Nichts gelernt aus über einem Jahr Corona
Mittlerweile darf man schon mal fragen, ob die Bayerische Staatsregierung nach über eineinhalb Jahren Pandemie in ihrer Kommunikationsstrategie nichts gelernt hat. Warum sie ihre „Workflows“nicht mal grundsätzlich überdenkt, wenn jedes Mal nach einer Söder’schen Regierungserklärung im bayerischen Sport helle Aufregung, Entsetzen und Fassungslosigkeit herrschen. In seiner Regierungserklärung spricht der Ministerpräsident noch davon, dass „Sportveranstaltungen“künftig der 2G-plus-regelung unterliegen – und am nächsten Tag kann der Amateur- und Breitensport im Freistaat eigentlich komplett dichtmachen. Schließlich ist nun für jede sportliche Aktivität auf einem Sportgelände oder in einem Bad, drinnen wie draußen, von jeder Person (außer den Kindern) ein aktueller negativer Testnachweis erforderlich. Man stellt sich die Frage, warum dem Ministerpräsidenten dazu kein Wort über die Lippen gekommen ist. Dazu gibt es zwei Antworten. Keine dürfte für ihn schmeichelhaft sein.
Denn entweder hat er nicht den Schneid, in seiner Regierungserklärung die ganze Härte zu verkünden, mit der die Maßnahmen nun den Amateur- und Freizeitsport treffen; so hat er sich lieber nur einen kleinen, fast zu vernachlässigenden Teil wie die Sportveranstaltungen herausgepickt. Oder er hat sein Ministerium nicht im
Griff, das in die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung in vorauseilendem Gehorsam gleich mal den kompletten Sport mit unter die 2G-plus-regel gestellt hat.
Es wäre nicht das erste Mal, dass im Sport solche Corona-einschränkungen noch einmal nachjustiert werden, weil der Aufschrei in der Öffentlichkeit zu groß wurde oder die Umsetzung in der Realität einfach nicht möglich war oder verheerende Auswirkungen gehabt hätte. So wurde beispielsweise auf Drängen der Verbände und der Öffentlichkeit schon die 2G-regelung bei sporttreibenden Kindern von zwölf bis 17 Jahren nach nur einem Tag wieder zurückgenommen und eine Übergangszeit für die notwendige Impfung bis Ende des Jahres eingeführt.
Auch die Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung der Verordnung und der Umsetzungszeit für die Sportvereine ist fernab jeder Realität. Wenn acht Stunden in der Nacht dafür ausreichen sollen, fragt man sich, wie viel Kontakt zur Basis eigentlich noch besteht. Dass im Sport das Vertrauen in die Landespolitik weiter flöten geht, hat sich der Freistaat mit diesem „Workflow“selbst zuzuschreiben.