Post für 200.000 Sparkassenkunden
Banken Die Kreissparkasse Augsburg und die Sparkassen Memmingen-Lindau-Mindelheim fusionieren. Jetzt müssen alle Kundinnen und Kunden angeschrieben werden. Es geht auch um höhere Gebühren
Augsburg Es ist ein großer Schritt für die Bankenlandschaft in der Region. Zum 1. Januar 2022 schließen sich die Kreissparkasse Augsburg und die Sparkasse MemmingenLindau-Mindelheim zusammen. Entstehen wird damit die größte Sparkasse in Bayerisch-Schwaben. Das Ereignis schlägt schon jetzt sichtbare Wellen: Die 200.000 Kundinnen und Kunden bekommen noch diese Woche Post. Es geht dabei um die neuen Geschäftsbedingungen, aber auch um die Kontoführungsgebühren.
Rechtlich findet der Zusammenschluss schon zum 1. Januar statt. Bis aber auch Girokonten und alle anderen Produkte der beiden Sparkassen einheitlich geführt werden, dauert es noch etwas: Die Zusammenlegung der IT-Systeme kommt erst am 23. und 24. April. „Seit der Zustimmung aller Träger arbeiten aktuell mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Häuser fieberhaft an der erfolgreichen Umsetzung der Fusion“, sagt Thomas Munding, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Memmingen-LindauMindelheim in einem Gespräch mit unserer Redaktion zusammen mit seinem Kollegen Horst Schönfeld, Chef der Kreissparkasse Augsburg. Munding soll das neue Institut leiten, das den Namen Sparkasse Schwaben-Bodensee bekommt.
Jetzt müssen Produkte und Preise harmonisiert werden, berichten beide Sparkassen. Hier wird das Thema für die Kundinnen und Kunden interessant. „Selbstverständlich haben alle Verträge wie Baufinanzierungen oder Geldanlagen unverändert Bestand“, erklärt Munding. Zinssätze oder Preise zum Beispiel für das Girokonto variieren aber noch zwischen den Instituten und sollen vereinheitlicht werden. Zugleich müsse das Verhältnis mit den Kundinnen und Kunden auf eine einheitliche rechtliche Grundlage gestellt werden: Ab dem 23. April sollen einheitliche Allgemeine Geschäftsbedingungen, kurz AGB, und Produktbedingungen gelten.
Früher hätten die Banken ihre Kundschaft über die Änderungen bei Preisen und Geschäftsbedingungen informiert, erklärt Munding. „Wenn der Kunde dann binnen zwei Monaten nicht widersprochen hat, galt die Änderung als vereinbart“, sagt er. Diese stillschweigende Zustimmung sei so nicht mehr möglich: Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil gegen die Postbank im April im Sinne des Verbraucherschutzes entschieden, dass wesentliche Vertragsänderungen einer ausdrücklichen Zustimmung der Kundinnen und Kunden bedürfen.
Die beiden Sparkassen werden deshalb diese Woche beginnen, alle rund 200.000 privaten und gewerblichen Kunden anzuschreiben und über die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Preise des neuen Instituts aufzuklären. „Alle Kunden müssen dann im Rahmen dieses Prozesses aktiv zustimmen“, betont Munding – so wolle es das Urteil. Für die Zustimmung gibt es vier Möglichkeiten: Zugestimmt werden kann auf der Webseite der jeweiligen Sparkasse, auf dem Smartphone in der Sparkassen-App, schriftlich per Rückantwortschreiben oder ab Februar auch an den Geldautomaten.
Der Aufwand der Zustimmungskampagne ist enorm: Alle Kundinnen und Kunden erhalten einen Brief mit der Bitte der Sparkasse um Zustimmung. Wer kein OnlineKunde ist – rund die Hälfte der Kundschaft –, erhält neben dem Brief die AGB und das Preisverzeichnis zusätzlich ausgedruckt auf Papier. Die beiden Anlagen umfassen insgesamt rund 40 Seiten.
„Es kostet uns rund 400.000 Euro, alleine die 200.000 Briefe zu versenden“, berichtet Munding. Als Problem kommt hinzu, dass Papier derzeit knapp und teuer ist. „Wir haben deshalb bereits vorzeitig Papier bestellt und reserviert“, sagt Munding. Zusammen mit seinem Kollegen Horst Schönfeld ist er sich einig: „In Deutschland wird viel über die große Bürokratie gesprochen und wie man sie vermeiden kann – die Folgen des BGH-Urteils sind das Gegenteil davon. Man wird in Zukunft einfachere Lösungen als die jetzige finden müssen.“
Tatsache ist aber auch, dass mit der Fusion höhere Preise auf die Kundinnen und Kunden beider Häuser zukommen können: Der Preis für das am häufigsten nachgefragte Girokonto steigt. Bei der Sparkasse Memmingen-LindauMindelheim kostet das bisherige Girokonto „Top“statt 7,95 Euro dann 8,95 Euro im Monat. Bei der Kreissparkasse Augsburg werden für das Girokonto „Premium“statt bisher acht Euro dann ebenfalls 8,95 Euro fällig. Das neue Angebot bekommt den Namen „Giro Top“.
Beide Sparkassen sagen zur Begründung, dass sie die GirokontoPreise seit längerem nicht angehoben hätten – die Memminger Sparkasse seit 2019 nicht, die Kreissparkasse seit 2017 nicht. Angesichts des großen Aufwands, die Zustimmung der Kundinnen und Kunden einzuholen, habe man sich entschieden, „den aktuellen Prozess auch für eine moderate Preisanpassung“zu nutzen. In der Branche erhöhen derzeit viele Institute angesichts der Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank die Gebühren.
„Auch ohne Fusion hätten beide Häuser in diesem Bereich Preisanpassungen vornehmen müssen“, sagt Kreissparkassen-Chef Schönfeld. Zudem erklärt er, dass die künftig geltenden Preise dann bis
Höhere Kosten für ein Girokonto
30. April 2024 garantiert seien. „Somit haben unsere Kunden eine mehrjährige Planungssicherheit.“Es gibt auch Kosten, die sinken, beispielsweise bei Dispo-Zinsen. Kunden der Kreissparkasse Augsburg zahlten bisher einen Dispo-Zins von 10,5 Prozent, nach der Änderung liegt er bei 9,69 Prozent.
Was aber, wenn Kundinnen und Kunden ihr „Ja“nicht geben? Munding zufolge wird es ohne Zustimmung nicht gehen: „Mit der Fusion ist es notwendig, das Geschäftsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage zu stellen“, sagt er. Um Aufwand und Kosten in Grenzen zu halten, bitten die Banken um schnelle Zustimmung. Erfolgt auf das Schreiben der Sparkassen keine Reaktion, schicken die Häuser zunächst eine Erinnerung, später werde sich eine Kundenbetreuerin oder ein -betreuer persönlich melden. „Je näher das Datum 23. April ohne Zustimmung rückt, kann es auch zu Nutzungseinschränkungen kommen, weil dann die Geschäftsgrundlage entfällt“, sagt Munding. Er geht aber davon aus, dass die Kundschaft zustimmt: „Unsere Kunden bekommen schon bisher monatlich eine transparente Preisabrechnung und akzeptieren diese.“