Ärzte sind stinksauer auf die Politik
Corona Das neue Infektionsschutzgesetz muss sofort umgesetzt werden. Das heißt für jede Praxiskraft täglich testen
Augsburg/münchen Ärztinnen und Ärzte in Bayern laufen Sturm gegen eine aktuelle Änderung des Bundesinfektionsschutzgesetzes. Demnach müssen in den Praxen seit Mittwoch alle Mitarbeiter wie auch Besucher (nicht aber Patienten) jeden Tag einen Antigen-test vorlegen – unabhängig davon, ob sie geimpft oder genesen sind. Dr. Christoph Voigt, Sprecher der Kinderärzte in Augsburg und Nordschwaben, ist sauer: „Das Ganze wurde uns am Dienstag gegen 17 Uhr mitgeteilt – und schon am nächsten Tag um acht Uhr sollen wir es umsetzen. Wie soll denn das bitte gehen?“In ein ähnliches Horn stieß auch der Freie Verband Deutscher Zahnärzte in Bayern. Dieser sprach gar von einem „Test-monster“der neuen Ampelkoalition. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek kündigte noch am Mittwochabend Widerstand gegen den Berliner Erlass an.
Schaut man in das Gesetzesblatt zur Änderung des Bundesinfektionsschutzgesetzes, so ist sie am 22. November, also am Montag, veröffentlicht worden. Zwei Tage später soll sie schon umgesetzt werden. „Wobei natürlich nicht nur Kinderärzte betroffen sind, sondern Betreiber aller Praxen des Gesundheitswesens“, erklärt Voigt.
„Es ist wieder einmal überhaupt nicht mit uns gesprochen worden“, kritisiert Voigt. Zum einen sei es nämlich so, dass überhaupt nicht genügend gute Schnelltests auf dem
Markt verfügbar seien. Des Weiteren laufen ja viele Kosten auf, betont der Pädiater. Übernommen würden nur zehn Tests pro Mitarbeiter und
Monat. „Und was ist mit dem Rest? Ich habe allein in meiner Praxis 14 Kräfte im Einsatz.“Alternativ sollen auch zwei Pcr-tests pro Person und Woche (Kostenpunkt pro Test: etwa 60 Euro) ausreichen. Aber von einer Kostenerstattung sei dabei dann gar nicht mehr die Rede.
Besonders große Probleme sieht Voigt dann bei den „vielen falschpositiven Testergebnissen“, die der Erfahrung nach zu erwarten seien. Diese Mitarbeiter müssten dann ja gleich nach Hause geschickt werden. In der Folge hält er ganze Praxisschließungen für möglich.
Bereits am Dienstagabend hätten die Drähte zu anderen Kinderärztinnen und Kinderärzten bei ihm geglüht. „Es wurde sogar schon von Streik gesprochen.“Wobei Voigt das natürlich gleich entkräftet: „Nein, wir haben natürlich nicht wirklich vor zu streiken.“Voigt kritisierte überdies die Vorgabe, all diese Test-ergebnisse auch noch dokumentieren zu müssen.
Am Mittwochabend meldete sich Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek bei unserer Redaktion und verwies darauf, dass der Freistaat diese Dokumentationspflicht aussetze. „Ich sehe nicht ein, warum wir den Menschen, die in der Pandemie an vorderster Front kämpfen, eine derartig umfangreiche Dokumentationspflicht zumuten“, teilte der Minister mit. Das neue Infektionsschutzgesetz schaffe mehr Probleme, als es löst. Die neue Ampelkoalition mache den zweiten Schritt vor dem ersten.