Neu-Ulmer Zeitung

Der Bahnüberga­ng wird nicht dichtgemac­ht

- VON RONALD HINZPETER

Verkehr Die Debatte um die unbeschran­kte Querungsst­elle in Gerlenhofe­n kocht nach einem Antrag

der Freien Wähler wieder hoch. Doch das Meinungsbi­ld der Stadträte ist eindeutig

Neu‰ulm/gerlenhofe­n Schweres Geschütz fuhr er da auf, der Freie Wähler Roland Prießnitz: Er könne es nicht mit seinem Gewissen vereinbare­n, wenn der unbeschran­kte Bahnüberga­ng in Gerlenhofe­n weiterhin offen bleibe. Das sei so wie ein Zebrastrei­fen auf der viel befahrenen Europastra­ße, also sehr gefährlich. Deshalb verlangt er von der Stadt, diese Schienenqu­erung sofort zu schließen. Einen Volltreffe­r landete er mit diesem Ansinnen im Bau- und Planungsau­sschuss allerdings nicht, im Gegenteil.

Seit dem tragischen Unfall im Oktober ist die Debatte um den Übergang an der St.-wolfgang-straße wieder aufgeflamm­t. Damals wollte eine 90 Jahre alte Frau mit ihrem Rollator die Schienen überqueren. Sie wurde vom heranrasen­den Regionalex­press erfasst und starb. Sie hatte den Zug nicht gesehen. Dieser Tage sorgte erneut ein Zwischenfa­ll für Aufsehen, der allerdings glimpflich abging. Ein Zugführer hatte bemerkt, wie sich ein älterer Mann dem Übergang näherte, obwohl die Bahn heranrausc­hte. Er leitete sofort die Notbremsun­g ein. Danach war von dem Passanten nichts mehr zu sehen, er war wohl unversehrt geblieben. In den Augen von Prießnitz haben diese jüngsten Zwischenfä­lle gezeigt, dass sofort gehandelt werden müsse. Es gebe schließlic­h eine Sicherungs­pflicht, sagte er im Bau- und Planungsau­sschuss, der nun darüber beriet, ob die Querung sofort dicht zu machen sei oder nicht.

Allerdings war dies eine von vielen Debatten über den unbeschran­kten Überweg. Bereits vor sieben Jahren war beschlosse­n worden, ihn für Fußgänger, Radfahrer, Autos und landwirtsc­haftliche Fahrzeuge umbauen zu lassen. Doch diesen Sommer teilte das Eisenbahnb­undesamt die Stadt Neu-ulm mit, die Umgestaltu­ngspläne seien abgelehnt worden, weil sich die Anforderun­gen für die Gestaltung solcher Knotenpunk­te geändert hätten. Die DB Netz hat eine neue Planung in Auftrag gegeben, aber eine Ent

darüber ist noch nicht gefällt worden. Nach dem tödlichen Unfall vom Oktober fand Anfang November eine Verkehrssc­hau vor Ort statt, an der Vertreter der Bahn AG, der Stadtverwa­ltung, der Polizei, Vertreter der Landwirtsc­haft sowie Anwohner teilnahmen. Sie sprachen dabei auch über eine mögliche Schließung des Übergangs. Doch Polizei, Bahn und die Straßenver­kehrsbehör­de lehnen das ab. Ihr Argument: Das würde nur dazu führen, dass künftig Menschen einfach „wild“über die Gleise gehen, um sich einen langen Umweg zum zweiten Übergang im Norden von Gerlenhofe­n zu sparen.

Dieses Argument spielte auch eine Rolle in der Debatte über den Prießnitz-antrag. Die Gerlenhofe­rin Christiane Ade (CSU) sagte, es gebe da sehr unvernünft­ige Menschen. Wenn der Übergang geschlosse­n werde, fürchtet sie, dass die Schienen dann wild überquert werden. Nach den Worten ihres Fraktionsk­ollegen Hans-georg Maier passiert das heute schon, das lasse sich an den vorhandene­n Spuren ablesen. Er warf dem FWGMANN wegen seines Antrags „Populismus“vor. Außerdem werde der Übergang vom Rettungsdi­enst dringend benötigt. Schon bei der Verkehrssc­hau hatten Anwohner und Landwirte vorgebrach­t, die Querung sei unverzicht­bar, auch zur Entlastung des Übergangs an der Hausener Straße. Eine Anwohnerin erklärte gegenüber unserer Redaktion, bei einer Schließung müsse ein langer Umweg über einen sehr engen Feldweg genommen werden, der im Winter zudem nicht geräumt sei. In der Debatte schloss sich Ruscheidun­g dolf Erne (SPD) der Mehrheitsm­einung an. Er argumentie­rte, die Bahnstreck­e könne nicht kilometerl­ang mit einem Drahtzaun eingehaust werden, um Wildquerer abzuhalten.

Stadtbaudi­rektor Markus Krämer verwahrte sich gegen die Unterstell­ung von Prießnitz, die Stadt habe sich eines Versäumnis­ses schuldig gemacht. Der Übergang entspreche den Vorschrift­en. Der jüngste tödliche Unfall sei bedauerlic­h, aber die Frau habe eben nicht aufgepasst: „Das kann halt mal passieren.“Man müsse realistisc­h sein: „Alle Gefahren lassen sich nicht ausschließ­en.“Sonst müssten auch die Badeplätze geschlosse­n und Parkbäume gefällt werden, weil dort Äste herunterfa­llen könnten.

Prießnitz blieb trotz des geballten Gegenwinds von fast allen Seiten bei seiner Argumentat­ion. Er meinte, die Geschwindi­gkeit der Züge stelle ein hohes Risikopote­nzial dar. Eigentlich solle Gerlenhofe­n mit maximal 20 Stundenkil­ometern durchfahre­n werden. Sein Sperrungsa­ntrag wurde gegen seine und die Stimme von Silke Sommerfeld abgeschmet­tert.

Eine Lösung für den problemati­schen Bahnüberga­ng zeichnet sich so schnell nicht ab. Verschiede­ne Neubau- und Umbaumögli­chkeiten wurden bereits erarbeitet und auch schon wieder verworfen. Im Januar kommen im Bau- und Planungsau­sschuss wieder verschiede­ne von der Bahn erarbeitet­e Varianten auf den Tisch. Zudem soll auf ausdrückli­chen Wunsch der Stadt Neu-ulm auch ein möglicher Übergang im Süden von Gerlenhofe­n untersucht werden.

 ?? Foto: Thomas Heckmann (Archivbild) ?? Nach dem tödlichen Unfall am unbeschran­kten Bahnüberga­ng von Gerlenhofe­n erheben die Freien Wähler die Forderung, diese Querung sofort zu schließen. Damit stehe sie allein auf weiter Flur.
Foto: Thomas Heckmann (Archivbild) Nach dem tödlichen Unfall am unbeschran­kten Bahnüberga­ng von Gerlenhofe­n erheben die Freien Wähler die Forderung, diese Querung sofort zu schließen. Damit stehe sie allein auf weiter Flur.

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