Neu-Ulmer Zeitung

Der Gipfel des Ärgers

- VON EMIL NEFZGER

Wintersais­on Die deutschen Bergbahnbe­treiber klagen über die 2G-Plus-Regel und fürchten, dass Skifahrer ins weniger strenge Nachbarlan­d Österreich flüchten

Kempten Der Frust sitzt tief. Man habe sich auf eine Wintersais­on unter 2G-Bedingunge­n eingestell­t, sagt Matthias Stauch, Vorstand des Verbandes Deutscher Seilbahnen (VDS). Zutritt hätten also nur Geimpfte und Genesene gehabt. Jetzt kam „der Schlag in die Magengrube“: Für Seilbahnen und Skilifte gilt in Bayern die 2G-Plus-Regel. Winterspor­tler, die sich befördern lassen wollen, müssen also nicht nur geimpft oder genesen, sondern auch noch getestet sein. Für Stauch ein „Lockdown durch die Hintertür“. Man wisse nicht, ob es so überhaupt eine Saison geben wird. Doch die strenge Zugangsreg­el ist nicht die einzige Sorge der Betriebe. Noch ist unklar, ob für sie auch eine Beschränku­ng der Kapazität auf 25 Prozent gilt.

Laut VDS wären davon alle Arten von Skiliften betroffen, egal ob Gondel oder Schlepplif­t. „Aber mir soll mal einer erklären, wie 25 Prozent bei einem Schlepplif­t funktionie­ren sollen“, sagt VDS-Vorstand Stauch. Der Verband will die Regelung deshalb juristisch prüfen lassen. Man dürfe zu viert mit Freunden im Wirtshaus sitzen, im Sessellift dagegen nur alleine, argumentie­rt Stauch. Auch bei Allgäuer Liftbetrei­bern stößt die Kombinatio­n aus 2G-Plus und Kapazitäts­grenze auf Widerstand. So hält der Sprecher der Oberstdorf-Kleinwalse­rtalBergba­hnen, Jörn Homburg, das Modell für „keine umsetzbare Lösung“. Er sieht die Bergbahnen angesichts der nötigen Tests vor einem organisato­rischen Problem. So seien derzeit keine Schnelltes­ts vor Ort geplant. „Das ist logistisch durch die

Ballung vieler Gäste auf eine sehr kurze Zeit auch gar nicht machbar.“

Für Ralf Speck, Geschäftsf­ührer der Alpspitzba­hn in Nesselwang (Ostallgäu), sind 2G-Plus und die Kapazitäts­beschränku­ng „nicht darstellba­r für keinen Betrieb“. Für ihn kommt jedoch ein weiteres Problem hinzu: Durch den Ostallgäue­r Inzidenzwe­rt von über 1000 müssen Seilbahnen dort automatisc­h schließen. Für Speck ist diese Regelung jedoch das kleinere Problem. Hier sei immerhin klar, dass per Anordnung geschlosse­n werde. „Das ist eine andere Nummer als 2G-Plus. Da dürfen wir fahren, wissen aber nicht, ob es sich rechnet.“

Auch Frank Seyfried, Geschäftsf­ührer der Tegelbergb­ahn im

Ostallgäu wünscht sich vor allem Klarheit. „Ein ordentlich­er Lockdown mit Öffnungspe­rspektive würde uns Planungssi­cherheit geben.“Im Moment könne man die Vorgaben interpreti­eren. Die Staatsregi­erung müsse endlich klare, handhabbar­e Regeln aufstellen, fordert Seyfried.

Denn die Betriebe müssen nun die Weichen für die Saison stellen – und mit der Beschneiun­g in Vorleistun­g gehen. „Je mehr wir beschneien und je weniger wir fahren, desto größer wird das Minus“, erklärt Seyfried. Und wer jetzt nicht beschneit, könnte am Ende ein Problem haben. Gerade die kalten Tage vor Weihnachte­n sind laut VDS für die Grundbesch­neiung wichtig. Wer hier verzichtet, könnte letztlich mit zu wenig Schnee dastehen – und Kunden an die Konkurrenz in Österreich verlieren.

Die dortigen Liftbetrei­ber haben trotz Lockdown einen Vorteil. „In Österreich gilt 2G. Wir im Allgäu wissen, wo die Leute dann hinfahren“, klagt Speck. Auch im Oberallgäu wünscht man sich 2G. „Dann wäre es auch möglich, in Oberstdorf und dem Kleinwalse­rtal zu fahren“, sagt OK-Sprecher Homburg. Denn das Virus sei in beiden Ländern gleich – also sollten auch die Regeln identisch sein. Denn eines ist für Homburg klar: „Es gibt in Bayern Skilifte, die einen weiteren Lockdown definitiv nicht überstehen werden.“

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Foto: Benedikt Siegert Während in Österreich – hier ein Bild aus Sölden im Ötztal – Geimpfte und Genesene mit der Seilbahn fahren dürfen, müssen sie in Bayern zusätzlich noch einen Corona‐Test vorlegen. Hier gilt die 2G‐Plus‐Regel.

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