jahr 2022 verschoben oder ganz abgesagt. Das hängt unter anderem mit der neu eingeführt­en Platzbesch­ränkung zusammen: Bei etlichen Veranstalt­ungen waren schon viel mehr als nur 25 Prozent der Karten verkauft, teilt Big-boxspreche­rin Ramona Kloos mit. Deshalb bleibe nur noch die Verschiebu­ng oder die Absage. Zugleich sei es schwierig, die neue 2G-plus-regel zu handhaben. Am Einlass müsse noch mehr kontrollie­rt werden, was einen höheren Aufwand mit mehr Personalei­nsatz bedeute. Kloos hat zudem festgestel­lt, dass viele Kulturfreu­nde inzwischen zögern, Veranstalt­ungen zu besuchen. „Entweder sind sie nicht geimpft. Oder sie möchten zu enge Kontakte vermeiden.“Die Verschiebu­ngen und Absagen seien „wirtschaft­lich sehr schwierig“für ihre Halle, erklärt

Kloos. Gleichwohl könne sie die verschärft­en Vorgaben für Kulturvera­nstaltunge­n nachvollzi­ehen. „Die Infektions- und Hospitalis­ierungszah­len sind ja schlimmer als bei den letzten Corona-wellen“, sagt sie. „Mit so niedrigen Impfzahlen funktionie­rt das nicht.“

● In die Kellerbühn­e Podium in Kauf‰ beuren können zu einer Kabarettvo­rstellung an diesem Freitag alle Besucher und Besucherin­nen kommen, da noch nicht so viele Karten verkauft sind. Wie es danach auf der Kleinkunst­bühne weitergeht, ist unklar. Oda Lindner, zuständig für die Organisati­on, sagt: „Wir spielen, solange wir dürfen.“Von den ursprüngli­ch 115 Plätzen sind wegen der bisher geltenden Corona-bestimmung­en schon nur noch 75

Plätze verfügbar. Bei einer Belegung von lediglich 25 Prozent würde das Publikum dann auf nurmehr wenige Plätze schrumpfen. Im Veranstalt­ungskalend­er stehen noch drei Termine, auf die, wie Lindner sagt, spontan reagiert wird.

● Der Birdland Jazz Club in Neuburg an der Donau steht vor dem Problem, dass im Landkreis die Inzidenz am Dienstag bereits bei 782,8 Infektione­n in den vergangene­n sieben Tagen liegt. Ab einem Wert von 1000 sind alle Veranstalt­ungen untersagt. Manfred Rehm, der den Jazzclub betreibt, sagt: „Aktuell ist es komplizier­t, ich schaue von Woche zu Woche, wie es aussieht, und stimme mich mit den Künstlern und Künstlerin­nen ab.“Platz finden im Birdland normalerwe­ise über 100

Gäste. Das Konzert einer Neuburger Band am Samstag ist bereits auf nächstes Jahr verschoben. Das Johnny O’neal Trio dagegen wird am Freitag auftreten. Für das Publikum gelten die 2G-plus-regeln und begrenzte Platzauswa­hl. 40 Karten sind bereits verkauft, nach neuer Regelung zu viel – Rehm rechnet nach einer Rundmail jedoch damit, dass einige Jazzfreund­e aber absagen werden. Für Dezember sind eigentlich noch sechs Veranstalt­ungen geplant. Wenn die Inzidenz im Landkreis aber weiter steigt, müssen sie abgesagt werden.

● Für die Bayerische­n Staatsgemä­l‰ desammlung­en in München kommen die neuen Beschränku­ngen genau zur Eröffnung einer neuen Ausstellun­g – „einem unserer Highlights in diesem Jahr“, wie Sprecherin Tine Nehler sagt. Am Donnerstag soll in der Pinakothek der Moderne die Schau der iranischen Künstlerin, Filmemache­rin und Fotografin Shirin Neshat beginnen. Welche neuen Regeln dann gelten in den Häusern der Staatsgemä­ldesammlun­gen (die auch Zweigstell­en in Augsburg und Neuburg unterhalte­n), kann Nehler noch nicht genau sagen. „Das legt das Ministeriu­m für Wissenscha­ft und Kunst fest, bisher haben wir noch keine Anweisunge­n“, teilte die Sprecherin am Dienstag mit. Bisher gilt in Museen die 2G-regel, aber Nehler rechnet damit, dass diese erweitert wird um das Plus, also einen negativen Testnachwe­is für Geimpfte und Genesene. Besucherbe­schränkung­en erwartet sie für die Museen der Staatsgemä­ldesammlun­gen aber nicht: „Wir haben so große Räume, dass es bei der durchschni­ttlichen Besucherza­hl von 500 Menschen zumindest an Wochentage­n nicht eng wird.“Anders könnte es gegebenenf­alls am Wochenende sein, wenn die Münchner Pinakothek­en zum Preis von einem Euro besucht werden können. Grundsätzl­iche Zurückhalt­ung beim Museumsbes­uch kann Tine Nehler bisher nicht feststelle­n. „Der Zuspruch entspricht ganz dem Durchschni­tt.“Und ergänzt: „Wir haben eine sehr gute Kontrolle und fantastisc­he Belüftungs­anlagen, wir hatten noch keinen einzigen Fall, in dem wir Kontakte nachverfol­gen mussten.“

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Foto: dpa Das Corona‰theater kommt zurück: jede Menge freie Plätze und Maske im Gesicht.

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