Einsames Weihnachtsfest für Ungeimpfte
Pandemie So wollen Bund und Länder die vierte Corona-Welle brechen: Keine Böller an Silvester, Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und 2G-Regel – Bayern geht sogar noch ein Stück weiter.
Berlin 2G-Regel im Handel, Maskenpflicht in Schulen und eine verstärkte Impfkampagne: Um die Wucht der vierten Welle der Corona-Pandemie zu brechen, haben sich Bund und Länder am Donnerstag auf deutlich schärfere Bestimmungen geeinigt. Gerade Ungeimpften stehen damit in den kommenden Wochen zahlreiche Einschränkungen bevor. Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte nach der Schaltkonferenz mit den Ministerpräsidenten: „Es geht um eine große nationale Anstrengung, und es geht um Solidarität.“Nun werde entschieden und einvernehmlich gehandelt. In ihrer voraussichtlich letzten Ministerpräsidentenkonferenz sagte Angela Merkel (CDU), die scheidende Kanzlerin: „Dass wir jetzt in einer so starken vierten Welle sind, das stimmt mich nicht froh.“
Um die unkontrollierte Ausbreitung des Virus zu bremsen, soll laut dem Beschlusspapier von Bund und Ländern im Einzelhandel deutschlandweit die 2G-Regel gelten. Viele andere Regeln sind in Bayern bereits jetzt Standard: Auch für Kinos, Theater und Restaurants ist 2G vorgesehen, dort kann zusätzlich 2G-plus vorgeschrieben werden, das heißt, Genesene und Geimpfte müssen zusätzlich noch einen Testnachweis präsentieren. Ausnahmen soll es für Personen geben, die nicht geimpft werden können oder für die keine allgemeine Impfempfehlung vorliegt. Ebenso sind Ausnahmen für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren möglich. Spätestens ab einem Inzidenzwert von 350 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen werden Clubs und Diskotheken ganz geschlossen.
Bund und Länder bitten zudem den Bundestag, das Infektionsschutzgesetz so zu erweitern, dass Länder und Regionen mit hohem Infektionsgeschehen weitere Maßnahmen verfügen können. Dazu gehört, dass zeitlich befristet Gaststätten geschlossen, der Verkauf von Alkohol verboten und Übernachtungen in Hotels eingeschränkt werden können. Die Übergangsfrist für Schutzmaßnahmen im Infektionsschutzgesetz, die bis zum 25. November in Kraft getreten sind, sollen zudem über den 15. Dezember hinaus verlängert werden.
Für Großveranstaltungen gelten ebenfalls massive Einschränkungen. 30 bis höchstens 50 Prozent der Besucherkapazitäten dürfen ausgeschöpft werden, dabei gilt eine Obergrenze von 5000 Zuschauerinnen und Zuschauern in Innenräumen. Auf ein generelles Verbot von Fußballspielen vor Stadionpublikum konnte sich die Runde nicht einigen. Der Süden Deutschlands geht deshalb seinen eigenen Weg. Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen hätten sich dafür ausgesprochen, vorerst bundesweit keine Zuschauer in die Stadien zu lassen. „Wir halten Geisterspiele für sinnvoll und werden das im bayerischen Kabinett umsetzen“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Ansonsten ändere sich für die Bürgerinnen und Bürger im Freistaat nicht viel, sagte Söder und zeigte sich erfreut, dass die bayerischen Regeln bereits zu einem leichten Rückgang der Infektionszahlen geführt hätten: „Das, was wir tun, wirkt. Das kann ich ganz deutlich sagen.“Dies sei aber kein Anlass für Entwarnung.
Einvernehmlich beschlossen wurden bei der Corona-Runde dagegen bundesweite Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, in einigen Bundesländern gibt es dazu bereits Regeln. Künftig sollen Ungeimpfte sich nur noch mit Mitgliedern des eigenen Haushalts sowie zwei Personen eines weiteren Haushalts treffen dürfen. Davon ausgenommen sind Kinder bis 14 Jahre. Ehegatten, Lebenspartner und Partnerinnen oder Partner nicht ehelicher Lebensgemeinschaften gelten auch ohne gemeinsamen Wohnsitz als ein Haushalt. In Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 350 gelten für private Feiern und Zusammenkünfte Obergrenzen für Personen, die geimpft oder genesen sein müssen: 50 in Innenräumen sowie 200 Personen im Außenbereich.
Um bei der Immunisierung Tempo zu machen, sollen künftig auch Apotheker, Zahnärztinnen und Pfleger impfen dürfen. Bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Drittimpfungen sind bis Weihnachten vorgesehen. Koordinieren soll das ein Bund-Länder-Krisenstab unter der Leitung von General Carsten Breuer. Noch im Dezember will der Bund eine Impfpflicht für Beschäftigte in bestimmten Einrichtungen, etwa Pflegeheimen und Kliniken, auf den Weg bringen.
Eine Impfpflicht für alle wird für den kommenden Februar geplant. Der Ethikrat soll dazu bis Jahresende eine Empfehlung erarbeiten. Scholz sagte: „Aus meiner Sicht sollte es auch zu einer solchen Entscheidung des Bundestags kommen.“Söder sorgte mit einem hitzigen Vorstoß für Debatten, nachdem er sich für eine Impfpflicht ab bereits zwölf Jahren aussprach. „Das muss man diskutieren“, sagte er im Bayerischen Rundfunk. „Generell wäre es natürlich gut, wenn die Impfpflicht zumindest bei denen, bei denen der Impfstoff schon erprobt ist – ab zwölf – auch stattfinden würde.“Das würde schnell gehen und die Schulen „absolut sicher machen“.
Ganz im Zeichen des Kampfes gegen die Pandemie wird auch der Jahreswechsel in Deutschland stehen. Wie im vergangenen Jahr wird der Verkauf von Silvesterfeuerwerk bundesweit untersagt werden. Damit soll eine Überlastung der Krankenhäuser durch Verletzungen, die beim Böllern entstehen, verhindert werden.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) lobte die Kanzlerin nach ihrer wohl letzten Konferenz: Bei ihr habe der Schutz der Bürger immer an erster Stelle gestanden – und sie habe immer den Schulterschluss mit den Ländern gesucht. Ein Wink mit dem Zaunpfahl an Scholz? Der hatte aber schon vorher versprochen: „Ich bin froh, dass in dieser schwierigen Lage der Schulterschluss funktioniert, dass die Parteipolitik in den Hintergrund tritt und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund des gemeinsamen politischen Bestrebens – so soll es die nächste Zeit auch weiter sein.“