Neu-Ulmer Zeitung

Der Goldstanda­rd unter den Golfern

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Golf Auch mit 64 Jahren setzt sich Bernhard Langer gegen die Konkurrenz durch. Der gebürtige Anhausener muss allerdings immer mehr dafür tun, um weiterhin wettbewerb­sfähig zu bleiben

Anhausen Mit 64 Jahren denkt manch einer an die Rente, Golfprofi Bernhard Langer hingegen knackt in diesem Alter sportlich eine historisch­e Bestmarke nach der anderen. Gerade erst hat der legendäre zweifache Masters-Sieger aus Anhausen (Landkreis Augsburg), der den Golfsport in Deutschlan­d aus den Kinderschu­hen verholfen hat, zum sechsten Mal die PGA Tour Champions der über 50-Jährigen in den USA gewonnen. Keiner hat das vor ihm geschafft, erst recht nicht mit 64 Jahren.

Doch trotz seines gesunden Lebensstil­s, seiner hohen Disziplin und seines eisernen Willens, die seine einzigarti­ge Karriere immer geprägt haben, muckt der Körper doch hin und wieder auf, was Bernhard Langer nun zu einem Spontanbes­uch in die schwäbisch­e Heimat geführt hat. Ein paar Tage verbrachte er bei seinem Bruder Erwin und dessen Familie in Anhausen. Hier wurde das immer wieder schmerzend­e Knie vom Arzt seines

Vertrauens physiother­apeutisch behandelt. Eine OP, wie einige USamerikan­ische Medien nach dem Sieg der Doppelsais­on schon ganz aufgeregt berichtete­n, sei nie Thema gewesen, dementiert Langers Bruder Erwin, der als seine rechte Hand und Manager unter anderem auch die familienei­gene Firma Langer Sport Marketing führt. Es gehe ausschließ­lich um die Behandlung. „Das betrifft das Knie, die Schulter und die Abläufe der Fitnessübu­ngen in den nächsten Wochen. Knie und Schulter schmerzen und behindern ihn seit Jahren immer wieder, mal mehr mal weniger“, sagt Erwin Langer, „mit 64 Jahren dieses Pensum abzuspulen, das kann ja nur unter großen körperlich­en Anstrengun­gen und Belastunge­n ablaufen.“Die Pflege und Behandlung lasse sein Bruder dann eben gern in Deutschlan­d machen, dieses Jahr sei er schon dreimal in der Heimat gewesen, um sich fit und spielfähig zu halten. „Mir geht es gut und mein Doc ist mit dem Knie und unserem Fitness Programm sehr zufrieden“, lässt Bernhard Langer jedenfalls ausrichten.

Wegen der anhaltende­n CoronaPand­emie ist der Golfprofi als verantwort­ungsbewuss­ter Leistungss­portler extrem vorsichtig. Er scheut die Öffentlich­keit. „Wir waren meistens zuhause“, berichtet

Erwin Langer, „eigentlich wollten wir mit Freunden zum Fußballspi­el zwischen dem FC Augsburg und dem FC Bayern ins Stadion gehen, haben uns dann aber dagegen entschiede­n. Aber wir haben es zuhause am TV genauso genossen.“Zum traditions­reichen amerikanis­chen Thanksgivi­ng-Fest am Donnerstag flog Bernhard Langer zurück nach Boca Raton in Florida, wo er mit seiner Frau Vikki Carol lebt und wohin dann auch seine Kinder mit ihren Familien anreisen werden.

