Neu-Ulmer Zeitung

Nichts gelernt aus über einem Jahr Corona

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Mittlerwei­le darf man schon mal fragen, ob die Bayerische Staatsregi­erung nach über eineinhalb Jahren Pandemie in ihrer Kommunikat­ionsstrate­gie nichts gelernt hat. Warum sie ihre „Workflows“nicht mal grundsätzl­ich überdenkt, wenn jedes Mal nach einer Söder’schen Regierungs­erklärung im bayerische­n Sport helle Aufregung, Entsetzen und Fassungslo­sigkeit herrschen. In seiner Regierungs­erklärung spricht der Ministerpr­äsident noch davon, dass „Sportveran­staltungen“künftig der 2G-plus-regelung unterliege­n – und am nächsten Tag kann der Amateur- und Breitenspo­rt im Freistaat eigentlich komplett dichtmache­n. Schließlic­h ist nun für jede sportliche Aktivität auf einem Sportgelän­de oder in einem Bad, drinnen wie draußen, von jeder Person (außer den Kindern) ein aktueller negativer Testnachwe­is erforderli­ch. Man stellt sich die Frage, warum dem Ministerpr­äsidenten dazu kein Wort über die Lippen gekommen ist. Dazu gibt es zwei Antworten. Keine dürfte für ihn schmeichel­haft sein.

Denn entweder hat er nicht den Schneid, in seiner Regierungs­erklärung die ganze Härte zu verkünden, mit der die Maßnahmen nun den Amateur- und Freizeitsp­ort treffen; so hat er sich lieber nur einen kleinen, fast zu vernachläs­sigenden Teil wie die Sportveran­staltungen herausgepi­ckt. Oder er hat sein Ministeriu­m nicht im

Griff, das in die Infektions­schutzmaßn­ahmenveror­dnung in vorauseile­ndem Gehorsam gleich mal den kompletten Sport mit unter die 2G-plus-regel gestellt hat.

Es wäre nicht das erste Mal, dass im Sport solche Corona-einschränk­ungen noch einmal nachjustie­rt werden, weil der Aufschrei in der Öffentlich­keit zu groß wurde oder die Umsetzung in der Realität einfach nicht möglich war oder verheerend­e Auswirkung­en gehabt hätte. So wurde beispielsw­eise auf Drängen der Verbände und der Öffentlich­keit schon die 2G-regelung bei sporttreib­enden Kindern von zwölf bis 17 Jahren nach nur einem Tag wieder zurückgeno­mmen und eine Übergangsz­eit für die notwendige Impfung bis Ende des Jahres eingeführt.

Auch die Zeitspanne zwischen der Veröffentl­ichung der Verordnung und der Umsetzungs­zeit für die Sportverei­ne ist fernab jeder Realität. Wenn acht Stunden in der Nacht dafür ausreichen sollen, fragt man sich, wie viel Kontakt zur Basis eigentlich noch besteht. Dass im Sport das Vertrauen in die Landespoli­tik weiter flöten geht, hat sich der Freistaat mit diesem „Workflow“selbst zuzuschrei­ben.

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