AfD‐Mitglieder reden vom Umsturz
Politik Ein Telegram-Chat der AfD Bayern offenbart radikale Positionen, auch von Landtags-Abgeordneten. Welche Inhalte im Internet ausgetauscht wurden, was die Grünen fordern und wie der Innenminister reagiert.
München Die bayerische AfD gerät wegen eines internen Chats mit teilweise zweifelhaften bis radikalen Inhalten unter Druck. Der Bayerische Rundfunk zitierte am Mittwoch aus Inhalten einer geschlossenen Telegram-Gruppe mit dem Namen „Alternative Nachrichtengruppe Bayern“, die BR-Reportern zugespielt worden seien. Mit in der Gruppe sind demnach auch große Teile der Landtagsfraktion, der bayerischen AfD-Bundestagsgruppe und des Landesvorstands.
„Ohne Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr“, schrieb laut dem Bericht etwa ein AfD-Kreisvorsitzender. Ein weiterer AfD-Mann, der inzwischen Mitglied im AfDLandesvorstand ist, schrieb: „Bekämpft bitte (oder auch gefälligst) mit dem vielen Geld, das ihr vier lange, weitere Jahre egal in welcher Partei bekommt, das Deutschland meuchelnde System. Das erwarten unsere Wähler. Der Widerstand der Straße würde es euch danken.“
Der AfD-Landesverband reagierte am Mittwoch zunächst nicht auf Nachfragen. Doch die Existenz der Telegram-Gruppe wurde der Deutschen Presse-Agentur in AfDKreisen bestätigt. Es handle sich aber um keine offizielle Gruppe etwa des Landesvorstands oder der Landtagsfraktion, wurde betont. Aktuell gebe es mehr als 250 Mitglieder, teilweise auch von außerhalb der Partei. Fast alle der Beiträge in der Gruppe seien vernünftigen Inhalts, hieß es weiter. Kaum jemand schaffe es allerdings, alles zu lesen.
Die Grünen nannten eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz nunmehr unabdingbar. Die Äußerungen zeigten, „wie weit die Verachtung der parlamentarischen Demokratie auch bei führenden Funktionären der Partei bereits fortgeschritten ist“, sagte der Augsburger Landtagsabgeordnete Cemal Bozoglu. In der Telegram-Gruppe würden Umsturz, Revolution und Bürgerkrieg offen propagiert und das gesamte demokratische System verächtlich gemacht.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht nun die Frage nach Beobachtung einzelner Abgeordneter und der Partei als Ganzes neu gestellt. „Die Chats aus dem Führungskreis der AfD, die hier veröffentlichet worden sind, sind natürlich schon erschreckend“, sagte Herrmann. „Sie machen deutlich, dass offensichtlich gerade in den Führungsgremien der AfD auch Leute unterwegs sind, auch Parlamentarier, die offensichtlich Gewalt überhaupt nicht ausschließen, die ernsthaft über Bürgerkrieg und ähnliches nachdenken.“Der Verfassungsschutz werde den Chat, wenn er die Unterlagen bekomme, sorgfältig auswerten. Nachdem offensichtlich eine Reihe von Abgeordneten unmittelbar beteiligt gewesen sei, was sorgfältig geprüft werden müsse, stelle sich die Frage, inwieweit die betreffenden Abgeordneten beobachtet werden müssten – auch wenn dafür normalerweise besonderer Anforderungen zu erfüllen seien. Zudem stelle sich die Frage, „inwieweit daraus dann auch sich zusätzliche Argumente für eine Beobachtung der AfD insgesamt ableiten“. Teile der Partei seien ja schon unter Beobachtung. „Wenn sich dieser Chat-Verlauf so bestätigen sollte, ist das natürlich ein weiteres Argument, dass eben da schon Wölfe im Schafspelz unterwegs sind, die nach außen immer alle Vorwürfe von sich weisen, aber offensichtlich intern doch über brutalste Gewaltanwendung und Machtergreifung sprechen.“
Derweil ist die Partei noch aus einem anderen Grund in den Schlagzeilen: Mit dem niederbayerischen Abgeordneten Josef Seidl verliert die AfD-Fraktion im bayerischen Landtag bereits den vierten Parlamentarier in dieser Legislaturperiode. Seidl habe schriftlich seinen Austritt aus der Partei – und damit verbunden auch aus der Fraktion – erklärt, hieß es am Mittwoch aus AfD-Kreisen. (dpa)