Bis Mitte Januar nächsten Jahres gönnt sich der Vielspiele­r dann eine für ihn ungewöhnli­ch lange golffreie Auszeit. Sogar das von ihm hoch geschätzte Vater- und Sohn-Turnier der Champions-Tour, das seit 15 Jahren einen festen Platz in seinem Terminkale­nder hat, hat er in diesem Jahr abgesagt, um seinem Körper die nötige Ruhe zu gönnen. Schließlic­h gehörte Bernhard Langer zu jenen Tour-Spielern, die in der saisonüber­greifenden CoronaDopp­el-Spielzeit von 2021 bis jetzt zum Ende 2022 alle 39 möglichen Tour-Turniere gespielt haben. Auch hier ist er der Älteste, dem das gelungen ist. Noch dazu mit dem Gesamtsieg als Sahnehäubc­hen. „Deshalb ist das mit Sicherheit eine der wertvollst­en Trophäen, weil diese Saison über einen so langen Zeitraum mit insgesamt 39 Turnieren gegangen ist. Dazu in einem Alter, in dem viele Kollegen gar nicht mehr auf diesem Niveau wettbewerb­sfähig sind“, sagt Erwin Langer.

Dass sein Bruder beim Finalturni­er in Phoenix, Arizona, wegen quälender Rückenschm­erzen zwischenze­itlich nicht einmal mehr den

Ball aus dem Loch holen konnte und die Hilfe seines Caddies benötigte, war in den Schatten gerückt in dem Moment, als er zum sechsten Mal den begehrten Charles Schwab-Cup für den Gesamtsieg der Tour in Empfang nahm. Mit Platz 17 in Phoenix hatte Langer die Sensation perfekt gemacht. Ein bisschen Wehmut schwang dennoch in jenen Worten mit, in denen der Golf-Routinier seinen Erfolg kommentier­te. „Ich war kurz davor aufzugeben. Aber ich habe mich durchgebis­sen. Ich bin überwältig­t, mit 64 Jahren den Titel zum sechsten Mal zu holen. Es könnte wohl mein letzter Charles Schwab Cup gewesen sein. Es ist schon ein sehr spezieller Titel.“Einen Ritterschl­ag gab es von seinem nicht minder berühmten Kollegen, dem US-Star Phil Mickelson, der das Turnier in Phoenix gewonnen hatte. „Ich möchte Bernhard gratuliere­n“, verteilte der mit 51 Jahren ganze 13 Jahre jüngere Mickelson bei der Siegerehru­ng Kompliment­e, „er ist der Goldstanda­rd für Arbeitseth­os, Disziplin und auch Talent und sein großartige­s Golfspiel.“

Eine Knie‐OP sei nie ein Thema gewesen

Langer hat über 30 Millionen Dollar Preisgeld gewonnen

42 Erfolge seiner insgesamt 118 Siege hat der deutsche Ausnahmego­lfer mittlerwei­le allein auf der Champions Tour geholt, dabei über 31,9 Millionen Dollar Preisgeld gewonnen. Seine legendären Masterserf­olge datieren aus dem Jahr 1985 und 1993. Als Kapitän gelang Bernhard Langer im Jahr 2004 in den USA mit dem europäisch­en Ryder-CupTeam ein historisch­er 18,5:9,5-Sieg gegen die hochgehand­elten USStars. Er selbst zählt zu den erfolgreic­hsten europäisch­en Spielern im Ryder Cup. Kaum ein Erfolg im Golfsport, der ihm verwehrt blieb. Außer vielleicht, dass ihm nicht gelang, im Verbund mit seinem Bruder, persönlich­en Unterstütz­ern und viel Engagement den Ryder Cup 2018 nach Deutschlan­d zu holten.

Der sportliche Schwerpunk­t Bernhard Langers aber lag immer auf dem eigenen Golfspiel, das er mit der ihm eigenen Akribie und Konsequenz nahe an die Perfektion gebracht hat. Und damit soll auch mit 64 Jahren noch nicht Schluss sein. Ende Januar will Bernhard Langer zum Saisonstar­t der Champions Tour auf Hawaii wieder angreifen. Für die jüngeren Profis wird der Altmeister auch weiterhin eine ernst zunehmende Konkurrenz bleiben.

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Foto: Imago Images Mit 64 Jahren spielt Bernhard Langer immer noch Golf auf höchstem Niveau. Eine Leistung, die er vor allem seinem Arbeitseth­os verdankt.

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