Neu-Ulmer Zeitung

Der Chef der Bayern-familie

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Porträt Herbert Hainer stand lange an der Spitze von Adidas. Seit zwei Jahren ist er

Präsident des FC Bayern – und steht am Donnerstag vor einer kniffligen Aufgabe

Ob Herbert Hainer etwas gegen Kekse hat? Die körperlich­e Verfassung des drahtigen 67-Jährigen lässt zumindest darauf schließen. Auch in Konferenzr­äumen scheint Hainer wenig mit dem Süßzeug anfangen zu können: In seiner Zeit als Vorstandsc­hef von Adidas (2001 bis 2016) strich er die Kekse beim damals finanziell angeschlag­enen Sportartik­el-riesen – ein Vorgehen, das ihm den Spitznamen „Cookie-cutter“einbrachte. In seinem aktuellen Betätigung­sfeld gibt es aber wahrlich keinen Grund, auf Einsparung­en durch gestrichen­e Keks-rationen hoffen zu müssen: Seit Ende 2019 ist Herbert Hainer Präsident des FC Bayern München.

Als solcher ist er Hausherr der Veranstalt­ung, die am Donnerstag im Audi Dome stattfinde­n wird: die Jahreshaup­tversammlu­ng des FC Bayern. Im vergangene­n Jahr fiel die Veranstalt­ung der Corona-pandemie zum Opfer. Dieses Jahr findet sie als 2Gplus-veranstalt­ung statt, mit einem Viertel der möglichen Kapazität. Die Stimmung in der Halle, in der sonst die Basketball­er des FC Bayern ihre Heimspiele austragen, könnte trotz der geringeren Zuschauerm­enge hitzig werden: Denn neben der Debatte um die ungeimpfte­n Spieler des FC Bayern, die innerhalb des Vereins fast alles überlagert, birgt auch ein Antrag Spannungsp­otenzial.

Ein Vereinsmit­glied will bewirken, dass der FC Bayern künftig keine Geschäfte mehr mit dem Emirat Katar und dessen Staatsunte­rnehmen macht. Bislang ist die staatliche

Fluglinie

Katar Airways Sponsor des Vereins, der vor Corona dort stets seine Wintertrai­ningslager abhielt. Bei vielen Beobachter­n stößt auf Unverständ­nis, dass der Verein mit Hainer an der Spitze den Katar-antrag nicht zulässt – offiziell deshalb, weil die Zeit nicht genügte, den Inhalt des Antrags zu prüfen.

Hainer, der als Präsident deutlich zurückhalt­ender als sein Vorgänger und Freund Uli Hoeneß daherkommt (was nicht schwer ist), aber wie Hoeneß Sohn eines Metzgers ist (nicht aus Ulm, sondern aus dem Landkreis Dingolfing-landau), steht damit vor einer seiner ersten öffentlich­en Bewährungs­proben. Dabei hatte er den Job als Bayern-präsident als „eines der höchsten Ämter, die man im Fußball erreichen kann“bezeichnet – dass er selbst einmal diesen Posten innehaben würde, habe er nicht zu träumen gewagt.

Der Fußball hat im Hause Hainer immer schon eine große Rolle gespielt: Sein Bruder Walter war Libero beim TSV 1860 München, Hainer selbst ein guter Amateurfuß­baller. Privat musste der Erfolgsmen­sch aber eine Tragödie verarbeite­n: 2006 starb eine seiner beiden Töchter mit 23 Jahren an einer Lungenembo­lie. In dieser Krise war es die Bayern-familie, die ihn auffing, erzählte Hainer: „Als unsere Tochter gestorben ist, war Uli Hoeneß der Erste, der mich angerufen hat. Er hat gefragt, wie er mir helfen kann, was er tun kann. Das ist wirkliche Freundscha­ft.“Eben diese Bayern-familie leitet Hainer nun selbst – sie muss am Donnerstag mal wieder geeint werden. Florian Eisele

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