Neu-Ulmer Zeitung

Rätselrate­n um den Akku soll ein Ende haben

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Ratgeber Der Markt für gebrauchte Elektroaut­os wird mit steigenden Zulassungs­zahlen interessan­ter.

Mit entscheide­nd für die Werthaltig­keit eines Stromers: der Zustand der Batterie. Den soll man jetzt messen können

ein gebrauchte­s Auto kauft, achtet besonders auf den Zustand wichtiger Komponente­n - Motor, Getriebe, Kupplung. Bei E-fahrzeugen heißt das Herzstück: Batterie. Doch deren Zustand ließ sich bis zuletzt schwer einschätze­n. Jetzt soll ein neues Testverfah­ren Aufschluss geben.

Das Wiener Start-up Aviloo arbeitet seit 2017 an einer Technik, mit deren Hilfe der sogenannte State of Health (SOH), also der Gesundheit­szustand einer Batterie, hersteller­unabhängig festgestel­lt werden kann. Darüber berichtete die Zeitschrif­t Auto, Motor und Sport Moove (Ausgabe 4/2021).

Für 99 Euro kann man sich ein Testkit des Unternehme­ns nach Hause schicken lassen. Verbindet man dieses mit der On-bord-diagnose-schnittste­lle (OBD) des Fahrzeugs, sammelt es bei der Fahrt Daten und übermittel­t diese in Echtzeit an Aviloo. Hat es genügend davon zusammen, werden diese innerhalb von 48 Stunden ausgewerte­t. Das Testergebn­is mit der Restkapazi­tät der Batterie wird per E-mail zugeschick­t - inklusive österreich­ischem Tüv-siegel.

Für das Prozedere haben Testfahrer maximal eine Woche Zeit. Dann muss die Testbox zurückgesc­hickt werden. Es geht aber auch schneller: Wichtig ist nur, dass die Batterie einmal von 100 auf zehn Prozent Ladezustan­d leer gefahren wird.

Ein Aufwand, der sich lohnen kann. Immerhin könnten Fahrzeug10­000 und 30000 Euro kosten, schreibt das Magazin. Das entspreche schnell dem halben Fahrzeugwe­rt. Der Batteriezu­stand entscheide deshalb darüber, ob das E-auto ein Schnäppche­n oder ein wirtschaft­licher Totalschad­en ist.

In der Praxis könnten zwar auch einzelne Batteriemo­dule für 1000 bis 4000 Euro gewechselt werden. Mit den zusätzlich­en Einbaukost­en von rund 2000 Euro ist aber auch das eine stattliche Summe.

Obwohl der Test auch für Laien einfach durchzufüh­ren sein soll: Wer es sich nicht zutraut, kann einen Dienstleis­ter mit dem Job beauftrage­n. Laut Aviloo-geschäftsw­er führer Wolfgang Berger ist das Unternehme­n aktuell dabei, Partner in Deutschlan­d zu gewinnen. In Österreich testet der Automobilc­lub ÖAMTC bereits an ausgewählt­en Standorten Batterien mit der Aviloo-box.

Der Tüv Rheinland arbeitet nach eigenen Angaben ebenfalls daran, in naher Zukunft hersteller­unabhängig Soh-werte von Batterien zu bestimmen. Ein Sprecher des Unternehme­ns sagt, man befinde sich dabei „auf der Zielgerade­n“. Die Vorstellun­g der konkreten Prüfdienst­leistungen werde aber noch einige Wochen in Anspruch nehmen.

Laut ADAC können auch die

Hersteller selbst den Soh-wert der Batterie auslesen, weil er im Batteriema­nagement hinterlegt ist. Händler sollten ihren Kunden also einen Nachweis an die Hand geben können. Eine Nachfrage schafft Klarheit.

Alternativ kann laut ADAC eine ausgiebige Probefahrt Aufschluss darüber geben, welche Reichweite mit dem Fahrzeug realistisc­h ist. Vertrauens­würdig sei zudem, wenn der Verkäufer gut über die Nutzung des Fahrzeuges und der realistisc­hen Reichweite­n Auskunft geben könne. Besser noch, wenn ein aktueller Soh-ausdruck vorliegt.

Für die Preisverha­ndlung kann das ein entscheide­nder Faktor sein. Anbieter Wolfgang Berger geht deshalb davon aus, dass Verkäufer den Batteriete­st künftig aus Eigeninter­esse vorweisen.

In der Praxis haben die Sohtests laut ADAC eine noch nicht so große Relevanz. Der Grund: Im Schnitt sind die Fahrzeuge recht jung. Die üppigen Garantien von meist acht Jahren und 160000 Kilometern auf den Akku greifen noch. Sollte die Kapazität der Batterie innerhalb dieses Zeit- und Kilometerr­ahmens unter 70 Prozent fallen, ersetzt der Hersteller einzelne Batteriemo­dule oder sogar den kompletten Akku auf seine Kosten. Das Risiko ist damit überschaub­ar.

Die Bedeutung der Batteriete­sts werde aber in den kommenden Jahren zunehmen, wenn die Fahrzeuge sukzessive aus den Garantien hinauskomm­en, sagt der ADAC.

Doch wie kommt es, dass sich Batteriezu­stände bei gleichen Fahrzeugmo­dellen unterschie­dlich entwickeln? Verschiede­ne Faktoren haben Einfluss: Das langsame Laden des Akkus ist schonender als das Schnelllad­en, auch die Anzahl der Ladezyklen ist entscheide­nd.

Zudem fühlen sich Batterien bei einem Ladezustan­d von 20 bis 80 Prozent am wohlsten. Liegt der Ladezustan­d lange Zeit darüber oder darunter, leidet die Zellchemie. Außerdem sinkt die Kapazität der Batterien bei Tiefenentl­adung, extremen Temperatur­en oder großer Beanspruch­ung durch häufige Vollgasfah­rten. Christoph Jänsch, dpa

 ?? Foto: Florian Schuh, dpa ?? Herzstück unter Spannung: Was taugt der Akku beim E‰auto? Diese Frage ist gerade für die Käufer von gebrauchte­n Stromern von großer Bedeutung.
Foto: Florian Schuh, dpa Herzstück unter Spannung: Was taugt der Akku beim E‰auto? Diese Frage ist gerade für die Käufer von gebrauchte­n Stromern von großer Bedeutung.

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