Wenn sich der Truthahn rarmacht
Fest Millionen Familien in den USA wollen Thanksgiving feiern. Doch Lieferengpässe beim
Federvieh erschweren das. Für die Republikaner steht der Schuldige fest: Präsident Biden
Washington Der Geflügelhändler am Eastern Market in Washington drängt zu einer raschen Entscheidung. „Die habe ich noch nachgeordert“, sagt er und deutet auf die zwei Dutzend in Plastikfolie eingeschweißten Truthähne in seiner Vitrine. „Aber heute Abend werden sie weg sein.“Ausgeräumt ist bereits das Regal mit Pekannüssen und getrockneten Cranberrys beim Händler Joe um die Ecke. Und bei der Filiale der Supermarktkette Giant gibt es keinen Maissirup mehr.
Es ist mal wieder Ende November und damit die Zeit des amerikanischsten aller Feste: Thanksgiving. Seit Wochen überbieten sich die Zeitungen mit Sonderbeilagen, in denen Tipps für die richtige Bratenfüllung, die unverzichtbare Beilage und die klebrig-süßen Pies samt passenden Weinen gegeben werden. Präsident Joe Biden hat im Rosengarten des Weißen Hauses wie üblich ein Exemplar des Federviehs begnadigt. An den Flughäfen herrscht Chaos. Millionen Amerikaner sind unterwegs, um an diesem Donnerstag mit Angehörigen, Freundinnen und Freunden zu feiern.
Auch wenn die Herleitung des Truthahn-festes aus der Ankunft der Pilgerväter vor 400 Jahren historisch umstritten ist und der Mythos vor allem von der Geflügelindustrie befeuert wird: Thanksgiving gehört zu den USA wie die Freiheitsstatue. Schon zu normalen Zeiten setzt das idealerweise harmonische Festessen am Familientisch viele Amerikanerinnen und Amerikaner einem echten Stresstest aus. Doch in diesem Jahr kommen mit der Corona-pandemie, der Teuerung und Lieferengpässen noch besondere Herausforderungen hinzu.
„Das Einzige, mit dem der Truthahn dieses Jahr ausgestopft wird, ist die Inflation“, wettert der republikanische Kongressabgeordnete Ben Cline auf Twitter. Seit Wochen posten seine Parteifreunde Fotos von Festbraten mit Dollar-zeichen. „Bidens Thanksgiving-steuer“steht daneben. Seit eine Moderatorin des Senders NBC halb scherzhaft empfohlen hat, auf das Geflügelfleisch zu verzichten, ist das Thanksgiving-fest endgültig mitten in den Kulturkampf geraten, der das Klima in den USA immer mehr vergiftet. „Das ist krank“, empörte sich Donald Trumps einstiger Innenminister Chad Wolf: „NBC hat den Verstand verloren!“
Wahrheit gehört freilich, dass Truthahn – solange man sich mit der gängigen, konventionellen Variante aus der Tiefkühltruhe zufrieden gibt – ein relativ preisgünstiges Fleisch ist. Zwar ist nach Berechnungen des amerikanischen Bauernverbandes der Durchschnittspreis für einen sieben Kilogramm schweren Vogel in diesem Jahr um stolze 24 Prozent auf 23,99 Dollar gestiegen. Doch davon werden zehn Leute satt. Für den Einzelnen dürften die um mehr als 50 Prozent gestiegenen Benzinpreise bei der Heimfahrt deutlich mehr ins Gewicht fallen. Auch Mietwagen sind so teuer wie lange nicht, und die Kosten für Flugtickets zeigen ebenfalls deutlich nach oben, seit sich die Ausbreitung der Coronapandemie in den USA im Spätsommer zu verlangsamen schien. Inzwischen weist die Kurve mit den Infektionen wieder nach oben und bewegt sich auf die Marke von 100 000 pro Tag zu. Doch viele Menschen in den USA wollen, nachdem sie im vorigen Jahr zu Hause geblieben sind, dieses Mal nicht auf die Familienfeier verzichten.
Rund 53 Millionen Leute sind nach Schätzungen des Automobilklubs AAA derzeit unterwegs – fast so viele wie im Vor-corona-jahr 2019. Entsprechend ist die Nachfrage nach Truthähnen, Füllung und den unverzichtbaren Beilagen gestiegen. Im Zusammenspiel mit dem Arbeitskräftemangel und den stotternden Lieferketten hat das mancherorts zu leeren Truhen oder Regalen geführt. Das verfügbare Angebot an Truthähnen ist laut Wall Street Journal zuletzt auf 40 Prozent der Normalmenge gesunken. Schwer zu finden sind auch das Cranberry-kompott und die vorgefertigte Bratensauce: Wegen der Aluminiumknappheit gehören Dosen zur Mangelware.
Die nervige Suche nach den Zutazur ten kommt also noch zum aufwendigen Kochvorgang dazu, den die New York Times auf vier Stunden veranschlagt, wenn man das von Fachleuten empfohlene mehrtägige Einlegen in Lake nicht mitrechnet und sich mit einem simplen Rezept begnügt.
Das alles sei ganz schön viel Aufwand, merkte der Kolumnist David Von Drehle in der Washington Post neulich ketzerisch an – zumal das Ergebnis regelmäßig eher medioker ausfalle: „Ich sage nicht, dass Truthahn schlecht schmeckt. Ich sage, dass er fast geschmacklos ist.“Eine bittere Wahrheit. Tatsächlich findet sich der fade Vogel in anspruchsvollen amerikanischen Restaurants außerhalb der Saison nicht auf der Speisekarte. Auf die Tradition zu Thanksgiving verzichten möchte aber selbst Von Drehle nicht: „Es ist das Ritual, auf das es ankommt“, lenkt er am Ende seiner Truthahntirade ein.
aufbegehre. „Fast alle anderen sind zu Propagandaassistenten geworden.“
Unter anderem bei Verlegern kam das nicht gut an: Das Gesicht ihrer Branche, ihr Spitzenlobbyist, beleidigt Journalistinnen und Journalisten pauschal und bedient sich eines bei Verschwörungsgläubigen beliebten Vokabulars? Ein Springer-sprecher erklärte, die Aussagen seien aus dem Kontext gerissen. Später sprach Döpfner von Ironie und bat um Entschuldigung. Doch der Ärger innerhalb seines Verbandes schwelte weiter. Das ist auch aus der Erklärung des BDZV vom Mittwoch herauszulesen: Es sei unstreitig, dass die Diskussion über angebliche Haltungen und Standpunkte des Präsidenten dem Verband nicht gutgetan hätte. „Die Formulierungen in der privaten Textnachricht seien selbstverständlich inakzeptabel und das Präsidium bekannte sich einmütig zu unabhängigem Journalismus, Presse- und Meinungsfreiheit.“Dies stelle aber „keinen Grund dar, die sehr erfolgreiche Arbeit des Präsidiums in den vergangenen Jahren in Frage zu stellen“.
Der Deutsche Journalisten-verband begrüßte die Debatte der Verleger. „Die Medienöffentlichkeit wird jetzt noch genauer hinschauen, was Döpfner von sich gibt“, sagte Pressesprecher Hendrik Zörner auf Anfrage. „Wir erwarten, dass er ohne wenn und aber hinter dem freien und unabhängigen Journalismus und den Journalistinnen und Journalisten steht.“